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Maskenaffäre: Das ist Spahns größte Gegnerin Paula Piechotta


Maskenaffäre
Von der Klinik ins Plenum: Spahn-Rivalin Paula Piechotta


Aktualisiert am 06.07.2025 - 18:37 UhrLesedauer: 4 Min.
Die Bundestagsabgeordnete Paula Piechotta (Archivbild): Sie hatte Olaf Scholz als "Arschloch" bezeichnet.Vergrößern des Bildes
Die Bundestagsabgeordnete Paula Piechotta: Sie spart nicht mit Kritik an Jens Spahn. (Quelle: Hannes P. Albert/dpa)
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In der Maskenaffäre ist Jens Spahn in Bedrängnis geraten. Besonders eine Grünen-Politikerin setzt den Ex-Gesundheitsminister unter Druck. Was motiviert die Ärztin aus dem Osten?

Paula Piechotta wirkt aufgebracht. "Die Menschen in diesem Land bekommen das Gefühl: Die Kleinen hängt man, und die Großen lässt man laufen", ruft die Bundestagsabgeordnete der Grünen ins Plenum. Sie spricht über die Corona-Pandemie – und alles, was damals falsch gelaufen ist. Und ganz konkret: über Jens Spahn (CDU).

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Piechotta wirft dem damaligen Gesundheitsminister vor, bei der Beschaffung von Schutzmasken in der Corona-Krise umstrittene Verträge zu hohen Preisen abgeschlossen zu haben. Daraus drohen dem Staat nun Risiken in Milliardenhöhe. Der heutige Unionsfraktionschef Spahn wehrte sich und sah die meisten Vorwürfe gegen sich nach einer Ausschussbefragung im Bundestag entkräftet.

Haushaltsexpertin Piechotta stützt ihre Vorwürfe maßgeblich auf einen Bericht der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof (SPD). Diese kam unter anderem zu dem Ergebnis, dass Spahn damals "gegen den Rat seiner Fachabteilungen" in großem Umfang in die Schutzmasken-Beschaffung eingestiegen war.

Dass Sudhofs Bericht überhaupt öffentlich wurde - wenn auch zunächst nur mir Schwärzungen -, ist auch Piechotta zu verdanken. In den vergangenen Wochen ist sie gewissermaßen zum Gesicht der Aufklärung in der Affäre geworden – und treibt Spahn vor sich her. Wer ist die Grünen-Politikerin?

Piechotta: Wir hatten jeden Tag Angst

Piechotta ist Ärztin für Radiologie und sitzt seit 2021 für die Grünen im Bundestag. Die 38-Jährige stammt aus Gera in Thüringen und lebt heute in Leipzig. Dort arbeitet sie eigenen Angaben nach auch heute noch zwei Tage im Monat in einer Klinik. Wenn man Piechotta fragt, was sie in der Maskenaffäre antreibt, beginnt sie von ihrer Arbeit als Ärztin während der Pandemie zu erzählen. Damals seien in der Klinik Masken oder Desinfektionsmittel "weg gestohlen" worden. Mit Blick auf die dramatische Corona-Situation damals in Italien sagt sie im Gespräch mit t-online: "Es war auch wirklich eine Zeit, in der wir jeden Tag Angst hatten."

Naheliegend ist es, dass Piechotta sich auch als Abgeordnete dem Thema Gesundheit widmet. Im Haushaltsausschuss hat sie unter anderem den Etat des Gesundheitsministeriums im Blick. An die Zeit im vergangenen Sommer, als Sudhof ihre Arbeit als Sonderbeauftragte aufnahm, erinnert sich Piechotta noch gut: "Das war so, als ob jemand mal den Stein hochhebt und darunter kommen Tausende von Asseln und Ameisen zum Vorschein." Die Grünen-Politikerin moniert, dass die Prozesse mit Maskenhändlern den Steuerzahler viel Geld kosteten – Geld, das auch sinnvoller hätte verwendet werden können.


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Das war so, als ob jemand mal den Stein hochhebt und darunter kommen Tausende von Asseln und Ameisen zum Vorschein.


