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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Stichproben legen schlechte Qualität nahe Krankheitsanzeichen bei Geflügelfleisch von Edeka

Tierschützer attestieren Edeka schlechte Qualität des Geflügelfleischs. Die Probleme seien auf Zuchtbedingungen zurückzuführen. Die Kette sieht sich zu Unrecht angeprangert.
Hühnerbrustfilets der Edeka-Eigenmarke "Gut & Günstig" weisen bundesweit Anzeichen von Muskelverfettung bei den verarbeiteten Tieren auf. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, der t-online vorliegt und noch diese Woche veröffentlicht werden soll. Er beruht laut Angaben der Tierschutzorganisation auf 548 Proben in 67 Edeka-Filialen. Bei knapp 95 Prozent der Testkäufe seien weiße Streifen im Fleisch festgestellt worden.
"Systematische Probleme in der Zucht"
Beim sogenannten "White Striping" handelt es sich um eine Krankheit, die zu weißen Fettablagerungen im Muskelgewebe und damit zu höherem Fett- und geringerem Proteinanteil im Fleisch führt. Studien belegen bislang, dass häufiger Vögel betroffen sind, die auf schnelleres Wachstum hin gezüchtet wurden. Eine Ursache dafür könnte mangelnde Sauerstoffversorgung des Gewebes sein, die auf das massive Wachstum zurückzuführen ist.
Der Bericht der Stiftung vermutet jedenfalls "systematische Probleme in der Zucht der Tiere", die für die Edeka-Produkte geschlachtet werden. Die Ergebnisse wiesen demnach darauf hin, dass viele der Tiere auch von weiteren Folgen der Überzüchtung betroffen seien, heißt es in dem Bericht. Zur Verbesserung der Zucht- und Haltungsbedingungen solle Edeka – wie bereits Rewe, Aldi und Lidl – der von der Stiftung initiierten "Europäischen Masthuhn-Initiative" (ECC) beitreten, die zur Verwendung langsam und robust wachsender Rassen verpflichtet.
Edeka: "stellvertretend angeprangert"
Die Einzelhandelskette weist die Vorwürfe zurück. "Edeka wird in diesem Report nur stellvertretend angeprangert – vermutlich, weil wir uns aus fachlichen Erwägungen und aufgrund besserer Alternativen nicht der ECC angeschlossen haben", sagte ein Sprecher t-online. Offenbar gehe es um eine "grundsätzliche Kritik" an der von Edeka vor über zehn Jahren gegründeten "Initiative Tierwohl", die fünf qualitative Haltungsformen unterscheidet.
Haltungsstufe 2, die bei dem Label als Standard gilt, lässt die Verwendung schnellwachsender Geflügelrassen weiter zu. Zuletzt hatte es auch vehemente Kritik von Greenpeace und anderen Tierschützern an den mit der Stufe verbundenen Haltungsbedingungen in Schweineställen gegeben. Die Influencerin Bianca "Bibi" Heinicke hatte in einem viel beachteten Video von Tierquälerei gesprochen. Edeka wies auch diese Vorwürfe zurück.
Stiftung: "Tatenlosigkeit unverantwortlich"
Seit Jahren baue Edeka das Angebot der Geflügelprodukte in den Haltungsformen 3, 4 und 5 (Bio) deutlich aus, sagte der Edeka-Sprecher t-online. "Genauso wie unsere Wettbewerber streben wir an, ab dem Jahr 2030 unter unseren Eigenmarken nur noch Fleisch der höheren Haltungsformen 3, 4 und 5 anzubieten." Die Kriterien dieser Haltungsstufen lägen über denen der "Europäischen Masthuhn-Initiative".
Ein Argument, das die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt nicht gelten lassen will. Es sei eine "ungeschickte Ausrede", sagte Kampagnenleiterin Irina Fronescu t-online. Schließlich habe die Stiftung die Kriterien für Deutschland extra angepasst und Lidl, Aldi, Rewe und andere Supermarktketten hätten sich bereits verpflichtet. Die Kritik richte sich konkret gegen Edeka.
"Von allen großen Lebensmitteleinzelhändlern in Deutschland hat Edeka bisher am wenigsten für eine Erhöhung der Tierschutzstandards getan", sagte Fronescu, "Und das, obwohl Edeka der Händler mit der größten Marktmacht ist und sich mit seinem großen Werbebudget ein sehr gutes Image aufgebaut hat. Diese Tatenlosigkeit in der Sache ist unverantwortlich." Die Kette versuche, ihre Verantwortung auf Politik und Lieferanten abzuwälzen.
- Eigene Recherchen