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Westerwald-Mörder: Versendet er rätselhafte Grüße im Netz?


Dreifach-Mörder aus dem Westerwald
Mysteriöse Grußkarten aufgetaucht


Aktualisiert am 28.06.2025 - 12:30 UhrLesedauer: 5 Min.
Fahndungsbilder von Alexander Meisner: Die Polizei verdächtigt ihn des dreifachen Mordes.Vergrößern des Bildes
Fahndungsbilder von Alexander Meisner: Die Polizei verdächtigt ihn des dreifachen Mordes. (Quelle: Polizei Rheinland-Pfalz)
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Eine Familie im Westerwald wird ermordet, der mutmaßliche Täter taucht ab – doch sein Social-Media-Profil bleibt aktiv. Ist er noch am Leben – oder manipuliert jemand seinen Account?

In der Nacht zum 6. April 2025 wählte eine Frau im kleinen Ort Weitefeld im Westerwald den Notruf. Es war 3.45 Uhr, als sie die Polizei um Hilfe rief. Wenige Minuten später trafen die ersten Einsatzkräfte am Tatort ein – doch für die dreiköpfige Familie kam jede Hilfe zu spät. Vater (47), Mutter (44) und ihr 16-jähriger Sohn waren tot. Teils mit Kabelbindern gefesselt, erschossen und erstochen.

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Der mutmaßliche Täter floh, noch bevor die Polizei das Haus sichern konnte. Er soll sich zunächst im Haus versteckt und schließlich durch ein Hinterfenster abgesetzt haben – offenbar in letzter Sekunde. Die Ermittler vermuteten schnell, wer für die Bluttat verantwortlich sein könnte: Alexander Meisner, 61 Jahre alt, ehemaliger Soldat aus dem benachbarten Elkenroth. Seit jener Nacht fehlt von ihm jede Spur.

Alexander Meisner ist für die Polizei kein Unbekannter. Der 61-Jährige, geboren in Kasachstan, war 2011 wegen versuchten Totschlags an seiner damaligen Ehefrau verurteilt worden. Laut Medienberichten soll er damals mit einem Messer auf sein Opfer eingestochen haben. Einer der beiden Söhne verhinderte wohl Schlimmeres, indem er eingegriffen habe. Zudem wurde er 2018 zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt – wegen verbaler Bedrohung gegen seine Ex-Frau.

Weiße Tauben und rote Rosen

Während die Ermittler im Westerwald nach Meisner fahnden, gibt es im Netz Hinweise, dass der Gesuchte längst irgendwo untergetaucht sein könnte – vielleicht sogar im Ausland. Auf Meisners Profil bei der russischen Social-Media-Plattform ok.ru sind auch nach der Tat wiederholt Aktivitäten zu beobachten.

Bereits am Tag nach dem Mord, dem 7. April, wird von Meisners Profil ein russisches Video mit einem Like versehen – es zeigt Brunnen in der Stadt Orsk, nahe der kasachischen Grenze. In den Wochen danach tauchen auf dem Account sogenannte digitale Grußkarten auf: kitschige Bilder mit Sprüchen, Blumen- und Taubenmotiven. Insgesamt sind es inzwischen 17 solcher Grüße, die an verschiedene Personen verschickt wurden.

Zuletzt wurden am 22. Juni von Meisners Profil gleich fünf solcher digitaler Karten an eine Tatiana im sibirischen Nowosibirsk verschickt. Eine der Grußkarten zeigt weiße Tauben. "Guten Morgen! Frieden und Gutes für alle!", lautet der Schriftzug auf dem Bild.

Auf einer anderen heißt es "Danke von ganzem Herzen!" vor dem Motiv roter Rosen. Auf einer dritten digitalen Karte ist ein Arrangement mit Cocktails und Snacks an einem Pool zu sehen. "Einen leckeren Sonntag, großartige Laune!", war der übermittelte Wunsch hier.

Im Gegenzug bekommt auch Meisner Grußkarten mit kitschigen Motiven – vornehmlich von Frauen in Russland.

Auf der Plattform ist ein automatischer Versand solcher Karten nicht möglich. Das heißt: Jemand muss sie manuell abgeschickt haben. Die Frage ist: Ist es Meisner selbst oder nutzt ein Dritter seinen Zugang und versendet die Grüße in seinem Namen?

Unklarheit bei Social-Media-Spuren

Den Ermittlern ist das Social-Media-Profil von Alexander Meisner bekannt. Doch ob die digitalen Grüße wirklich von ihm stammen, lässt sich nicht eindeutig klären. Der zuständige leitende Oberstaatsanwalt Mario Mannweiler erklärte in einem Gespräch mit der "Bild"-Zeitung: "Die IT-technische Bewertung hat ergeben, dass aus dem Erscheinen der Grußkarten kein verlässlicher Rückschluss auf den Versandzeitpunkt gezogen werden kann. Denkbar ist auch, dass ein Dritter sich den Account zunutze macht bzw. gemacht hat. Dem wird im Rahmen der Personenfahndung nachgegangen."

