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Bundestag brutzelt wegen eigenem Energiesparplan


Keine ausreichende Kühlung
Bundestag brutzelt wegen eigenem Energiesparplan

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

22.06.2023Lesedauer: 3 Min.
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Hitze im Bundestag: In einer Ausschusssitzung hielten die Abgeordneten es nicht länger aus – Folge des Energiesparkonzepts?Vergrößern des Bildes
Hitze im Bundestag: In einer Ausschusssitzung hielten die Abgeordneten es nicht länger aus – Folge des Energiesparkonzepts? (Quelle: imago-images-bilder)

Als Putin Deutschland vergangenes Jahr den Gashahn abgedreht hat, setzte auch im Bundestag das große Energiesparen ein. Jetzt ist es Abgeordneten zu heiß.

Bundestagsabgeordnete stöhnen über Hitze, weil sich der Bundestag Energiesparen verordnet hat und die Klimaanlage weniger kühlt. Nach einer unfreiwilligen Saunasitzung geht es nun um die Frage, ob die Regeln zu streng sind und gelockert werden müssen. Geht die "Energiewende" in eigener Sache zu weit?

Einige Abgeordnete berichten, eine Sitzung wie das fünfstündige Treffen des Verteidigungsausschusses am Mittwoch noch nicht erlebt zu haben. Schon vor Beginn um 7.30 Uhr habe im Sitzungssaal 2.700 "Bullenhitze" geherrscht, sagt ein Abgeordneter. Die Sitzungssäle im Paul-Löbe-Haus sind in acht Rundtürmen im Gebäude untergebracht, vier Türme zur Südseite.

Bereits in der Runde der Obleute der Parteien mit der Ausschussvorsitzenden Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) vor Beginn ging es um die Frage: Kann der Raum nicht stärker gekühlt werden? Strack-Zimmermann hielt Rücksprache, teilte dann aber nach Informationen von t-online mit, das Energiesparkonzept gelte weiterhin und lasse das nicht zu.

Regeln seit Juli 2022

Der Ältestenrat hatte die neuen Regeln am 7. Juli vergangenen Jahres erlassen. Da war Sparen angesichts der energiepolitischen Lage mit dem Ausfall Russlands als Gaslieferant ein großes Thema – und der Bundestag wollte vorangehen: weniger heizen, aber auch weniger kühlen.

Das heißt dem Beschluss zufolge, der auf den Seiten des Bundestags abrufbar ist: In Büroräumen sind nun 26 bis 28 Grad die Richtwerte, in Ausschussräumen 24 bis 26 Grad. Und damit jeweils zwei Grad mehr, als bislang vorgesehen waren. In Ausschussräumen versammeln sich regelmäßig viele Menschen. Im Verteidigungsausschuss sind es neben den gut drei Dutzend Ausschussmitgliedern auch deren Mitarbeiter und Zuhörer. "Es wurde immer stickiger", sagt Alexander Müller, verteidigungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion.

Immerhin gab Strack-Zimmermann die Parole aus: Bequem machen, gerne das Sakko ablegen, das sonst zum guten Ton gehört. Machten die Politiker auch, lediglich der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, behielt seine Jacke an – mit der Folge, dass das auch für die weiteren Soldaten im Raum galt.

"Aber wir schicken Soldaten nach Mali"

Jammern über die Hitze sei nicht angemessen, sagt FDP-Ausschussmann Müller: "Man denke an die Soldaten, die wir nach Mali schicken. Die sind schließlich ganz anderen Bedingungen ausgesetzt." Es könne aber auch nicht sein, dass ein "Ausschuss, der im Jahr über 50 Milliarden plus entscheidet, dann nicht einigermaßen vernünftige Rahmenbedingungen hat".

Nach rund drei Stunden ging es nicht mehr: Von Grünen-Obfrau Sara Nanni kam der Vorstoß für eine Pause. Das wurde mit großer Mehrheit beschlossen. Allerdings war das auch die Vorlage für manche, um gegen die Grünen zu stänkern. AfD-Ausschussmitglied Jan Nolte sagt: "Die Anekdote am Rande zeigt im Kleinen, was man auch im Großen vermuten darf: Die Grünen bedenken die Folgen der eigenen Energiepolitik nicht und sind am Ende überrascht, wie schlecht sie funktioniert."

Allerdings war die Notwendigkeit zum Energiesparen im vergangenen Sommer großer Konsens. Nach dem Beschluss hieß es, die komplexe Technik und die verschiedenen Steuerungsprogramme in den zahlreichen Liegenschaften erforderten einige Arbeitsschritte zur Umsetzung.

Bauabteilung des Bundestags soll prüfen

Nun soll geklärt werden, ob angesichts der Sparregel der brutzelnde Bundestag an glühenden Sommertagen unvermeidbar ist und ob die Regeln aufgeweicht werden können. Strack-Zimmermann hat demnach die Bauabteilung der Bundestagsverwaltung eingeschaltet, im Ältestenrat ist Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) für die Baukommission zuständig.

Zunächst lautet die Bitte offenbar nur, zu klären, ob die Zustände in dem Raum überhaupt im Einklang mit dem Energiesparkonzept waren oder auch nach dem Konzept bessere Luft möglich gewesen wäre. Fragen dazu von t-online hat die Bundestagsverwaltung nicht beantwortet. Fest steht: Auch in benachbarten Büros ist es sehr warm. Es gibt allerdings auch weite Bereiche des Bundestags, in denen angenehm kühle Temperaturen herrschen.

Am Reichstag kann dafür auch Kaltwasser genutzt werden, das vor dem Bundestag in Tiefen zwischen 30 und 60 Meter gespeichert wird. Insgesamt rühmt sich der Bundestag eines nachhaltigen Energiekonzepts: Im Reichstagsgebäude und im Paul-Löbe-Haus wird mit je vier Dieselmotoren Biodiesel zur Stromerzeugung genutzt. Die Abwärme wird zur Beheizung, im Sommer aber auch zum Antrieb von Absorptionskältemaschinen verwendet, die die Parlamentsbauten kühlen sollen.

Verwendete Quellen
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