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Bundeswehr-Reform: Experte fordert Frühpensionierung von 30.000 Offizieren


Militärexperte Sönke Neitzel
"Sie würde im Ernstfall wohl erst durch hohe Verluste Lehren ziehen"

Von t-online, mak

06.07.2025 - 18:30 UhrLesedauer: 3 Min.
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Bundeswehrsoldaten (Symbolbild): Experte Sönke Neitzel fordert eine drastische Reform der Bundeswehr. (Quelle: IMAGO/Bernhard Herrmann/imago)
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Militärexperte Sönke Neitzel bezeichnet die Bundeswehr als überbürokratisiert und ineffizient. Er fordert eine radikale Personalreform, um strukturelle Missstände zu beheben.

Der Militärhistoriker Sönke Neitzel hat die Bundeswehr als "Sanierungsfall" bezeichnet und eine "drastische Personalreform" gefordert. Neitzel, Professor für Militärgeschichte und Kulturgeschichte der Gewalt an der Universität Potsdam, äußerte sich im Interview mit der "Welt am Sonntag" kritisch gegenüber dem Reformwillen in der Politik, den er über Parteigrenzen hinweg als unzureichend wahrnimmt. Trotz der Bemühungen des Verteidigungsministers Boris Pistorius (SPD) blieben grundlegende strukturelle Probleme bestehen.

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"Der zentrale Punkt ist: Über die Hälfte der 180.000 Soldatinnen und Soldaten sind nicht in der Auftragserfüllung einsetzbar. Das ist ein eklatanter Missstand", sagte Neitzel. "Und wir haben 22 Prozent Offiziere – im Kalten Krieg waren es acht Prozent. Wir haben genauso viele Oberstleutnante wie Hauptgefreite. Und niemand im Ministerium scheint bereit, das strukturell zu verändern. Und deshalb wird jede Reforminitiative letztlich in der Bürokratie versanden."

Neitzel: "Derzeit wächst nur eines: die massive Frustration innerhalb der Bundeswehr"

Der Experte schlägt eine "drastische Personalreform" vor – "oben kürzen, unten aufbauen". Was er konkret meint: "30.000 Offiziere und Unteroffiziere müssten frühpensioniert werden, das brächte Zug in den Kamin. Israel kommt mit 25 Prozent Overhead aus – wir liegen bei über 50." Mit Overhead ist der Verwaltungsapparat der Bundeswehr gemeint.

Weiter sagte Neitzel: "Ohne klares politisches Mandat kann das natürlich nicht geschehen. Mir ist kein Regierungspapier bekannt, das diesen Kern des Problems offen benennt. Derzeit wächst nur eines: die massive Frustration innerhalb der Bundeswehr."

Der Experte beklagt: "Ich sehe viele kluge Köpfe, aber sie werden nicht zusammengebracht, die Dinge versanden." Die Strukturen seien überbürokratisiert, "die Bundeswehr lernt zu langsam", sagte Neitzel. "Und das bedeutet: Sie würde im Ernstfall wohl erst durch hohe Verluste Lehren ziehen. Die Verantwortung, dass es nicht so weit kommt, trägt die Politik."

Neitzel sagte weiter: "Die Minister im Kabinett müssen sich die Frage stellen, ob sie alles tun, um nicht an Soldatengräbern stehen zu müssen. Ich an ihrer Stelle hätte Sorge, dass diese Armee vielleicht doch irgendwann kämpfen muss – und ich nicht genug getan hätte, sie darauf vorzubereiten." Die schwarz-rote Regierung könne nun zeigen, dass sie es besser könne als die alte.

Pistorius plant freiwilligen Wehrdienst

Verteidigungsminister Pistorius will einem Medienbericht zufolge derweil bis Ende 2029 rund 114.000 Wehrdienstleistende rekrutieren. Dieses Ziel habe Pistorius bei einer Information von Abgeordneten von Union und SPD im Bundestag zu seinen Plänen für einen neuen Wehrdienst genannt, berichtete der "Spiegel" am Freitag. Demnach will er den Gesetzentwurf für den vorerst freiwilligen Wehrdienst Ende August in das Bundeskabinett einbringen.

Das Gesetz soll laut Bundesverteidigungsministerium möglichst bis Januar in Kraft treten, damit der neue Wehrdienst 2026 schnellstmöglich starten kann. Eine Rückkehr zur Wehrpflicht soll den "Spiegel"-Angaben zufolge zwar möglich gemacht werden, allerdings mit Bedingungen versehen werden.

Pistorius' Pläne für den neuen Wehrdienst sehen vor, dass zunächst an alle jungen Männer und Frauen ein Fragebogen versandt wird. Männer müssen ihn ausfüllen, für Frauen ist das freiwillig. Geeignete Kandidaten werden dann zur Musterung eingeladen.

Im Konfliktfall bräuchte die Bundeswehr vor dem Hintergrund von Nato-Vorgaben eine Gesamtstärke von 460.000 Soldatinnen und Soldaten. Derzeit gibt es nur gut 182.000 aktive Soldaten sowie gut 49.000 aktive Reservisten. Pistorius strebt nun 250.000 bis 260.000 aktive Soldaten an und 200.000 Reservisten an.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur AFP
Transparenzhinweis

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