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Bordellchef vor Gericht: Wenn das "Paradise" die Hölle ist


Schwerer Menschenhandel
Prominenter Bordellchef trägt jetzt Handschellen

dpa, Roland Böhm

23.03.2018Lesedauer: 2 Min.
Jürgen Rudloff vor Gericht: Der Bordellbetreiber ist einer von vier Angeklagten.Vergrößern des BildesJürgen Rudloff vor Gericht: Der Bordellbetreiber ist einer von vier Angeklagten. (Quelle: Marijan Murat/dpa-bilder)
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Im Fernsehen propagierte er die saubere Prostitution, in seinen Bordellen beuteten Rockerbanden die Frauen aus. Der Chef des "Paradise" steht seit Freitag vor Gericht.

Genau so sah man Jürgen Rudloff einst auch in etlichen Talkshows sitzen: dunkler Anzug, offenes weißes Hemd, das grau melierte Haar zurückgekämmt. Am Freitag jedoch trägt der Chef der Bordellkette "Paradise" Handschellen. Seit September sitzt der 64-Jährige in Stuttgart in Untersuchungshaft.

Im geplant bis März 2019 laufenden Mammutverfahren wird dem Schwaben die Förderung von schwerem Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung, Beihilfe zur Zuhälterei und Betrug vorgeworfen. Ihm drohen mehrere Jahre Haft. Mitangeklagt sind drei seiner Mitarbeiter, darunter sein Presse- und Marketingchef sowie der ehemalige Geschäftsführer eines Bordells.

Rudloff gab sich als Saubermann

Über Jahre propagiert der Bordellchef medienwirksam die ehrliche und saubere Prostitution. 2008 öffnet er sein erstes Rotlichthaus vor den Toren von Stuttgart. Es kommen weitere Großbetriebe in Frankfurt, Saarbrücken und Graz hinzu. Die Idee jeweils: Er bietet die Plattform, sprich die Räume, und ein Wellness-Drumherum. Die Prostituierten arbeiten dort selbstständig. Was auf den Zimmern passiert, verhandeln sie selbst mit den Kunden.

Was Oberstaatsanwalt Peter Holzwarth dann anderthalb Stunden in seiner Anklage berichtet, klingt ganz anders: In den Bordellen haben die Rockerclubs Hells Angels und United Tribuns das Sagen. Sie lassen dort Frauen anschaffen, kassieren sie ab – beuten sie aus, bis ihnen im Grunde kein eigener Verdienst mehr bleibt. Etliche Frauen tragen Tätowierungen mit den Vornamen ihrer "Besitzer". Frauen, die raus wollen, werden geschlagen, bedroht. "Holen Sie mich hier raus", flüstert eine der Frauen bei einer Polizeikontrolle auf der Autobahn. Ihr Zuhälter droht, ihrer Mutter etwas anzutun, da kommt sie zurück.

Angeklagter machte Geschäfte mit Rockerbanden

Natürlich führe nicht jede Zimmervermietung zur Ausbeutung, sagt Oberstaatsanwalt Holzwarth. Studien zeigten aber, dass auch anderswo 75 Prozent der Prostitution eben nicht sauber und fair sei. Der Bordellchef, sein Geschäftsführer und sein Presse- und Marketingchef hätten vom Vorgehen der Rocker gewusst, dies gebilligt und über Jahre Geschäfte mit ihnen gepflegt.

Die Anklage geht zurück auf eine Razzia im Rockermilieu Ende 2014. Zeitgleich wurden vier Großbordelle, zahlreiche Geschäftsräume und Wohnungen in sechs Bundesländern sowie in Österreich, Bosnien und Rumänien durchsucht.

Elf Personen, die zur Tatzeit den United Tribuns oder Hells Angels zuzuordnen waren, wurden bereits angeklagt und zu Haftstrafen zwischen einem und sechs Jahren verurteilt. Der 64-Jährige setzt sich laut Staatsanwaltschaft zunächst in die Schweiz ab, kehrt aber nach Stuttgart zurück. Menschenhandel kann laut Staatsanwaltschaft mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden.

Vorwurf Investorenbetrug

Der 64-Jährige wurde im September festgenommen. Laut Anklage hat er in einer Art Schneeballsystem im Zusammenspiel auch mit einem vierten Angeklagten in betrügerischer Weise Investoren und Darlehensgeber um mehr als drei Millionen Euro geschädigt. Vom ihm anvertrauten Geld floss nur ein Teil in neue Bordellprojekte, wie er es angekündigt hatte. Den Großteil habe er anderweitig verwendet, auch "für seinen eigenen Lebensbedarf", wie es hieß.

Am Freitag sagt das Quartett zu den Vorwürfen zunächst gar nichts. Nach Angaben des Landgerichts gibt es 175 Ermittlungsordner, die Anklageschrift ist 145 Seiten stark. Die Kammer hat gut 80 Termine bis Ende März 2019 eingeplant.

Verwendete Quellen
  • dpa
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