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Flammender Lammert-Abschied: Bundestags-Chef warnt vor "Ausbluten" der Demokratie


Letzte Warnung im Bundestag
Lammert: "Demokratien können ausbluten"

Von reuters, afp, dpa, df

05.09.2017Lesedauer: 3 Min.
Zu seinem Abschied aus dem Parlament hielt Bundestagspräsident Norbert Lammert eine flammende Rede.Vergrößern des BildesZu seinem Abschied aus dem Parlament hielt Bundestagspräsident Norbert Lammert eine flammende Rede. (Quelle: Soeren Stache/dpa-bilder)
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In einer emotionalen Abschiedsrede hat der scheidende Bundestagspräsident Norbert Lammert vor einem möglichen Scheitern der Demokratie gewarnt.

Die Deutschen wüssten aus der Geschichte, "dass auch Demokratien ausbluten können", sagte Lammert in der letzten Sitzung des Parlaments vor der Bundestagswahl 2017. "Die Demokratie steht und fällt mit dem Engagement ihrer Bürgerinnen und Bürger."

"Im Bundestag schlägt das Herz der Demokratie"

Der 68-Jährige mahnte ein größeres Selbstbewusstsein des Parlaments an. "Hier im deutschen Bundestag schlägt das Herz der Demokratie." Er kritisierte, dass das Parlament in den vergangenen Jahren seine Kontrollfunktion gegenüber der Regierung nicht ausreichend wahrgenommen habe. Von der Asylgesetzgebung in den 1990er Jahren über die Föderalismusreform bis hin zum Kompromiss über die Bund-Länder-Finanzen habe es zudem einen "allzu großzügigen Umgang mit unserer Verfassung" gegeben.

Der Bundestagspräsident forderte, dass Politiker über Parteigrenzen hinweg die Fähigkeit wahren müssten, einen Konsens zu erzielen. Demokraten müssten immer gegen Fanatiker und Fundamentalisten zusammenstehen. Die Wähler rief er drei Wochen vor der Bundestagswahl dazu auf, das "Königsrecht" einer Demokratie wahrzunehmen und wählen zu gehen. Dieses Recht sei weder Normalzustand in der deutschen Geschichte noch in der heutigen Welt. Lammert erhielt am Ende seiner letzten Rede im Parlament stehende Ovationen aller Parteien.

"Politik darf durchaus unterhaltsam sein"

Lammert war 37 Jahre lang Mitglied des Bundestags und wurde 2005 zum Präsidenten des Parlaments gewählt. Mit ihm verliert der Plenarsaal einen seiner begabtesten Redner – und einen der lustigsten: Eine Auswertung der Sitzungsprotokolle ergab vor einigen Jahren, dass Lammert die meisten Lacher der Abgeordneten auf seiner Seite hatte.

"Politik darf durchaus unterhaltsam sein", sagte der CDU-Politiker einmal vor Jahren dem "Hamburger Abendblatt". Politischen Talkshows stand Lammert aber stets skeptisch gegenüber, denn in diesen komme die Information seiner Meinung nach zu kurz.

Kritik an TV-Debatten

Die TV-Duelle im Wahlkampf nach amerikanischem Vorbild lehnte der streitbare Politiker lange ab. Zur Debatte zwischen Angela Merkel und Martin Schulz hatte er seine Meinung zuletzt jedoch geändert. Das Aufeinandertreffen sei eine "wichtige unmittelbare Konfrontation der beiden wichtigsten Bewerber um das wichtigste politische Amt dieses Landes", sagte er im Deutschlandfunk.

Bei der Wahl am 24. September tritt Lammert, der 1980 erstmals in den Bundestag einzog, nicht mehr an. CDU-Fraktionschef Volker Kauder lobte Lammert zum Abschied aus dem zweithöchsten Amt im Staate: "Wir finden alle, dass er das Amt des Bundestagspräsidenten in besonderer Weise geprägt hat", sagte Kauder weiter. "Er hat über die Fraktionsgrenzen hinweg seine Positionen und Meinungen formuliert."

"Die eigene Fraktion hatte es mühsam mit mir"

In den vergangenen Jahren war das Verhältnis zwischen Lammert und seiner Unionsfraktion nicht immer spannungsfrei, da der Parlamentspräsident stets auf eine überparteiliche Amtsführung Wert legte. Bei seiner Verabschiedung durch die Unionsfraktion sagte Lammert: "Ich weiß auch, dass jedenfalls bei meinem Amtsverständnis der Präsident sich weniger um die jeweiligen Mehrheiten kümmern muss als um die Rechte der Minderheiten".

Daher sei ihm klar, dass "notwendigerweise die eigene Fraktion es gelegentlich mühsamer mit mir hatte als andere". Kauder wies unter anderem darauf hin, dass Lammert Kontrollrechte des Parlaments deutlich ausgeweitet habe.

Gigantische Flagge zum Abschied

Die Abgeordneten der Union überreichte ihm schon am Montag ein Abschiedsgeschenk: eine überdimensionierte Deutschland-Fahne, zusammengelegt in einem transparenten Kasten. Die Flagge im "used look" wehte den Angaben zufolge bisher auf einem der vier Türme des Reichstagsgebäudes.

Ob sie jetzt in seinem Heimatort Bochum gehisst wird, wollte Lammert nicht verraten. Nur soviel ließ er durchblicken: "Also jedenfalls beabsichtige ich nicht, mit der Flagge umhüllt Stadionrunden zu drehen oder in der deutschen Öffentlichkeit auffällig zu bleiben." Es werde aber ganz sicher eine "angemessene und auffällige Platzierung" geben.

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