"Wir gewinnen die Kontrolle zurück" Weil: Corona könnte bis zum Spätsommer besiegt sein

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hält es für möglich, die Corona-Pandemie bis zum Spätsommer einzudämmen. Er plädiert für einen Kurswechsel bei der Impfstrategie, auch bei der Corona-Warnapp müsse sich viel ändern.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat sich in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zuversichtlich im Kampf gegen die Corona-Pandemie gezeigt. Er halte es für realistisch, dass das Coronavirus bis zum Spätsommer zurückgedrängt werde, so Weil. "Wenn nahezu die gesamte Gesellschaft geimpft ist, dann haben wir diese Krise gemeistert." Damit sei zwar das Virus nicht aus der Welt, aber: "Wir gewinnen die Kontrolle zurück." So wie man sich schon jetzt einmal im Jahr gegen die Grippe impfen lassen sollte, so werde man sich vermutlich auch in Zukunft jährlich gegen Corona impfen lassen, sagte Weil.
Angesichts der Hinweise darauf, dass schon die Erstimpfung gegen das Coronavirus einen guten Schutz bietet, zieht Weil außerdem eine Änderung der Impfstrategie in Betracht. So sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" weiter, er sei offen dafür "bei den weniger gefährdeten Personen vom bisherigen Impfschema abzuweichen und zunächst so vielen Menschen wie möglich die Erstimpfung zu verabreichen." Ein Kurswechsel, denn Niedersachsen hatte die für die Zweitimpfungen vorgesehenen Dosen aus Misstrauen gegenüber der Zuverlässigkeit der Impfstofflieferungen lange strikt zurückgehalten.
Weils Traum-Vorstellung von der Corona-Warn-App
Die Öffnung von Gastronomie und Hotelgewerbe sieht Weil hingegen kritisch. Für ihn sei dies noch "Zukunftsmusik". Wenn es jedoch soweit sei, sehe er eine Chance darin Tests, Impfungen und Hygienekonzepte miteinander zu verbinden. „Betroffene müssten also entweder geimpft sein oder ein aktuelles negatives Testergebnis nachweisen können“, so Weil. Auch ein digitaler Nachweis sei sinnvoll. „Meine Lieblings-Vorstellung ist es, die zentrale Corona-Warn-App auch für Impfnachweise und Testergebnisse zu nutzen. Die App würde dann zum ersten Mal auch wirklich relevant werden", führte Weil aus.
Er wolle niemandem persönlich die Verantwortung zuschieben, aber das Gesamtergebnis der App sei „gelinde gesagt sehr unbefriedigend“. Doch damit nicht genug: Es gebe noch nicht einmal die Möglichkeit, durch das Setzen eines einzelnen Hakens einer automatischen Weitergabe einer positiven Testung vom Gesundheitsamt an die App zuzustimmen. "Das ist absurd, das ist ein Prinzip, das ansonsten im Internet von Millionen Menschen als selbstverständlich akzeptiert wird“, kritisiert Weil. Warum das bei der Corona-Warn-App nicht möglich sein solle, begreife er nicht. „Aber das kann nicht das letzte Wort sein, der Datenschutz steht auch nicht höher als andere Grundrechte", betonte Weil.
- Frankfurter Allgemeine Zeitung: Stephan Weil im Interview "Wir gehen über dünnes Eis"