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"Markus Lanz": FDP-Urgestein Gerhart Baum kritisiert Christian Lindner


FDP-Urgestein Baum kritisiert Lindner bei "Markus Lanz"

Eine TV-Kritik von Nina Jerzy

Aktualisiert am 22.04.2021Lesedauer: 3 Min.
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Gerhart Baum (Archivbild): Der FDP-Politiker hat die Einstellung seines Parteichefs zur Bundesnotbremse kritisiert.Vergrößern des Bildes
Gerhart Baum (Archivbild): Der FDP-Politiker hat die Einstellung seines Parteichefs zur Bundesnotbremse kritisiert. (Quelle: imago images)

Ex-Innenminister Baum kritisiert die Haltung der FDP zum Infektionsschutzgesetz und fordert die "Solidarität der Demokraten" ein. Viele Patienten entscheiden sich laut einer Ärztin gegen die Intensivstation, denn: "Ich kann sie nicht heilen."

Die Gäste

  • Gerhart Baum, Ex-Bundesinnenminister (FDP) und Jurist
  • Mike Mohring, Mitglied des CDU-Bundesvorstands
  • Caterina Reuchsel, Intensivmedizinerin aus Gera
  • Katharina Hamberger, Korrespondentin des "Deutschlandfunk"
  • Christoph Röckerath, ZDF-Südamerika-Korrespondent

Geht so Profilierung im Superwahljahr? Kaum hatte sich die Mehrheit im Bundestag auf das geänderte Infektionsschutzgesetz geeinigt, machte FDP-Chef Christian Lindner ernst und bekräftigte den Gang vor das Bundesverfassungsgericht. "Die Ausgangssperre ist nicht notwendig zur Bekämpfung der Pandemie", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Sein Parteifreund Gerhart Baum, einst Bundesinnenminister (FDP) und noch dazu Jurist, zeigte dafür bei "Markus Lanz" am Mittwochabend wenig Verständnis. "Ich bin in der Politik, um Kompromisse zu machen", formulierte der 88-Jährige sein Selbstverständnis und mahnte seine Partei: "Mir fehlt heute die Solidarität der Demokraten."

Zu dezidiertem Lindner-Bashing ließ sich Baum vom Moderator nicht verleiten. Verfassungsrechtliche Bedenken müssten natürlich geklärt werden, räumte der Jurist ein. Aber seiner Ansicht nach hat Deutschland im Kampf auf Leben und Tod gerade größere Probleme als die rechtliche Dimension von Ausgangsbeschränkungen. "Warum fokussieren wir uns so auf diese eine Maßnahme?", fragte er. "Möglicherweise wirkt sie ja, das muss man doch abwägen." Und warnte: "Das wird eine schwierige Sache werden in Karlsruhe, so einfach wird das nicht."

Dem Volk zu sehr aufs Maul schauen

"Was hätte Helmut Schmidt getan?", hat Lanz in seinem Hamburger Studio in den vergangenen Monaten immer wieder sinniert. Leider stellte er gerade an diesem Abend die Frage nicht. Dabei war Baum Innenminister im Kabinett Schmidt II gewesen. Ein wenig Altkanzler schwang jedoch mit, als der Liberale davor warnte, beim Schielen auf Umfrageergebnisse die Perspektive zu verlieren. "Wir sind wieder in einer Stimmungs-Demokratie", monierte Baum. Wäre es nach der (wankelmütigen) Mehrheitsmeinung gegangen, hätte es weder Ostpolitik noch Euro gegeben. "Es gibt Entscheidungen, die man nicht Stimmungen überlassen kann."

Der Liberale jedenfalls begrüßte die Entscheidung des Bundestags vom Mittwoch, auch, wenn er sie sich früher gewünscht hätte. "Es geschieht etwas. Wir haben jetzt eine Chance, noch mal dem Virus die Grenzen zu zeigen." Nötig sei eine letzte große, gemeinsame Kraftanstrengung, das gelte auch für die Politiker. Baum warnte: "Ich spüre, dass die Leute das Vertrauen in das Funktionieren unserer Demokratie verlieren." Der Machtkampf Laschet/Söder hat da seiner Ansicht nach in puncto Glaubwürdigkeit nur Schaden angerichtet: "Man wusste doch, da wurde geheuchelt bis zum Gehtnichtmehr."

Warnungen der Intensivmedizinerin

Intensivmedizinerin Caterina Reuchsel aus Gera hat vom Machtkampf in der Union immer nur im Radio auf der Fahrt zur Arbeit gehört und fühlte sich dabei wie im falschen Film. "Es ist abgehoben", kommentierte sie das eitle Schauspiel. Keine Probleme hat sie hingegen mit dem neuen wichtigen Inzidenzwert von 165, den selbst CDU-Chef Armin Laschet für ziemlich willkürlich gewählt hält. "Ich bin froh, dass überhaupt etwas passiert", sagte die Ärztin. Ihr Team arbeite bereits in vielen Bereichen am Limit. "Für uns ist es schon zu spät. Ihr hattet ein Jahr Zeit", richtete sie der Politik aus. Reuchsel zeigte sich aber fassungslos darüber, dass der gesellschaftliche Aufschrei ausbleibt, obwohl mittlerweile Operationen wegen Überlastung abgesagt werden müssen. "Warum reagiert da keiner drauf?", wunderte sie sich.

Nach eindringlichen Warnungen von Intensivmedizinern wie Reuchsel hatten sich am Mittwoch allerdings auch andere Stimmen zu Wort gemeldet. "Wir sind und waren zu keiner Zeit am Rande unserer Kapazitäten", sagte Thomas Hermann Voshaar, Chefarzt der Lungenklinik Bethanien in Moers, der "Bild"-Zeitung und warnte vor Alarmismus.

Reuchsel hingegen berichtete nüchtern von der Hilflosigkeit der Medizin im Angesicht von Covid-19. "Ich kann die Menschen nicht heilen. Es ist, als hätte man das Penicillin noch nicht erfunden", stellte die Anästhesistin klar. "Wir können natürlich viel machen. Wir haben die Technik." Aber jedem Betroffenen müsse deutlich dargelegt werden, was die Behandlung auf der Intensivstation bedeutet und dass ein überstandener Kampf gegen das Virus (jeder dritte Corona-Intensivpatient stirbt hierzulande) nicht automatisch mit einem Sieg gleichzusetzen ist.

"Man verlässt eine Intensivstation nie so, wie man vorher war. Man muss sich sehr schwer ins Leben zurückkämpfen", sagte Reuchsel. Manch ein Patient sage angesichts der Optionen "Nein, das brauch ich nicht" und entscheide sich gegen die Behandlung. Auch das steckt hinter den täglichen Zahlen zu Corona-Toten und Intensivpatienten in Deutschland.

Verwendete Quellen
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