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Anti-Amerikanismus in Deutschland: Amerika und die deutsche Seelenhygiene


Amerika und die deutsche Seelenhygiene

Ein Kommentar von Jennifer Nathalie Pyka

Aktualisiert am 16.06.2012Lesedauer: 3 Min.
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Sind Deutsche amerikafeindlich?Vergrâßern des Bildes
Sind Deutsche amerikafeindlich? (Quelle: Jennifer Graevell)

FΓΌr einige Debatten gelten hierzulande besondere Regeln. Die Diskussion rund um Atomkraft ist dafΓΌr ein geeignetes Beispiel. Hier muss nΓ€mlich zwischen der bΓΆsen Atomkraft, die in deutschen AKWs produziert wurde, und den vergleichsweise harmlosen Atomen, die im Iran zu Bomben werden sollen, unterschieden werden. Γ„hnlich verhΓ€lt es sich auch mit dem Datenschutz: Den fordern nicht nur die Piraten, sondern wir alle. Wenn aber Julian Assange gegen das Recht US-amerikanischer Diplomaten auf Datenschutz vorgeht, ist das vΓΆllig legitim. Und ja, selbst bei Dingen wie Hass, Rassismus und Intoleranz muss gemÀß des deutschen Hangs zur Differenzierung sΓ€uberlich nuanciert werden.

Toleranz, wohin das Auge blickt

So kΓ€mpft beispielsweise jeder anstΓ€ndige Deutsche gegen Nazis, was selbstverstΓ€ndlich zu begrüßen ist. Mittlerweile verfΓΌgen Hundertseelen-Orte ΓΌber ein β€žBΓΌndnis gegen Rassismusβ€œ, jede Hausfrau geht gegen Intoleranz vor, und zusammen stellen sie sich tapfer dem um sich schlagenden Hass entgegen. Beim Stichwort β€žToleranzβ€œ liefert Google zuverlΓ€ssig unzΓ€hlige BΓΌndnisse, Initiativen, Landes- und Aktionsprogramme, die eben jene stΓ€rken und fΓΆrdern sollen. Jawohl, das ist quasi β€žunsere Lektion aus der Geschichteβ€œ.

Doch gleichzeitig gibt es auch FΓ€lle, in denen Hass und Fremdenfeindlichkeit nicht nur vΓΆllig unbedenklich sind, sondern vielmehr zum guten Ton gehΓΆren. Zum Beispiel, wenn es um die Amis geht. So wartet eine aktuelle Studie des Pew Research Centers nun mit neuen Erkenntnissen auf, die gleichzeitig so alt wie die Bundesrepublik selbst sind. Demzufolge hegen nur 52 Prozent der Deutschen Sympathien fΓΌr Amerika, wohingegen es vor drei Jahren noch 62 Prozent waren. Das liegt natΓΌrlich alles an Barack Obama. Der nΓ€mlich β€žfrustriert die Deutschenβ€œ, wie β€žSpiegel Onlineβ€œ zu berichten weiß – was unter anderem daran liegt, dass er Israel noch nicht fallen gelassen und das Klima nicht gerettet hat, dafΓΌr aber mit Drohnen auf pakistanische Terroristen losgeht. Fast so schlimm wie Bush, dieser Obama. Ami bleibt eben Ami.

UnabhΓ€ngig davon gilt jedoch: Jeder zweite Deutsche kann Amerika nicht ausstehen. Das ist natΓΌrlich nichts Neues und hat GrΓΌnde. Zum einen liegt es an der seelischen KrΓ€nkung, die vor knapp 70 Jahren stattfand, als ausgerechnet Kaugummi kauende US-Soldaten den nationalsozialistischen Wahn der Dichter und Denker beendeten und diese mit Coca Cola und Demokratie belΓ€stigten. Zum anderen nervt es β€žunsβ€œ, wenn die Amerikaner sich immer und ΓΌberall einmischen. Der Deutsche macht lieber gar nichts und sitzt stattdessen mit Popcorn in der ersten Reihe, um immer dann pΓΌnktlich den Zeigefinger zu heben, wenn die Amis in Afghanistan versehentlich einen Koran entsorgen. NatΓΌrlich nicht wissend, dass nur derjenige, der gar nicht handelt, frei von Fehlern ist.

SalonfΓ€higkeit des Anti-Amerikanismus

Insofern erstaunt es nicht, dass die Deutschen mehr Mitleid fΓΌr einen getΓΆteten Topterroristen als fΓΌr rund 3.000 Todesopfer empfanden, deren Vergehen darin bestand, sich rein zufΓ€llig in und um β€žprovozierendenβ€œ Wolkenkratzern aufzuhalten. Selbst schuld, raunte es vor ΓΌber zehn Jahren durch Redaktionsstuben und Wohnzimmer, wo heute eifrig daran gearbeitet wird, die TΓ€terschaft des Weißen Hauses und des Mossad doch noch irgendwie nachzuweisen. Eine gute Portion Amerika-Hass, bestehend aus Verachtung gegenΓΌber der Freiheit, der Moderne und dem Fortschritt, gehΓΆrt nun mal zum deutschen Nationalgericht. Toleranz wΓΌrde erst dann wieder Thema, wenn 52 Prozent der Deutschen die TΓΌrkei nicht sympathisch fΓ€nden.

Insofern hat Obama die Deutschen keineswegs frustriert, sondern vielmehr einen wesentlichen Beitrag zu deren Seelenhygiene geleistet. Nach vier elendig langen Jahren darf der Anti-Amerikanismus sich wieder ungestΓΆrt entfalten. Auch das haben β€žgerade wir als Deutscheβ€œ aus der Geschichte gelernt.

Die MΓΌnchenerin Jennifer Nathalie Pyka startete ihre journalistische Laufbahn schon frΓΌh: Sie gewann im zarten Alter von sechs Jahren den ΓΆrtlichen Lesewettbewerb, machte 2008 Abitur, hospitierte zwischendurch bei "BILD" sowie in einer PR-Agentur in San Francisco und schloss 2011 ihr Studium der Politik- und Kommunikationswissenschaft an der LMU MΓΌnchen ab. Dabei entwickelte sie ein Faible fΓΌr Schurken aller Art: In ihrer Abschlussarbeit widmete sie sich staatlich finanzierten Terroristen, auf ihrem Blog hingegen national und international agierenden Knallchargen.

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