Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Tod in Moskau Putins unstillbare Rachelust

Der russische Verkehrsminister wird entlassen und ist bald danach unter ungeklärten Umständen tot. Kein Wunder, dass die sozialen Medien wild spekulieren. Zumal Roman Starowoit genügend Vorgänger hat, denen es ähnlich erging.
Ein Jahr lang war Roman Starowoit russischer Verkehrsminister. Dann entließ ihn Wladimir Putin, ohne einen Grund zu nennen, aber dieses Versäumnis hat natürlich Methode. Wer absolut regiert, will sich nicht dafür rechtfertigen, dass ihm ein Gesicht in seiner Regierung nicht mehr gefällt oder jemand durch Inkompetenz seine Gunst verwirkt hat. Methode hat auch, dass entlassene Führungskräfte bald nach der Entlassung aus dem Job auch ihr Leben lassen müssen.
In diesem Fall fand man den Ex-Verkehrsminister nur wenige Stunden später exitus in seinem Auto. Die Sprecherin der Ermittlungsbehörde äußerte dazu einen bemerkenswerten Satz: "Die Hauptversion ist Selbstmord."
Hauptversion? Gibt es noch andere Versionen?
Selbst in Russland rotierten die sozialen Medien mit wilden Vermutungen. Auf den Telegram-Kanälen reihte sich Spekulation an Spekulation – dass Starowoit zum Selbstmord gezwungen wurde; dass er in Wahrheit erschossen wurde; dass er schon vor seiner Entlassung durch Mord oder Suizid starb.

Zur Person
Gerhard Spörl interessiert sich seit jeher für weltpolitische Ereignisse und Veränderungen, die natürlich auch Deutschlands Rolle im internationalen Gefüge berühren. Er arbeitete in leitenden Positionen in der "Zeit" und im "Spiegel", war zwischendurch Korrespondent in den USA und schreibt heute Bücher, am liebsten über historische Themen.
Es gedeihen Verschwörungserzählungen
Wie immer, wenn die Wahrheit nicht auszumachen ist, blühen Verschwörungstheorien. In unseren Breiten sind wir an ständig neue Theorien über die Ermordung John F. Kennedys gewöhnt. Dass sich aber auch im Unterdrückungs-Reich des Wladimir Putin der Hauptversion Nebenversionen anschließen, ist erstaunlich.
Starowoit war zuvor Gouverneur von Kursk. Kursk ist jene Region, in die die ukrainische Armee vorgedrungen ist. Eine Nebenversion lautet: Er sei deswegen in Ungnade gefallen. Sie ist aber wenig schlüssig, denn dann wäre er ja wohl nicht Verkehrsminister geworden.
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Eine andere Nebenversion behauptet, das Chaos auf den russischen Flughäfen hätte ihn den Job gekostet. Das ist schon eher möglich, da die ukrainischen Drohnen auf russischem Gebiet den Flugverkehr mal stark, mal weniger stark beeinträchtigen. Dafür ist der Verkehrsminister zweifelsfrei zuständig.
Sie bezahlten den tiefen Fall mit dem Leben
Wie auch immer: Stärker ins Gewicht fällt, dass mit einer gewissen Regelmäßigkeit politische oder wirtschaftliche Figuren in Ungnade fallen und den tiefen Fall mit dem Leben bezahlen.
Michail Lesin war zum Beispiel Medienminister gewesen. Sicherlich kein herausgehobener Posten, aber immerhin bewegte er sich im weiteren Umkreis des großen Wladimir. Im Jahr 2015 fand man Lesin tot in seinem Hotelzimmer in Washington D.C. auf.
Oder Sergej Protosenya, der Manager beim Staatskonzern Gazprom gewesen war. Gemeinsam mit seiner Frau starb er in einer Villa in Spanien unter ungeklärten Umständen.
Oder Wladislaw Surkow, seines Zeichens Berater von Wladimir Putin, im Jahr 2020 entlassen. Seitdem trat er nicht mehr in Erscheinung, ist vielleicht irgendwo untergetaucht, damit es ihm nicht so ergeht wie anderen aus dem Orbit des Kreml-Herrschers.
Nicht vergessen sollte man Alexej Nawalny, den Putin in den Gulag stecken ließ, bis er tot war. Die Reihe ließe sich ergänzen. Aber was lernen wir daraus?
Eigentlich nichts Neues. Dennoch sollte man sich niemals daran gewöhnen, dass die Rachlust echter Diktatoren nicht versiegt und dass sie Freunde, die zu Feinden wurden, bis in den Tod verfolgen.
Hinweis: Falls Sie viel über den eigenen Tod nachdenken oder sich um einen Mitmenschen sorgen, finden Sie hier sofort und anonym Hilfe.
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