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Im Herzen von "Trump-Land": Hier wird Donald Trump als Held verehrt


Im Herzen von "Trump-Land"
Hier wird Donald Trump als Held verehrt

ap, Claire Galofaro

Aktualisiert am 27.12.2017Lesedauer: 4 Min.
Terry Stinson und Deborah Harmon im "Frosty Freeze" in Sandy Hook.Vergrößern des BildesTerry Stinson und Deborah Harmon im "Frosty Freeze" in Sandy Hook. (Quelle: David Goldman/ap-bilder)
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Die Umfragewerte sind im Keller, die Bilanz mager: Elf Monate nach Donald Trumps Amtsantritt scheint der Held vieler Amerikaner entzaubert zu sein. Im Herzen von "Trump-Land" sieht man das ganz anders.

Die ersten Stammgäste kommen schon vor Morgengrauen, setzen sich an ihre gewohnten Tische. Steven Whitt macht Kaffee, 50 Cents kostet eine Tasse, 25 Cents jedes Nachschenken. Die Kanne steht auf dem Tresen, jeder kann sich selber bedienen. Dass beim Bezahlen nicht geschummelt wird, ist Ehrensache. So war es schon immer hier im "Frosty Freeze", einem einfachen Restaurant in Sandy Hook am Fuße der Appalachen im US-Staat Kentucky.

Whitt weiß, dass es die Leute hier nicht anders mögen. Wie es im "Frosty Freeze" zugeht, erinnert die Menschen an die Zeiten, als die Kohle noch König war und die Werte im ganzen Land die selben zu sein schienen wie die in ihrem kleinen isolierten Landkreis. Jeder kommt seit Jahr und Tag in das Restaurant, aus nostalgischen Gründen und weil es hier eine Küche wie bei Mutter daheim gibt.

Neuerdings sieht Whitt aber auch fremde Gesichter: Journalisten aus aller Welt. Denn dieser Landkreis, Elliott County, ist so etwas wie das Herz von "Trump-Land". In den fast 150 Jahren seiner Existenz hat er bei Präsidentschaftswahlen immer für die Demokraten gestimmt - bis der Ex-Immobilienmogul kam und versprach, die Uhren wieder zurückzudrehen.

Donald Trump wird als Retter verehrt

"Donald Trump war die Hoffnung, auf die wir alle gewartet haben, der Held, der auf dem Schimmel herangeritten kommt. Das hat jedem hier neue Energie gegeben", sagt Whitt. "Und ich kann es immer noch spüren." Tatsächlich: Mögen Trumps Umfragewerte US-weit auch absolut im Keller sein, ist er hier, in dieser Region, die so stark unter dem Zusammenbruch der Kohleindustrie gelitten hat, weiter populär. Nichts kann den Glauben, dass er der Retter ist, erschüttern.

Was immer in den Medien über Trump zu hören oder lesen ist, wird kaum zur Kenntnis genommen. Und wenn doch mal, dann ist es nie Trump, der an irgendetwas Schuld hat. Was hier in Elliott County zählt, sind Gott, das Recht auf Waffenbesitz, Patriotismus, dass man jetzt wieder "frohe Weihnachten" wünschen konnte anstatt - politisch korrekt - "frohe Feiertage".

Und dass es im Weißen Haus nun jemanden gibt, der ihren Unmut über den Wandel der vergangenen Jahre im Land teilt, über Schwulenhochzeiten etwa, die Flut von Immigranten und die Abwanderung von Fabriken ins Ausland. Dass jetzt einer da ist, der das politische System umkrempeln will, das sie, die Bewohner von Elliott County, immer wieder vernachlässigt hat - zugunsten großer Städte, die ihnen vorkommen wie eine andere Welt.

Und in all diesen Punkten, so glauben sie, hat Trump seine Versprechen gehalten, auch wenn die von ihm verheißene Renaissance der Arbeiterschicht bisher nicht eingetreten ist. "Er hat bereits genug getan, um wieder meine Stimme zu kriegen, kein Zweifel, keine Frage", sagt Rentner Wes Lewis, ein ehemaliger Rohrleger und einer von Whitts Stammkunden.

Menschen sind harte Arbeit gewöhnt

Lewis glaubt, dass die Bergwerke und die Fabriken bald wieder zum Leben erweckt werden, und wenn nicht, dann weiß er schon, wer Schuld hat: die Demokraten, das republikanische Establishment und die Medien, die alles versuchen, um Trump Knüppel zwischen die Beine zu werfen. So sei es auch mit dem Bau der Grenzmauer zu Mexiko und mit den Russland-Ermittlungen gegen Trumps Team, sagt er. Was Lewis jetzt hat und vorher nicht, ist die feste Überzeugung, dass dieser Präsident für Leute wie ihn eintritt. Und sich von keinem an die Wand spielen lässt.

Der 35-jährige Whitt betreibt das Restaurant zusammen mit seiner Frau Chesla. Sie löst ihn an diesem Morgen ab, damit er seinem zweiten Job nachgehen kann. Whitt besitzt auch das örtliche Bestattungsinstitut und ist der Leichenbeschauer des Landkreises. Viele hier haben mehr als einen Job, sonst reicht es hinten und vorne nicht zum Leben. In Sandy Hook mit seinen 622 Einwohnern und auch in der Umgebung gibt es kaum Arbeitsplätze, die mehr als den Mindestlohn von 7,25 Dollar in der Stunde bieten.

Ein Drittel der Menschen hier lebt in Armut, nur neun Prozent der Erwachsenen haben einen Collegeabschluss - aber vieles wettgemacht, indem sie immer schwer schufteten, in Bergwerken und Fabriken. Jetzt sind auch diese harten Jobs immer schwerer zu finden, und viele in der Region führen das auf globale Handelsverträge und den "Krieg gegen die Kohle" zurück, Umweltregulierungen, die unter Trumps Vorgänger Barack Obama eingeführt wurden. Wenn Trump den Verlust an Fabriken und Vertrauen als "Gemetzel" beklagt, haben die Menschen hier im Vorland der Appalachen das Gefühl, dass er direkt zu ihnen spricht.

Glaubwürdiger wegen Reichtum?

Seit Trumps Amtsantritt sind in der US-Bergbauindustrie 1200 neue Arbeitsplätze entstanden. Nicht gerade viel und nach Einschätzung von Experten eine ganz normale Marktentwicklung. Und hat Elliott County irgendwie davon profitiert? "Ich glaube bisher nicht", sagt Whitt. Aber die Arbeitslosigkeit hier ist leicht zurückgegangen, auf 7,6 Prozent - weiter höher als der nationale Durchschnitt, aber immerhin. "Dafür, dass er (Trump) so viel Opposition hatte, hat er schon einiges umgepflügt", wirft Stammkunde Wes Lewis ein. Er hat auch gehört, dass Freunde von Freunden zurück zur Arbeit gerufen worden sind.

Lewis, der wie fast alle im Landkreis weiterhin als Demokrat registriert ist, vertraut Trump, weil er dessen Werten vertraut. Und daher zweifelt er nicht daran, dass der Republikaner alle Versprechen einhalten wird. Denn anders als die anderen in Washington habe er es nicht mehr nötig, seine Taschen zu füllen. Denn Donald Trumps Taschen seien schon voll. Und wenn sich Lewis doch irrt? Er hat darüber nachgedacht, sagt er, als er am nächsten Morgen wieder seinen Stammplatz im "Frosty Freeze" aufsucht. "Wenn Trump uns anlügt, dann ist das nicht anders als das, was der Rest von ihnen immer getan hat."

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