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Donald Trumps Impeachment: Schöne Bescherung!


Donald Trumps Impeachment
Schöne Bescherung!

MeinungVon Fabian Reinbold

Aktualisiert am 06.12.2019Lesedauer: 5 Min.
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Donald und Melania Trump bei Christbaum-Zeremonie: Impeachment noch vor Weihnachten?Vergrößern des Bildes
Donald und Melania Trump bei Christbaum-Zeremonie: Impeachment noch vor Weihnachten? (Quelle: Tom Brenner/reuters)

Donald Trump wird im Rekordtempo in einer Amtsenthebung angeklagt. Die Demokraten ziehen sich den Mantel der Geschichte an – werden aber von der giftigen Stimmung in Washington rasch eingeholt.

Guten Tag aus Washington,

wo eine große Frage zum Impeachment Donald Trumps beantwortet ist, nämlich das Ob. Ja, er wird impeached. Die Frage nach dem Wie ist auch schon zu zwei Dritteln geklärt, die höchste Konjunktur hat auf den Fluren im Kongress jetzt das Wann.

Nancy Pelosi, die Herrscherin über das Verfahren, hat am Donnerstag kräftig aufs Gaspedal getreten. Ihre Presseleute schickten früh um 5.32 Uhr eine Mail, dass die Chefin des Repräsentantenhauses um 9 Uhr vor die Kameras treten würde. Staatstragend war ihr Statement, dass man nun formell Trump anklagen werde. Gezweifelt hatte daran seit Wochen niemand mehr in Washington. Anderthalb Stunden später schaute sie wie jede Woche bei den Reportern im Keller des Kapitols vorbei.

Wenn Pelosi auf die Bühne tippelt, ist es immer ein bisschen wie früher in der Schule zum Auftakt der Unterrichtsstunde. "Guten Morgen", sagt die alte Dame. – "Guten Morgen!", antworten wir Jüngeren artig von den Sitzreihen aus nach vorn.

"Hattet ihr ein gutes Thanksgiving?" – "Ja."

Dann stellt der Kollege von Fox News, der vor mir sitzt, die wichtigere Frage zurück: "Wie wird denn unser Weihnachten?"

Wir alle lachen. Pelosi sagt: "Werden wir mal sehen."

Der Kontext ist allen klar: Die Demokraten wollen noch knapp vor Weihnachten Donald Trump zum dritten Präsidenten in der amerikanischen Geschichte machen, der impeached wird. Und wenn nichts völlig Unvorhergesehenes passiert, wird es auch so kommen.

Schöne Bescherung! Oder?

Mit dem Impeachment ist's nicht so einfach. Es geht schon bei den Begriffen los: Impeachment ist mit Amtsenthebung nur halbrichtig wiedergegeben. Das Repräsentantenhaus kann den Präsidenten impeachen, das ist die Anklage in der Amtsenthebung. Er ist dann impeached, aber noch im Amt. Aus dem Weißen Haus werfen kann ihn nur die Verurteilung im Senat – der bekanntlich von den Republikanern dominiert wird. Deshalb wird Trump aller Voraussicht nach impeached, bleibt aber im Amt. Denn an der Nibelungentreue der Republikaner hat sich nichts geändert.

Hinzu kommt, dass die Verfassung zu den hinreichenden Gründen für eine Amtsenthebung auch nicht mehr als ein paar vage Worte mitgegeben hat: "Verrat, Bestechung oder andere schwere Verbrechen oder Vergehen." Praktisch heißt das: Alles und nichts rechtfertigt eine Amtsenthebung. Schöne Bescherung!

Interessieren Sie sich für US-Politik? Unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. , die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Genau darum ging es, als am Mittwoch der Justizausschuss die Impeachment-Untersuchung vom Geheimdienstausschuss übernahm. Was ist impeachbar?

In dem mittlerweile wohlbekannten Saal im Longworth-Gebäude bot sich mir ein eher trauriges Bild: Die Demokraten luden drei Verfassungsexperten von namhaften Unis vor, die ausnahmslos auf ihrer Linie lagen. Sie hielten Trump bei allem für schuldig: Bestechung, Behinderung der Justiz, Behinderung des Kongresses. Die Republikaner wiederum beriefen einen Verfassungsexperten, ebenfalls von einer namhaften Uni, der auf ihrer Linie lag: Er verteidigte nicht den Präsidenten, aber er attackierte den Prozess als vorschnell – man müsse noch länger nach Beweisen graben, bevor man so einen gewichtigen Schritt einleite.

