Liberia und Sierra Leone sind nahezu verloren

Niederschmetterndes Urteil: Sierra Leone und Liberia sind nach EinschΓ€tzung deutscher Virologen wohl kaum noch zu retten. Um es klar zu sagen: Fast jeder Einwohner ist akut gefΓ€hrdet, sich mit Ebola zu infizieren. Damit droht rund fΓΌnf Millionen Menschen der Tod.
Jonas Schmidt-Chanasit und seine Kollegen vom Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg haben nur noch wenig Hoffnung, dass diesen Menschen zu helfen ist: "Der Zeitpunkt wurde verpasst", konstatiert der Mediziner in einem Interview mit der "Deutschen Welle".
Ausbreitung auf NachbarlΓ€nder unbedingt vermeiden
Jetzt sei es das Wichtigste, ein Γbergreifen der Epidemie auf andere LΓ€nder zu verhindern - und dort zu helfen, "wo es noch mΓΆglich ist, in Nigeria und Senegal etwa", so der Virologe.
Doch Schmidt-Chanasit ist keineswegs zynisch: Auch wenn er weiΓ, wie extrem schwierig es ist, die Lage in Sierra Leone und Liberia zu verbessern, so fordert er dennoch "massive Hilfe". Auch mΓΌsse sehr, sehr viel Geld in die weitere Entwicklung von Impfstoffen investiert werden, fordert er im GesprΓ€ch mit dem Sender.
Lage in Liberia extrem ernst
Die Regierung von Sierra Leone hat unterdessen eine 21-tΓ€gige QuarantΓ€ne fΓΌr alle Haushalte verhΓ€ngt, in denen eine Ebola-Infektion bekannt geworden ist. Soldaten und Polizisten bewachen die HΓ€user, und sollen verhindern, dass Personen, die Kontakt zu den Erkrankten hatten, das Haus verlassen.
In Liberia dagegen fahren Ebola-Infizierte mit Sammeltaxis durch die Hauptstadt Monrovia auf der Suche nach einem Krankenbett. Finden sie keinen Platz in einer Klinik, kehren sie nach Hause zurΓΌck. So kann sich das Virus ungehindert und rasant ausbreiten. Die Lage ist extrem ernst: Liberia ist das Land mit der hΓΆchsten Zahl von Infizierten, die Todesrate unter den Erkrankten liegt bei 60 Prozent.
"Wie ein Waldbrand, der alles vernichtet"
FΓΌr seine alarmierenden Worte wird Virologe Schmidt-Chanasit scharf kritisiert. Solche Aussagen seien "nicht konstruktiv", heiΓt es von der Welthungerhilfe. Das Problem sei lΓΆsbar, die MaΓnahmen wΓΌrden Fortschritte zeigen, behauptet Jochen Moninger, der Landeskoordinator fΓΌr Sierra Leone.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kommt zu einer anderen EinschΓ€tzung. Demnach droht die Epidemie in Westafrika auΓer Kontrolle zu geraten. Die Zahl neuer Patienten steige viel schneller als die KapazitΓ€ten zur BewΓ€ltigung der FΓ€lle, warnte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan. "Was fΓΌr Fall- und Totenzahlen wir auch immer mitteilen, sie sind zu niedrig."
"Heute steht in ganz Liberia kein einziges Bett zur Behandlung eines Ebola-Patienten zur VerfΓΌgung", sagte Chan. Ihre Schilderungen scheinen Schmidt-Chanasit Recht zu geben. Liberias Verteidigungsminister Brownie Samukai warnte bereits vor einigen Tagen, die Existenz des Landes stehe auf dem Spiel. Die Krankheit breite sich wie ein Waldbrand aus, der alles in seinen Weg vernichte, sagte der Minister im UN-Sicherheitsrat.