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Auf dem Weg zur neuen NPD

  • Jonas Mueller-Töwe
Von Jonas Mueller-Töwe

Aktualisiert am 03.03.2021Lesedauer: 4 Min.
Björn Höcke, Thüringer Landessprecher der AfD: Er hat die Partei an den äußersten rechten Rand geführt. Parteichef Meuthen sieht in ihm nur einen Landespolitiker.
Björn Höcke, Thüringer Landessprecher der AfD: Er hat die Partei an den äußersten rechten Rand geführt. Parteichef Meuthen sieht in ihm nur einen Landespolitiker. (Quelle: Jacob Schröter/imago-images-bilder)
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Der Verfassungsschutz verdächtigt die AfD, in fundamentaler Opposition zum Grundgesetz zu stehen. Ähnlich wie Neonazi-Parteien. Das wird für die Partei schwere Konsequenzen haben.

Es sind nicht mehr nur Björn Höckes "Flügel", einzelne Landesverbände oder die Nachwuchsorganisation "Junge Alternative", ab sofort steht die gesamte AfD unter dem Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit. Das kommt nicht überraschend: Teile der Partei gelten dem Amt bereits seit mehr als einem Jahr als gesichert rechtsextremistisch und werden beobachtet. Ihr Einfluss in der Gesamtpartei ist seitdem nicht deutlich zurückgegangen. In der Behörde geht man sogar davon aus, dass der vermeintlich aufgelöste "Flügel" tatsächlich wesentliche Teile der Partei bestimmt.

Die Gräben werden tiefer werden

Das ist für die Gesamtpartei verheerend, die derzeit noch vor dem Kölner Verwaltungsgericht darum kämpft, die Einstufung als Verdachtsfall oder im Wahljahr zumindest die öffentliche Bekanntgabe der Einstufung zu verhindern. Seit Monaten versucht Parteivorsitzender Jörg Meuthen den Schaden zu begrenzen, während sein Co-Vorsitzender Tino Chrupalla mit anderen Führungskräften wie Alexander Gauland versucht, die Partei gegen den Verfassungsschutz zusammenzuschweißen, und eine große Verschwörung wittert.

Als sicher kann gelten: An der ohnehin von tiefen Gräben durchzogenen Partei, deren Mitglieder nicht selten zu Misstrauen und Missgunst in den eigenen Reihen neigen, wird die neue Entwicklung nicht ohne Spur vorübergehen. Schon vor Monaten berichteten Medien über Parteimitglieder, die sich den Verfassungsschutzbehörden in den Ländern als Zulieferer über bisherige Mitstreiter anböten. Nun darf das Bundesamt sogar in der Gesamtpartei nachrichtendienstliche Mittel einsetzen.

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1.000 Seiten starkes Gutachten

Wenn die AfD zu Veranstaltungen einlädt, werden also möglicherweise Behördenmitarbeiter im Publikum sein. Möglicherweise werden sich Mitarbeiter auf Bundesebene um V-Leute bemühen. Möglicherweise werden Video- oder Audiomitschnitte angefertigt. Lediglich die Sammlung von personenbezogenem Material über Abgeordnete hat das Amt Berichten zufolge vorerst aufgeschoben – wegen des noch schwebenden Rechtsstreits mit der Partei vor dem Kölner Verwaltungsgericht. Aufgrund des Verfahrens äußert sie sich derzeit auch nicht, "aus Respekt vor dem Gericht", wie eine Sprecherin t-online sagte.

Trotzdem hat der grobe Inhalt des rund 1.000 Seiten starken Gutachtens über die AfD, das die Behörde angefertigt hat und das seit geraumer Zeit dem Innenministerium als Aufsichtsbehörde vorlag, nun seinen Weg an die Öffentlichkeit gefunden. Der AfD zufolge war es erst am Montag dem Kölner Verwaltungsgericht übermittelt worden. Die Partei wittert deswegen einen "Skandal". Schließlich passt das vorzeitige Bekanntwerden der Einstufung in ihre Erzählung einer politischen Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes.

In einer Reihe mit Neonazi-Parteien

Tatsächlich lag das Ergebnis des Gutachtens neben dem Bundesamt selbst allerdings dem Gericht und auch dem Innenministerium vor, den Landesämtern sowie vermutlich Innenministerien der Länder und Kreisen im Bundestag, wahrscheinlich dem Parlamentarischen Kontrollgremium. Die AfD selbst will angeblich noch keine Kenntnis von dem Dokument haben.

Wie das Ergebnis des Gutachtens auch bekannt wurde: Die Partei befindet sich absehbar auf dem Weg, in einer Reihe mit Neonazi-Parteien wie der NPD genannt zu werden. Sollte sie – was wahrscheinlich ist – zum Beobachtungsobjekt wie "Flügel", "Junge Alternative" und Thüringer Landesverband werden, ist sie künftig offiziell von einem verfassungsfeindlichen Bestreben geleitet. Das wird die Gemäßigteren in der radikalen Partei möglicherweise endgültig zum Austritt bewegen. Und auch Wähler dürfte die Entwicklung zumindest zum Teil abschrecken.

Die Doppelstrategie bröckelt

Denn der Erfolg der Partei beruhte bislang auf einer Doppelstrategie: Die einen – besonders in den alten Bundesländern – versuchten, sich als Hüter des Rechtsstaats und bürgerliche Law-and-Order-Verfechter zu inszenieren, und zielten damit auf ehemalige Wähler der Union, der FDP und SPD. Die anderen – besonders in den neuen Bundesländern – fingen mit immer radikaleren Äußerungen die ehemaligen Wähler der NPD, der Republikaner und der Linken ein.

Ohne die Extremisten in der Partei wird die AfD ihre Rekordergebnis der letzten Bundestagswahl nicht wiederholen können. Das muss auch der Parteivorsitzende Jörg Meuthen wissen, der zwar öffentlichkeitswirksam Teile der Partei zur Räson rief, die Auflösung des "Flügels" durchsetzte, Rechtsaußen Andreas Kalbitz vor die Tür setzte und immer wieder auch Björn Höcke als Aushängeschild der Fundamentalisten konfrontierte. Vor einer allzu großen Konfrontation, dem Parteiausschluss des Thüringer Landesvorsitzenden, wie er seit Jahren in Teilen der Partei gefordert wird, schreckte er allerdings zurück.

Und so könnte schon jetzt über die kommenden Entwicklungen spekuliert werden: Da Meuthens Strategie, die Beobachtung der Gesamtpartei zu verhindern, scheitert, er aber über sie mit weiten Teilen der Partei gebrochen hat, wird er sich langfristig nicht als Vorsitzender halten können, sollte er nicht drastischere Maßnahmen durchsetzen können. Das wird Wähler kosten, denn gerade in den neuen Bundesländern feiert die AfD ihre größten Erfolge.

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Sollte die Parteispitze stattdessen weiterhin auf die Integration der "Flügel"-Leute setzen, um die Wählerbasis möglichst breit zu halten und die Erfolge in Ostdeutschland nicht zu gefährden, wird auch das Wähler kosten – und vor allem Mitglieder. Übrig bleiben dann diejenigen, die die AfD ohnehin als Bewegungspartei betrachten und den Parlamentarismus nur als Vehikel sehen. Die Partei wäre dann tatsächlich auf dem Weg zur neuen NPD.

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