Die Demokraten befragten ausschließlich ihre drei Zeugen und ignorierten den vierten. Die Republikaner hielten sich an ihren Mann. Es waren acht Stunden ohne Erkenntnisse in der Sache.

Doch sie machten klar, wohin die Reise geht.

Die Demokraten werden die Ukraine-Affäre in die Anklagepunkte Amtsmissbrauch, Gefährdung der nationalen Sicherheit und den eben in der Verfassung klar erwähnten Punkt der Bestechlichkeit ummünzen. Außerdem bringen sie als zweiten Komplex eine Behinderung des Kongresses zur Anklage, was berechtigt ist, denn Trump hat nicht ein einziges Dokument freigegeben, keinem Zeugen die Aussage erlaubt.

Jetzt streiten sie noch, ob man auch die Behinderung der Justiz in der Russland-Affäre mit abfrühstücken soll. Ohne Zweifel hat Trump dort auch alles getan, um Rechenschaft zu vermeiden, Sonderermittler Robert Mueller hat das dokumentiert, aber die Demokraten hatten den politischen Kampf im Sommer bereits verloren. Wollen sie das wirklich noch einmal aufrollen?

Trotz der kaum vorhandenen Aussichten auf eine Amtsenthebung Trumps ist der Schritt der Demokraten völlig richtig. Er hat sein Amt missbraucht, um seinem innenpolitischen Gegner Joe Biden zu schaden, und er glaubt, er könne sich alles erlauben. Bezeichnend ist, dass Trump das mittlerweile berüchtigte Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten am Tag nach der Aussage von Mueller im Kongress führte. Bezeichnend ist, dass auch sein Gehilfe Rudy Giuliani jetzt gerade schon wieder in der Ukraine unterwegs ist und von der Verknüpfung von Hilfen und der Causa Biden spricht. Es wäre fatal, wenn sich das der Kongress gefallen ließe.

Pelosi will es so auch darstellen. Dass ihre Demokraten eine überparteiliche Aufgabe übernehmen, um Gewaltenteilung und Demokratie zu verteidigen. Sie wirkt in ihren Auftritten ein bisschen wie eine Geschichtslehrerin, die immer die in den USA über alle Maßen verehrten Gründerväter wie Washington, Franklin oder Hamilton bemüht. Voller Pathos spricht sie davon, wie unangenehm aber unausweichlich ihre Aufgabe sei. Wahr ist, dass Pelosi selbst lange diesen Schritt nicht gehen wollte, weil sie weiß, wie hoch das politische Risiko ist.

Doch mit dieser nüchternen, geschichtsschwangeren Art kommt man im gegenwärtigen Klima in Washington nicht ins Ziel. Auch Pelosi wird abgefangen, denn als sie schon wieder von der Bühne schreitet, ruft ihr ein Reporter einer konservativen Sendergruppe zu: "Hassen Sie den Präsidenten?"

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Pelosi macht auf dem Absatz kehrt, weist den Mann mit ihrem ausgestreckten Zeigefinger zurecht: "Ich hasse niemanden, ich bin in einem katholischen Elternhaus aufgewachsen." Sie kommt noch einmal an ihr Pult zurück, damit es alle hören. "Ich nehme es übel, wenn Sie das Wort Hass in einem Satz über mich verwenden. Ich habe immer für den Präsidenten gebetet. (…) Legen Sie sich nicht mit mir an, wenn es um solche Worte geht." So habe ich Pelosi noch nie erlebt.

Das war schon einmal ein stimmungsvoller Auftakt in den langen Tag: Trump twitterte schon bald, er glaube nicht einmal ansatzweise, dass Pelosi für ihn bete. In Iowa wiederum brüllte Joe Biden einen Wähler an, der ihm sagte, er sei wegen der Rolle seines Sohnes in der Ukraine auch nicht besser als Trump und außerdem alt. Biden keifte ihn als "verdammten Lügner" an, nannte ihn offenbar auch noch "fett" und raunte, man könne sich ja in einem Liegestütz-Wettbewerb messen.


Es war also ein völlig normaler Tag in der US-Politik, an dem dem amerikanischen Präsidenten das letzte Wort gehörte. Er, der allein in dieser Woche die Impeachment-Beauftragten der Demokraten schon "gestört", "krank" und "verrückt" genannt hatte, sprach bei einer Christbaum-Zeremonie hinterm Weißen Haus: "Jesus Christus inspiriert uns, einander zu lieben mit Herzen voller Großzügigkeit und Anmut."

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