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Ukraine-Krieg: Russische Sommeroffensive – Putins Angriff hängt fest


Krieg in der Ukraine
Putin geht die Luft aus


28.06.2025 - 14:01 UhrLesedauer: 5 Min.
Wladimir Putin: Bislang konnte die Ukraine seine Sommeroffensive stoppen.Vergrößern des Bildes
Wladimir Putin: Bislang konnte die Ukraine seine Sommeroffensive stoppen. (Quelle: Sergey Bobylev/reuters)
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Die russische Armee verzeichnet im Ukraine-Krieg zwar kleine Erfolge, aber bislang ist Wladimir Putins Sommeroffensive verpufft. Trotzdem spitzt sich die Lage für die ukrainische Armee zu.

Immer wenn das weltweit stärkste Militär in einen Konflikt eingreift, schauen Freunde und Feinde genauer hin. Einerseits beteiligte sich die US-Armee direkt an Israels Krieg gegen den Iran und setzte dabei auch B-2-Tarnkappenbomber ein. Andererseits kämpfte auch die israelische Luftwaffe mit der modernsten Technologie "Made in USA". Die technologische Überlegenheit in diesem kurzen Krieg wurde zur Machtdemonstration der Amerikaner, und somit auch für die Nato.

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In diesem Zusammenhang waren die vergangenen zwei Wochen weltweit für viele Militärs aufschlussreich. Auch für russische Analysten dürfte sich eine Erkenntnis bewahrheitet haben: Wenn die Nato in Europa zusammenhält, steht Russland einer Übermacht gegenüber.

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Quelle: t-online

Für Kremlchef Wladimir Putin ist das womöglich eine Bestätigung seiner Strategie: Russland geht es darum, die Einigkeit der Nato in Europa zu untergraben. Etwa durch Drohungen mit einem Atomkrieg oder durch Putins Gespräche mit US-Präsident Donald Trump, um die USA langsam aus dem transatlantischen Bündnis zu lösen.

Die westlichen Unterstützer und insbesondere die USA unterstützen zwar seit mehr als drei Jahren die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland. Aber ihre modernsten Technologien halten sie zurück, und davon profitiert Putin.

Während sich der Fokus der Weltöffentlichkeit auf den Nahen Osten verlagerte, konnte die russische Armee in ihrem Angriffskrieg gegen die Ukraine weiterhin Fortschritte erzielen. Trotzdem muss der Kremlchef einen Rückschlag hinnehmen: Denn seiner Sommeroffensive geht die Luft aus.

Russland forciert Luftangriffe

Natürlich hatte der Krieg im Nahen Osten auch Nachteile für Putin. Mit dem iranischen Mullah-Regime wurde ein enger Verbündeter Moskaus geschwächt. Darüber hinaus hat diese Eskalation gezeigt, dass Teheran in dem Krieg von seinen Verbündeten Russland und China am Ende allein gelassen würde. Mehr dazu lesen Sie hier.

Aber aus russischer Perspektive ist der schlimmste Fall – ein Regimewechsel im Iran – ausgeblieben. Außerdem hatte die Eskalation im Nahen Osten für Russland eher positive Folgen für den eigenen Krieg in der Ukraine. Denn die ukrainischen Verteidiger kämpfen mit einem immer größer werdenden Mangel an Munition für Flugabwehrsysteme.

So hatte die US-Regierung, nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, eine für die Ukraine bestimmte Lieferung von Antidrohnenraketen in den Nahen Osten umgeleitet. Die Geschosse seien speziell zum Abfangen iranischer Kamikazedrohnen vom Typ Shahed entwickelt worden, sagte Selenskyj dem US-Sender ABC News Anfang Juni. "Wir haben uns auf diese 20.000 Raketen verlassen."

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Nachschubprobleme gibt es auch bei der Munition für Patriot-Flugabwehrsysteme amerikanischer Bauart. Trump gab auf dem Nato-Gipfel in Den Haag zu, dass die Systeme "schwer zu beschaffen" seien und dass die USA selbst und Israel sie benötigten. Der US-Präsident erklärte nach einem Gespräch mit Selenskyj zwar, dass er die Lieferungen weiterer Patriot-Systeme an die Ukraine prüfen werde. Aber das ist keine konkrete Zusage, und die bräuchte Kiew eigentlich dringend.

Die Folgen dieses Mangels für die Ukraine wiegen schwer. Russland hat im Juni die Zahl seiner Drohnen-, Luft- und Raketenangriffe massiv erhöht. Immer wieder gibt es Luftalarm, Angriffe auf viele ukrainische Großstädte wie Kiew, Dnipro oder Charkiw. Teilweise gab es im Juni in einer Nacht Angriffswellen mit insgesamt mehr als 400 Drohnen, die sich auf militärische und zivile Ziele stürzten.

