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Angriff auf Tesla-Werk in Grünheide: Das sind die "Vulkangruppen"


"Außerplanetarische Verbündete"
Das wirre Pamphlet der Tesla-Angreifer


Aktualisiert am 05.03.2024Lesedauer: 4 Min.
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Brandanschlag auf Tesla-Fabrik: Die sogenannte "Gigafactory" wurde am Dienstag evakuiert. (Quelle: dpa)

Die linksradikalen "Vulkangruppen" haben sich zum Brandanschlag auf die Tesla-Fabrik bei Berlin bekannt. Sie zielen dabei vor allem auf Elon Musk – und den Kapitalismus.

Der Brandanschlag auf einen Strommast in der Nähe der Tesla-Fabrik bei Berlin bestimmte die Schlagzeilen am Dienstag. Gegen Mittag erschien auf der bekannten linksradikalen Website "Kontrapolis" ein Bekennerschreiben der sogenannten "Vulkangruppe Tesla abschalten!". Der Staatsschutz ermittelt.

In ihrem Schreiben erklären die mutmaßlichen Täter, was sie mit dem Angriff auf den Strommast nahe der sogenannten "Gigafactory" erreichen wollten. Es ist nicht die erste Attacke der Vulkangruppen auf die Infrastruktur in der Nähe Berlins. Welche Ziele haben die Vulkangruppen? Wie sind sie politisch einzuordnen? Und welche Angriffe haben sie bereits in der Vergangenheit begangen? t-online beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wer sind die Vulkangruppen?

Die Vulkangruppen bekannten sich in den vergangenen Jahren immer wieder zu politisch motivierten Angriffen auf die Infrastruktur, vor allem in und um Berlin. Bei den ersten Sabotageakten in den Jahren 2011 und 2013 bezogen sich die Verursacher noch auf die isländischen Vulkane Eyjafjallajökull, Hekla und Grimsvötn.

Im Jahr 2018 bekannte sich die "Vulkangruppe NetzHerrschaft zerreißen" dazu, mehrere Kabelverbindungen in Berlin-Charlottenburg durchtrennt zu haben. 6.500 Haushalte und 400 Gewerbeeinheiten waren damals für mehrere Stunden ohne Strom. Damals ermittelte der für politisch motivierte Straftaten zuständige Staatsschutz – ohne Erfolg. Als Ziel erklärten die Verursacher des Stromausfalls damals, mit ihrem Sabotageakt den Betrieb am Flughafen Tegel und die Netzverbindungen im Regierungsviertel lahmlegen zu wollen.

2019 erfolgte eine weitere Sabotageaktion – dieses Mal gingen die Täter gegen die Kabel der S- und Fernbahn in Berlin-Karlshorst zu Werke. Die "Vulkangruppe OK" bekannte sich in einem Bekennerschreiben auf der Plattform "Indymedia" zu der Tat und solidarisierte sich damals mit den Klimaaktivisten von "Fridays for Future". "Zu einem richtigen Generalstreik gehören auch Blockaden und feurige Sabotageaktionen", schrieb die Gruppe damals.

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Zum Angriff auf den Strommast bekannte sich erneut eine der sogenannten Vulkangruppen. Dieses Mal gaben sich die mutmaßlichen Verursacher des Brandes bei Grünheide den Namen "Tesla abschalten!". Mit ihrem Vorhaben waren sie erfolgreicher als ihre Vorgänger – denn der Betrieb in der sogenannten "Gigafactory", wie Tesla das große Fertigungswerk selbst bezeichnet, stand am Dienstag still. Erneut ermittelt der Staatsschutz gegen die Gruppe.

Wo stehen die Vulkangruppen politisch?

Aus den bisherigen Bekennerschreiben der Vulkangruppen lässt sich eine eindeutig linksextreme und antikapitalistische Haltung herauslesen. In ihrer Tonalität ähneln die Bekennerschreiben der Gruppe dem antikapitalistischen Pamphlet "Der kommende Aufstand", das im Jahr 2007 von einer französischen Gruppe mit dem Namen "Unsichtbares Komitee" veröffentlicht wurde.

Das "Unsichtbare Komitee" beschreibt in "Der kommende Aufstand" die "Symptome des Zusammenbruchs der westlichen Demokratien". Als Alternative zum derzeitig vorherrschenden System schlagen die Verfasser eine Gesellschaft von föderierten Kommunen und selbstverwalteten, ökologischen Organisationen vor.

Ideologisch schlagen die Bekennerschreiben der Vulkangruppen in eine ähnliche Kerbe. Als wichtiges Kernelement für ihre Motivation zum Anschlag auf den Strommast in der Nähe der "Gigafactory" führen der Verursacher allerdings noch einen radikalen, intersektionalen Feminismus ins Feld. "Unser Geschenk zum 8. März heißt, Tesla abzuschalten" – der 8. März ist der internationale Frauentag, an dem insbesondere linke und linksradikale Gruppen auf die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern aufmerksam machen. Seit 2019 ist der 8. März ein gesetzlicher Feiertag in Berlin.