Paula Piechotta


Mittelfristig gehe es ihr aber auch darum, dass sich eine Situation wie damals nicht wiederhole. "Damals in der Krise gingen alle Schotten auf", sagt sie. Viele Dinge seien intransparent gelaufen. Klar ist, wen sie dafür in der Verantwortung sieht: Spahn. "Wenn wir das nicht so aufarbeiten, dass klar ist: 'Ein Minister, der über ein Haus wacht, das so agiert in der Krise, der wird hinterher politisch nicht mehr auf den grünen Zweig kommen', wird es in der nächsten Krise wieder so sein", mahnt sie.

Harte Bandagen im Bundestag

Generell fasst sie den Ex-Gesundheitsminister nicht mit Samthandschuhen an – und das nicht erst seit gestern. Bereits vergangenes Jahr gerieten die beiden im Plenum aneinander. Piechotta warf Spahn mit Blick auf die Maskengeschäfte verheerende Steuergeldvergeudung vor und wurde auch persönlich. "Man könnte anfangen zu erzählen, wie viele Villen für Jens Spahn in Dahlem man mit diesem Geld hätte kaufen können." Spahn wollte das nicht auf sich sitzen lassen, warf Piechotta und anderen "Maßlosigkeit" vor und sprach an ihre Adresse gerichtet von "Verschwörungstheorien" und "Mutmaßungen". Aktuell spricht der Vorsitzende der Unionsfraktion von "Verleumdung".

Dass Piechotta auch vor harscher Wortwahl nicht zurückschreckt, zeigte sich vor einigen Monaten bei einer Äußerung über den damaligen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). "Alle in der SPD wissen, dass Olaf Scholz ein Arschloch ist", sagte die Grünen-Politikerin damals – und entschuldigte sich schließlich, allerdings erst nach massiver Kritik. Unverständnis gab es für ihre Äußerung – und die zunächst ausbleibende Entschuldigung – auch in den eigenen Reihen. Monika Herrmann, von 2013 bis 2021 grüne Bürgermeisterin des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, reagierte auf Piechotta: "Wenn Du die Leute nicht beleidigst, musst Du hier auch keine ellenlangen Erklärungen abgeben. Lass es also."

Eine Grüne aus dem Osten

Und auch bei der Bewertung ihrer eigenen Partei ist Piechotta nicht gerade zimperlich. Zu den Grünen sei sie gegangen, weil es die Partei gewesen sei, die sie "am wenigsten schlimm" gefunden habe. Sie habe lange mit sich gerungen, zunächst einen Weg gesucht, auch ohne Partei etwas zu verändern. Dabei macht Piechotta auch keinen Hehl daraus, dass sie es als Ostdeutsche bei den Grünen nicht immer leicht gehabt habe. Sie habe auch viel "Mist" erlebt.

Aber auch als Grüne in Ostdeutschland dürfte sie es nicht immer einfach haben. Die Partei ist im Osten traditionell eher schwach – ihre Wahlergebnisse liegen oft unter dem Bundesdurchschnitt. In Sachsen ist der Gegenwind besonders stark – dort kam die Partei bei der vergangenen Bundestagswahl auf 6,5 Prozent der Zweitstimmen. Piechottas Wahlkreis liegt in der eher linken Unistadt Leipzig. Dort holte sie bei der vergangenen Bundestagswahl gut zehn Prozent der Erststimmen. Damit landete sie hinter den Kandidaten der Linken, der AfD und der CDU. In den Bundestag zog sie über die Liste ihrer Partei ein.

Kampf gegen Vorurteile

"Ich glaube, dass wir als ostdeutsche Politiker den größten Spagat machen zwischen dem, was unsere Wählerinnen und Wähler von uns erwarten – nämlich eine sehr direkte Kommunikation – und dem, was in Berlin irgendwie gern gesehen ist", sagte die 38-Jährige. Die Menschen in Leipzig wollten, dass man auch mal zeige, dass man sächseln könne.

Piechotta nimmt für sich in Anspruch, ein klassisches "Grünen-Zerrbild" aufbrechen zu wollen. Ein Gegenentwurf zum Klischee, das nicht nur die AfD nährt: "Hat nichts geleistet, hat Politikwissenschaft studiert, hat nie normal gearbeitet und kommt aus einer westdeutschen Großstadt."

Dabei verweist sie auch auf ihren Job als Ärztin, den sie weiter ausübt. Dieser gebe ihr eine "große innere Unabhängigkeit" von ihrem Mandat. "Und du weißt, wenn es zu blöd wird, dann kann ich den Rücken gerade machen und gehen."

Verwendete Quellen

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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