Die ohnehin schon geschwächte ukrainische Flugabwehr kann diese Angriffe auch in Frontnähe immer schwerer abwehren. Dadurch verspricht sich Moskau größere Geländegewinne bei der russischen Sommeroffensive.

Russische Sommeroffensive stockt

Doch bislang stockt Putins Offensive. Die russische Armee hat zwar weiterhin die Initiative, aber es ist ein langsamer Vormarsch. Dorf für Dorf, Acker für Acker. Schwerpunkte der russischen Angriffe liegen weiterhin im Donbass, wo die russische Armee versucht, die von Putin völkerrechtswidrig annektierten Oblaste Donezk und Luhansk zu erobern. Doch trotz ihrer quantitativen Überlegenheit tut sich die russische Armee schwer. Es scheint zumindest aktuell unrealistisch, dass sie mittelgroße und strategisch wichtige Städte wie Pokrowsk im Osten erobern kann.

Russlands Probleme hängen vor allem am Mangel an militärischem Großgerät. Putin hat aktuell zu wenig Kampf- und Schützenpanzer in der Ukraine. Durch die hohen Verluste der vergangenen Monate kommt hinzu, dass die russischen Kräfte eine immer kürzere Ausbildungszeit bekommen.

Daher greift die russische Armee vor allem mit Infanteriewellen aus schlecht ausgebildeten Soldaten an, die von einem immer besser werdenden Drohnennetz der Ukraine an der Front gut aufgeklärt und bekämpft werden können. An der Kontaktlinie an der Front tobt aktuell ein Abnutzungskrieg mit Drohnen.

Die russische Armee konnte in den vergangenen Monaten dort vorrücken, wo die Bedingungen für Angreifer im Donbass gut erscheinen. Das Gelände ist flach, zeichnet sich durch große landwirtschaftliche Flächen und nur kleine Ortschaften aus. Hier konnte Russland mit Infanterieverbänden operieren, die schnell – etwa mit Motorrädern oder zivilen Fahrzeugen – vorrückten und mit Unterstützung von russischen Gleitbomben, Artillerie und Drohnen kleinere Ortschaften einnahmen.

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Doch das eigentliche operative Ziel des Kremls liegt woanders. Die russische Armee soll die Verteidigungslinie von Pokrowsk im Süden bis Kupjansk im Norden so umschließen, dass die ukrainischen Verteidiger ihre Stellungen in den Städten aufgeben müssen.

Denn im urbanen Kampf hat die Ukraine einen deutlichen Vorteil. Geht es in den Häuserkampf, könnten die Probleme für Putins Armee noch größer werden. Deshalb setzt Moskau aktuell weiterhin darauf, die ukrainische Armee aus der Luft und mit Drohnen aus der Entfernung zu schwächen und rückt nur langsam vor.

Ist der Angriff auf Sumy ein Ablenkungsmanöver?

Ein weiterer russischer Angriffsschwerpunkt ist die Stadt Sumy im Norden. Hier will der Kreml offenbar ukrainische Verbände binden, damit diese nicht im Donbass eingreifen können. Außerdem will Russland mit diesem Angriff laut Experten eine Pufferzone errichten, damit die Ukraine nicht – wie bei dem Angriff auf den Oblast Kursk – russisches Staatsgebiet angreifen kann.

Aber auch im Raum Sumy kommt die russische Armee aktuell nicht weiter. Die ukrainische Führung erklärte, dass sie die russische Sommeroffensive an allen Fronten gestoppt habe. Dass sich an den Fronten wenig bewegt, heißt aber nicht, dass nicht weiter gekämpft wird. Im Gegenteil: Beide Seiten verzeichnen täglich weiterhin hohe Verluste in dem Abnutzungskrieg.

Westliche Militärexperten bezweifeln darüber hinaus, dass der russische Angriff auf Sumy militärisch Sinn ergibt. Generalmajor Christian Freuding, Leiter des Planungs- und Führungsstabs sowie des Sonderstabs Ukraine im Verteidigungsministerium, sagte dem ZDF: "Jetzt hier einen weiteren Schwerpunkt auf die Region Sumy zu bilden, widerspricht eigentlich militärischer Logik." Und weiter: "Es scheint aber politisch angeordnet zu sein." Diese russische Angriffsachse ist für ihn eher eine Reaktion auf die ukrainischen Vorstöße auf Kursk im Spätsommer 2024 und kein Versuch, die Stadt Sumy wirklich zu erobern.

Trotz der wenigen Fortschritte der russischen Armee bleibt die Lage für die Ukraine ernst. Perspektivisch behält Russland zunächst die Initiative, die Ukraine muss sich verteidigen. Daran wird sich in den kommenden Wochen und Monaten wahrscheinlich nichts ändern. Während Putin immer mehr russische Männer mobilisieren und in den Tod schicken kann, muss Kiew wiederum um westliche Unterstützung bangen. Denn wie dieser Kriegssommer verläuft, hängt am Ende vor allem von Trumps Unterstützungswillen ab.

Verwendete Quellen

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