Was steht im Bekennerschreiben der Gruppe?

Im Bekennerschreiben solidarisiert sich die "Vulkangruppe Tesla abschalten!" mit den Protestierenden, die Teile des Waldes in der Nähe des Tesla-Werkes besetzt haben, um den Ausbau der Fabrik zu verhindern. "Tesla ist ein Symbol für 'grünen Kapitalismus' und einen totalitären technologischen Angriff auf die Gesellschaft", heißt es im Schreiben der Gruppe. Insbesondere der hohe Wasserverbrauch der Tesla-Fabrik wird kritisiert.

Außerdem wirft die Gruppe Tesla einen "totalitären technologischen Angriff" vor. Die Kameratechnologie in den Fahrzeugen sei ein Überwachungswerkzeug, das der Konzern zu Übungszwecken für seine selbstfahrende Künstliche Intelligenz nutze. "Kein Tesla auf der Welt soll mehr sicher sein vor unserer flammenden Wut", heißt es im Bekennerschreiben.

Doch der linksradikalen "Vulkangruppe" geht es nicht nur um Tesla, sondern auch um weitere Unternehmungen Elon Musks. So ist auch das Satellitensystem Starlink ein Dorn im Auge der mutmaßlichen Brandstifter von Grünheide. "Starlink ist ein militärischer Akteur", heißt es im Bekennerschreiben. Die ukrainische, die russische und die israelische Armee nutzten das System, um Angriffe durchzuführen – dementsprechend sei es vollumfänglich abzulehnen: "Aufgerollt wie eine Perlenkette aus Müll durchpflügen sie (die Starlink-Satelliten, Anm. d. Red.) den Himmel, um die Überwachung total zu machen."

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Nach ihrer Kritik an Musk und seinen Firmen richtet sich die "Vulkangruppe Tesla abschalten!" gegen den Kapitalismus im Allgemeinen – bevor sie eine detaillierte Anleitung zur Zerstörung der Kabel in einem Strommast formuliert. Ob der Strommast in Grünheide wirklich auf die dargestellte Art angegriffen wurde und die im Bekennerschreiben formulierte Methode damit Täterwissen darstellt, kann derzeit nicht unabhängig überprüft werden.

Allgemein liest sich das Bekennerschreiben nicht wirklich wie eine kritische, theoretische Auseinandersetzung einer linksradikalen Gruppe, sondern teilweise wie ein etwas durchgeknalltes Pamphlet mit einer gehörigen Portion geistiger Verwirrung. So ist im Bekennerschreiben auch von "außer planetarischen Verbündeten" die Rede, die Elon Musk im Falle seiner hypothetischen Flucht von der Erde auf den Mars erwarten würden. "Sonnenstürme würden seine Rakete crashen", heißt es weiterhin.

Hat der Staat die "Vulkangruppen" auf dem Schirm?

Ja. Bereits im Jahr 2018 finden die Vulkangruppen Erwähnung im Verfassungsschutzbericht des Bundesinnenministeriums – damals wegen des oben erwähnten Angriffs in Berlin-Charlottenburg. Dort heißt es über die Gruppe: "Durch Anschläge auf die Netzinfrastruktur soll zunächst der Betreiber direkt getroffen werden. Der plötzliche Wegfall von gewohnter Infrastruktur und Versorgungsleistung soll darüber hinaus bei den mittelbar Betroffenen, wie beispielsweise Pendlern oder privaten Internetnutzern, einen 'Denkprozess' anstoßen und ihnen verdeutlichen, dass sie von 'Kontrollinstrumenten' entkoppelt beziehungsweise 'befreit' worden sind."

Auch der Brandenburger Verfassungsschutz hat die "Vulkangruppen" auf dem Schirm. Im Bericht aus dem Jahr 2020 erwähnt die Behörde die Linksradikalen im Zusammenhang mit einem Brandanschlag auf das Heinrich-Hertz-Zentrum in Berlin. Damals wollte die verantwortliche "Vulkangruppe" mit ihrer Aktion militante Kritik an der Corona-App üben. "Wir haben heute, um jeder weiteren Aufweichung der Grundrechte und dem Ausbau der Überwachungsmaßnahmen entgegenzuwirken, einen Schacht mit Kommunikationskabeln, die u. a. das 'Heinrich-Herz-Institut' versorgen, in Brand gesetzt", heißt es in einem vom Verfassungsschutz zitierten Bekennerschreiben.

Verwendete Quellen
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