Wirbel um "ACAB"-Pullover Kritik an Grüne-Jugend-Chefin: "Viele in unserer Partei sind es leid"

Grüne-Jugend-Chefin Jette Nietzard hat erneut viel Kritik auf sich gezogen. Manchem in der Partei reicht es inzwischen.
Bei den Grünen kommt nach großem Wirbel um ein Instagram-Foto der Grünen-Jugend-Chefin Jette Nietzard Kritik an der Führung der Jugendorganisation auf. "Viele in unserer Partei sind es leid, ihre regelmäßigen Ausfälle zurückzuweisen", sagte Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) t-online.
Nietzard hatte sich in einer Instagram-Story auf einem Selfie mit einem Sweatshirt mit den Buchstaben "ACAB" gezeigt. Das Akronym steht für "All Cops Are Bastards" (auf Deutsch: Alle Polizisten sind Bastarde). Das hatte viel Kritik ausgelöst, auch bei Grünen.
"Wer für sich in Anspruch nimmt, für Demokratie und gegen Hass und Hetze einzustehen und dann unsere Polizei pauschal so diffamiert, sollte mal dringend seinen rechtsstaatlichen Kompass überprüfen", kritisierte Bayaz, der dem Realo-Flügel der Grünen angehört. "Ich würde mir von der Grünen Jugend Bundesspitze wünschen, dass sie mal für junge Menschen ein attraktives Politikangebot formuliert." Da gebe es "ja genug zu tun" nach den jüngsten Wahlergebnissen bei jungen Menschen.
Auch der frühere langjährige Grünen-Bundestagsabgeordnete Dieter Janecek sieht in der Grünen Jugend mittlerweile ein Problem für die Gesamtpartei. "Dass die Grüne Jugend auf Dauer zerstörerisch sein kann für die Grünen, verwundert rationale Beobachter nicht", schreibt Janecek auf der Plattform X. "Distanzierung ist nicht glaubwürdig, solange sie die zentrale Machtreserve für einen der beiden Flügel bleibt." Janecek spielt damit darauf an, dass der linke Flügel innerhalb der Partei der Grünen Jugend tendenziell näher steht, als es die Realos tun.
Doch auch am linken Flügel gibt es deutliche Kritik an Nietzard. "ACAB?" Da widerspreche ich sehr klar", schrieb Innenpolitiker Marcel Emmerich auf X, der auch den linken Flügel koordiniert. "Solche provokanten Einzeläußerungen spiegeln nicht die Position unserer Fraktion und der Partei wider." Die Polizei verdiene für ihre Arbeit unter extrem schwierigen Bedingungen Respekt und Rückhalt und keine pauschale Abwertung.
Auch Grünen-Chef und Parteilinker Felix Banaszak distanzierte sich von Nietzards Aktion. "Das ist eine inakzeptable Aussage", sagte er bei RTL und ntv. "Es ist offensichtlich nicht die Position der Grünen." Der Realo und Fraktionsvize für Innenpolitik, Konstantin von Notz, schrieb auf X: ACAB sei "ein völlig unterirdischer, inakzeptabler und beleidigender Take für alle Polizistinnen und Polizisten".
Nietzard distanziert sich von Art und Weise der Kritik
Nietzard, 26 Jahre alt, distanzierte sich am Montag von der Art und Weise ihrer Kritik – blieb aber in der Sache weitgehend dabei. "Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg war, um auf die Probleme aufmerksam zu machen", sagte sie im "stern"-Podcast "5-Minuten-Talk". Sie besitze "diesen Pulli als Privatperson".
Nietzard sagte jedoch auch: "Ich hasse natürlich nicht die Polizei als Ganzes, aber was ich hasse, ist das System dahinter und wie es gerade aufgebaut ist." Es gebe ihrer Ansicht nach keine vernünftigen Polizeistudien, keine strukturelle Aufarbeitung von Gewalt und rassistische Tendenzen, die von der Polizei nicht transparent genug gemacht würde.
Nietzard, die seit Oktober 2024 zusammen mit Jakob Blasel die Grüne Jugend führt, hatte in der Vergangenheit schon mehrfach Kritik auf sich gezogen – auch parteiintern. An Silvester etwa schrieb sie auf X: "Männer, die ihre Hand beim Böllern verlieren, können zumindest keine Frauen mehr schlagen." Im Februar löste sie nach dem Rückzug von Ex-FDP-Chef Christian Lindner erneut Kritik aus, als sie schrieb: "Ich freue mich, dass der Mann von Franca Lehfeldt jetzt kürzer tritt, um ihr Karriere und Kind zu ermöglichen."
- Eigene Recherchen
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa