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Darum checken junge Europäer so spät aus dem Hotel Mama aus


Nesthocker und Nestflüchter
Darum checken junge Europäer so spät aus dem Hotel Mama aus

Von dpa
Aktualisiert am 10.06.2025 - 13:58 UhrLesedauer: 3 Min.
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Statistiker haben ermittelt, wann junge Menschen aus dem Elternhaus ausziehen. (Symbolbild) (Quelle: Hendrik Schmidt/dpa/dpa-bilder)
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In welchen Ländern ziehen junge Menschen besonders früh aus? In welchen besonders spät? Eurostat hat die Antwort und sieht auch Unterschiede bei den Geschlechtern.

Männer lassen sich im Schnitt mehr Zeit beim Auszug. In Deutschland betrug der Unterschied im Durchschnittsalter im Jahr 2024 anderthalb Jahre: Während Frauen mit durchschnittlich 23,1 Jahren auszogen, taten Männer dies mit 24,6 Jahren. Insgesamt verlassen junge Menschen in Deutschland früher das Elternhaus (23,9 Jahre) als im EU-Durchschnitt (26,2).

Das teilt das Statistische Bundesamt auf Basis von Berechnungen der europäischen Statistikbehörde Eurostat mit. In sieben EU-Staaten war 2024 das Auszugsalter im Durchschnitt niedriger als in Deutschland, darunter die skandinavischen Staaten, die Niederlande (23,2) und Frankreich (23,5).

Besonders früh zogen die Menschen in Finnland (21,4 Jahre) und in Dänemark (21,7 Jahre) aus. Besonders spät verließen sie das Elternhaus in Kroatien (31,3 Jahre), der Slowakei (30,9 Jahre) und Griechenland (30,7 Jahre).

Schaut man auf die Menschen, die besonders lange bei den Eltern wohnen, wird der Unterschied zwischen den Geschlechtern noch deutlicher: 2024 wohnten in Deutschland 33,8 Prozent der 25-jährigen Männer noch im Haushalt der Eltern, aber nur 22,4 Prozent der Frauen.

Junge Skandinavier können es sich leisten auszuziehen

Einer der Hauptgründe für die frühe Nestflucht der Skandinavier ist die finanzielle Unterstützung von Schülerinnen, Studierenden und Auszubildenden durch den Staat. Unabhängig vom Einkommen der Eltern bekommen sie einen staatlichen Zuschuss, den sie nicht zurückzahlen müssen.

Zudem gibt es relativ viele Studentenwohnheime und staatlich geförderte, für junge Menschen reservierte Mietwohnungen. Zudem ist es für viele auch notwendig. Im dünn besiedelten Norden Schwedens und Finnlands ist es oft weit bis zur nächsten weiterführenden Schule; aber auch im kleinen Dänemark sind die gymnasiale Oberstufe, Berufsschulen und Ausbildungszentren vor allem in den wenigen Großstädten konzentriert.

Nicht zuletzt herrscht in Skandinavien eine Kultur, in der Selbstständigkeit und Individualismus gefördert werden. Eltern befürworten meist Abenteuerlust und Freiheitsdrang ihrer Kinder. Familienstrukturen sind oft lockerer als in Südeuropa.

Spezielles Familienkonzept in Griechenland

In Griechenland oder Zypern gilt dagegen eine Frage wie "Wann planst du denn auszuziehen?" geradezu als Tabu. Sehr hohe Mieten und fehlende gut bezahlte Arbeitsmöglichkeiten zwingen junge Menschen in Griechenland oft dazu, im Elternhaus zu bleiben, um Geld zu sparen.

Außerdem hat die Familie eine große Bedeutung, und zwar in dem Sinne, dass Eltern ihren Kindern Unterkunft und finanzielle Hilfe anbieten, während die Kinder - hauptsächlich die Söhne - im Gegenzug den Eltern helfen, insbesondere in Notfällen oder im hohen Alter.

Italien zwischen "Bamboccioni" und "Boomerang-Generation"

In Italien ist das Klischee der sogenannten Bamboccioni (junge Erwachsene, die aus Bequemlichkeit oder Unselbstständigkeit bei ihren Eltern wohnen bleiben) weit verbreitet.

Die Realität ist jedoch härter: Viele junge Menschen haben keine andere Wahl. Etwa jeder Siebte im Alter zwischen 15 und 29 Jahren ist weder in Ausbildung noch berufstätig. Und wer arbeitet, findet oft nur befristete oder prekäre Beschäftigungsverhältnisse.

Hinzu kommt, dass stagnierende Löhne den Zugang zu Hypotheken erheblich erschweren. Zwar gilt Italien mit gut 70 Prozent Eigenheimbesitz als Eigentümerland, doch gerade junge Menschen bleiben vom Immobilienmarkt zunehmend ausgeschlossen.

Zudem spricht man in Italien aktuell auch von einer "Boomerang-Generation": Gemeint sind Menschen, die nach Jahren der Unabhängigkeit wieder zu ihren Eltern ziehen. Geldgründe spielen eine Rolle, aber auch emotionale Faktoren wie Einsamkeit oder das Bedürfnis nach familiärer Unterstützung.

Harter Immobilienmarkt in der Slowakei

In der Slowakei sorgte der Staat in der Zeit des "Realsozialismus" für Wohnraum. Nach der Wende wurden die Wohnungen allesamt privatisiert und kaum mehr neue gebaut. In Boom-Städten wie Bratislava ist es für private Investoren lukrativer, in Büroimmobilien als in Wohnungen zu investieren.

Dass Menschen hier vergleichsweise lange bei ihren Eltern wohnen bleiben, hat weniger mit den scheinbaren Vorzügen des "Hotel Mama" zu tun als mit der Härte des Immobilienmarkts.

Da es kaum freie Mietwohnungen gibt, bleiben junge Leute auch als Berufstätige bei den Eltern, bis sie genug Geld verdient haben, um sich eine eigene Wohnung kaufen zu können. Und das kann in dem Niedriglohnland lange dauern.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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