Eine Klärung wäre vor allem über den Betreiber der Plattform möglich – doch der sitzt in Russland. Und von dort ist derzeit keine Unterstützung zu erwarten. "Leider ist der Rechtshilfeverkehr mit Russland aufgrund der momentanen politischen Situation zum Erliegen gekommen, sodass von dort aus keine Unterstützung zu erwarten ist", so Mannweiler.

Der Internetauftritt des Alexander Meisner

Auf der Plattform ok.ru meldete sich Meisner wohl erst Ende vergangenen Jahres an – und zeigte rege Aktivitäten. Auf einem Foto posiert er im schwarzen Unterhemd, trägt Arbeitshandschuhe und hält eine Holzlatte fest. Dazu schreibt er, er liebe seinen Arbeitsplatz und brauche – angesichts der körperlichen Arbeit – kein Fitnessstudio.

Mehrfach zeigt er sich mit seinem SUV, einem grauen BMW. Mal beim Tanken, mal beim Einkauf von Blumenerde. Ein Blick in den Innenraum zeigt: Chipstüte, Energydrink und eine Bierdose liegen auf dem Beifahrersitz. Mehrfach filmt sich Meisner beim Fahren, wedelt dabei wild mit der Kamera. In einem anderen Video zeigt er eine selbst gebaute Sauna und lädt Bilder seiner Katze Mascha hoch.

"Freue dich, solange du lebst"

Doch zwischen den harmlosen Alltagsszenen tauchen skurrile Inhalte auf. In einem Video kippt er sich – nur mit Unterhose bekleidet – mitten im Winter einen Eimer eiskaltes Wasser über den Körper. In anderen Clips tanzt er, wirkt fahrig, zappelt wild oder klimpert auf einem Akkordeon. "Tanz, ohne das Gesetz des Landes zu brechen, in dem ich lebe", schreibt er zu einem der Auftritte.

In einem weiteren Video trägt er eine Clownsmaske und erklärt, er habe sich entschieden, ein "dummer Idiot" zu werden – so könne er mehr herumblödeln. Sein Profilbild zeigt die kasachische Fahne, daneben hängt ein Kreuz.

Eine Woche vor der mutmaßlichen Tat im Westerwald schreibt Meisner: "Freue dich, solange du lebst." Ohne Kontext, ohne Erklärung. Nur drei Tage vor dem Mord postet er zwei russische Lieder – lediglich mit dem Buchstaben "M" versehen. Die Titel: "Der Herbst kommt bald, meine Herren" und "Halte mich mit deinen Händen".

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Flucht ins Ausland plausibel

Die Polizei durchkämmt seit der Flucht von Meisner Wälder, befragt mögliche Zeugen, überprüft Hinweise. Im Raum steht auch die Frage: Hat der Verdächtige womöglich Suizid begangen? Irgendwo im unwegsamen Gelände, fernab des Tatorts. Vielleicht so abgeschieden, dass ihn bis heute niemand entdeckte.

Doch die Aktivitäten auf dem Profil von ok.ru widersprechen dieser Theorie – sollten sie denn von ihm selbst stammen. Dass Meisner ins Ausland geflüchtet sein könnte, erscheint plausibel – immerhin hat er Bezüge in den russischsprachigen Raum, spricht fließend Russisch und suchte offenbar Kontakt zu Menschen dort. Zudem verliert man als kasachischer Staatsbürger nicht die Bürgerschaft - solange man nicht aktiv auf diese verzichtet und beim Konsulat nicht das notwendige Verfahren einleitet. Meisner könnte sich also problemlos in Kasachstan aufhalten.

Die Fahndung nach Alexander Meisner

Seit der Nacht des 6. April fahnden die Ermittler nach Meisner. Die Staatsanwaltschaft hat einen Haftbefehl wegen des Verdachts auf dreifachen Mord gegen ihn erwirkt.

Die Polizei gab die folgende Beschreibung des Flüchtigen heraus: Meisner ist 1,74 Meter groß, wiegt etwa 74 Kilogramm, hat braune Haare und blau-graue Augen, möglicherweise trägt er gelegentlich eine Brille. Auffällig sind mehrere Narben: am rechten Oberarm, an der linken Augenbraue und am linken Unterarm. Auf dem linken Handrücken ist der Name "Katja" eintätowiert – in kyrillischer Schrift. Er spricht fließend Deutsch und Russisch.

Die Behörden ermitteln weiter, auch international. Doch solange sich keine Spur verdichten lässt, bleibt offen, ob Alexander Meisner untergetaucht ist – oder längst tot.

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