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"Fridays for Future": Antisemitismus in der Klimabewegung?


Wirbel um "Fridays for Future"
Experte zerlegt Anti-Israel-Post der Aktivisten

Von Lucas Maier

26.10.2023Lesedauer: 4 Min.
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Greta Thunberg: Die Aktivistin tätigte umstrittene Aussagen.Vergrößern des Bildes
Greta Thunberg: Die Aktivistin machte umstrittene Aussagen. (Quelle: Christopher Neundorf/imago images)

Der Krieg im Nahen Osten ist Thema auf der ganzen Welt. Ein Statement von "Fridays for Future" sorgt derzeit für Diskussionen. t-online hat näher hingeschaut.

Vor inzwischen mehr als fünf Jahren stellte sich die Klimaaktivistin Greta Thunberg mit einem Schild vor den schwedischen Reichstag. Darauf war zu lesen: "Schulstreik für das Klima". Es sollte die Geburtsstunde einer der stärksten globalen Klimabewegungen der Geschichte werden – bekannt als "Fridays for Future".

Zuletzt aber machte die Bewegung nicht mit Protest für mehr Klimaschutz von sich reden, sondern mit einem Beitrag zum Nahostkonflikt im sozialen Netzwerk Instagram, den Kritiker als klar antisemitisch betrachten. Um was geht es dabei? Wer steckt hinter "Fridays for Future International"? Und ist der Post tatsächlich judenfeindlich? t-online beantwortet die drängendsten Fragen.

Um welchen Post geht es in der Diskussion überhaupt?

Am späten Mittwochabend postete der Instagramaccount "Fridays for Future international" eine Textstrecke mit dem Verweis "Bitte sorgfältig lesen #freepalestine". Der Text ist in englischer Sprache verfasst und beginnt mit den Worten "So betreiben westliche Medien Gehirnwäsche, damit sie an der Seite Israels stehen". Auf der zweiten Seite des Posts wird der Nahostkonflikt als gezielter Genozid an der palästinensischen Bevölkerung bezeichnet.

Anschließend werden drei Schritte beschrieben, wie die "westlichen Medien" ihren Lesern und Zuschauern eine angebliche "Gehirnwäsche" erteilen. Schritt eins: Westliche Medien würden angeblich die Geschichte über Israels Staatsgründung bewusst ausklammern. Gerade die Situation der Palästinenser soll laut dem Post angeblich verschwiegen werden – eine Behauptung, die erwiesenermaßen unwahr ist: Hier lesen Sie mehr über die Geschichte der israelischen Staatsgründung.

"Westliche Medien" sollen von "Regierungen" gekauft sein

Im zweiten beschriebenen Schritt wirft "Fridays for Future" den "westlichen Medien" vor, den Nahostkonflikt als "kompliziert" zu bezeichnen. Damit soll nach Ansicht der Verfasser versucht werden, Menschen davon abzuhalten, sich über den Nahostkonflikt zu informieren – was ebenso wenig belegt wird wie der erste Schritt. Mehr über den Nahostkonflikt und die Forderungen der Palästinenser lesen Sie hier.

Der dritte beschriebene Schritt, der den "westlichen Medien" unterstellt wird, ist das sogenannte Framing der palästinensischen Bevölkerung. Gemeint ist damit: Die Medien würden alle Palästinenser unter Generalverdacht stellen, Terroristen zu sein. Auch diese Behauptung wird in keiner Weise mit Beweisen unterlegt. Im letzten Teil des Posts schreiben die Verfasser: "Die westlichen Medien werden von imperialistischen Regierungen bezahlt, die an der Seite Israels stehen" – ein Narrativ, das klar die Theorie von der jüdischen Weltverschwörung meint.

Die Behauptung der Klimaaktivisten: Die erwähnten Staaten würden nicht aus humanitären Gründen an der Seite des jüdischen Staates stehen, sondern nur aufgrund ihrer "politischen Interessen und der rassistischen Agenda". t-online hat die Verfasser des Texts um eine Stellungnahme gebeten, bisher blieb die Anfrage unbeantwortet. Einen Artikel über verschiedene Gruppierungen im Nahen Osten und wie die Menschen in Gaza zur Hamas stehen, lesen Sie hier.

Ist der Post antisemitisch?

Ja, bei genauerer Betrachtung wird die Intention des Posts deutlich. Trotzdem hat t-online den Antisemitismusexperten Uffa Jensen nochmals um eine Bewertung des Posts gebeten. Jensen ist stellvertretender Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin. Er sagt: "Dort wird eine extreme Sichtweise auf Israel mit einer antiimperialistischen Verschwörungstheorie über die Macht der Medien verbunden."

Der Post bedient sich ganz offensichtlich klassischer Elemente antisemitischer Verschwörungsideologie. Jensen sagt: "Hier wird dem Einzelnen suggeriert, seine Meinung werde fremdbestimmt und durch dunkle Medienmächte gelenkt."

Auch im Gesamtbild zeigt der Post offen antisemitische Tendenzen. "Die gesamte Intention der Posts läuft auf eine Dämonisierung Israels und auf Verschwörungstheorien hinaus. Die Verfasser müssen sich deshalb in der Tat fragen lassen, wie sie es mit dem Antisemitismus halten", so der Experte in seiner abschließenden Einschätzung.

Wer hat den Post verfasst – und spricht er für ganz "Fridays for Future"?

Der jüngste Post des Accounts, der Anspruch erhebt, für die gesamte "Fridays for Future"-Bewegung zu sprechen, ist nicht der erste, der in der Kritik steht. Bereits im Januar 2023 wurde ein Post veröffentlicht, der Israel "Neokolonialismus und Apartheid" vorwirft.

Dieser endete mit den Worten "Yallah Intifada!" "Yallah" ist arabisch und bedeutet so viel wie "vorwärts". "Fridays for Future Deutschland" distanzierte sich bereits damals deutlich von dem Geschriebenen. Die Ortsgruppe Berlin schrieb damals auf X, vormals Twitter: "'Yallah Intifada' ist purer eliminatorischer Antisemitismus."

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Auch von dem neuen Post distanziert sich "Fridays for Future Deutschland". So hieß es am Donnerstag auf X: "Nein, der internationale Account spricht – wie zuvor betont – nicht für uns. Nein, der Post ist nicht mit uns abgestimmt. Nein, wir stimmen nicht mit den Inhalten überein."

Weiter verweist der Account auf eine Recherche der "Jüdischen Allgemeinen", die bereits im August die Legitimierung des internationalen "Fridays for Future"-Accounts in den sozialen Netzwerken anzweifelte. Dort könne man nachlesen, wie solche Posts zustande kämen.

Die Recherche zeigt, dass der X-Account der Gruppe von weniger als 12 Aktivisten verwaltet wird, denen jegliche demokratische Legitimierung innerhalb der Bewegung fehlen soll. Die Inhalte des Profils sollen zuvor in einer kleinen Telegramgruppe besprochen werden.

Dort soll es nicht demokratisch zugehen, wie die "Jüdische Allgemeine" schreibt. "Ich habe nicht den Eindruck, dort gehört zu werden", zitiert die Zeitung ein jüdisches Mitglied der Telegramgruppe. Auf Anfrage von t-online, wie der Account "Fridays for Future international" in der Bewegung legitimiert sei, erging bisher noch keine Antwort.

Verwendete Quellen
  • juedische-allgemeine.de: "Inside Fridays for Future International: So kapern Israelhasser die Klimabewegung"
  • instagram.com: Beitrag von fridaysforfuture
  • instagram.com: fridaysforfuture.de
  • Anfrage bei Uffa Jensen
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