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Göhrde-Morde: Polizei sucht deutschlandweit nach weiteren Opfern


Wie viele Taten gehen auf das Konto des "Göhrde-Mörders"?

Von Dietmar Seher

Aktualisiert am 24.04.2019Lesedauer: 3 Min.
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Polizeibeamte einer Hundertschaft durchsuchen im Sommer 1989 den Wald in Göhrde bei Oldendorf: Deutschlandweit werden momentan ungeklärte Morde auf eine Verbindung zu dem Fünffach-Mord untersucht.Vergrößern des Bildes
Polizeibeamte einer Hundertschaft durchsuchen im Sommer 1989 den Wald in Göhrde bei Oldendorf: Deutschlandweit werden momentan ungeklärte Morde auf eine Verbindung zu dem Fünffach-Mord untersucht. (Quelle: Michael Behns/dpa-bilder)

Ermittler in ganz Deutschland überprüfen derzeit 235 ungeklärte Morddelikte auf eine Verbindung zu den "Göhrde-Morden" von 1989. Der verdächtigte Friedhofsgärtner hatte sich 1993 umgebracht. Gab es einen Mittäter?

Im Sommer 1989 erregen die "Göhrde-Morde" Aufsehen. Ein brutaler Killer hat zwei Paare im Staatswald im niedersächsischen Kreis Lüchow-Dannenberg gefesselt, misshandelt und getötet. Heute, 30 Jahre später, durchforsten Mordermittler in diesem Zusammenhang in ganz Deutschland ihre Altfall-Dateien.

Sie überprüfen in einer der größten gemeinschaftlichen Suchaktionen der deutschen Kriminalgeschichte Hunderte lange zurückliegende und ungeklärte Verbrechen. Sie wollen mögliche Verbindungen dieser Fälle zum Friedhofsgärtner Kurt-Werner Wichmann aufdecken, dem ermittelten Tatverdächtigen der "Göhrde-Morde". War er für weit mehr Taten verantwortlich?

"Bis zum 5. April 2019 haben die Dienststellen aus dem ganzen Bundesgebiet insgesamt 235 ungeklärte Tötungsdelikte und Vergewaltigungen gemeldet“, bestätigte die Polizeidirektion in Lüneburg t-online.de. Damit unterliegen aktuell mehr als doppelt so viele Fälle der Prüfung als noch im Herbst letzten Jahres, als rund 100 Meldungen von 42 Polizeidirektionen vorlagen. Anfang 2018 hatte die Lüneburger Polizei eine Clearing-Stelle eingerichtet und Informationen über Vorgehensweise, Aufenthaltsorte und Bewegungsprofile Wichmanns an alle deutschen Polizeidienststellen geschickt.

Kurt-Werner Wichmann, der schon in der Jugend durch Gewalt und Sexualdelikte aufgefallen war, steht im Verdacht, im Waldgebiet der Göhrde bei Lüneburg im Jahr 1989 nicht nur die beiden Paare getötet zu haben. Nahe Lüneburg brachte er wahrscheinlich auch die 41-jährige Birgit Meier um, deren Skelett erst 2017 unter einer ehemaligen Garage des Mannes gefunden wurde. Nach einer Festnahme 1993 nahm sich Wichmann in der Haft das Leben.

Mordete der Friedhofsgärtner bundesweit?

Aufgrund zahlreicher Indizien, Asservate, Straßenkartenfunde und der ungewöhnlich hohen Kilometerleistung der von ihm genutzten Autos schließen die Fahnder nicht aus, dass der Friedhofsgärtner ein bundesweit mobiler Massenmörder gewesen sein könnte und ihm weitere Menschen zum Opfer gefallen sind. Man könne von einer "Vielzahl von Taten" in Deutschland und darüber hinaus ausgehen, stellte 2018 der damalige Lüneburger Polizeipräsident fest.

Brisant ist: Zwar gibt es gegen Wichmann selbst nach dem Tod 1993 kein Ermittlungsverfahren mehr. Allerdings geht die Polizei seit längerem davon aus, dass er ei einigen Taten Unterstützung gehabt haben muss. Ein Mittäter könnte noch leben. "Die Ermittlungsgruppe Göhrde ermittelt nach wie vor auch in diese Richtung", hieß es in Lüneburg auf Anfrage von t-online.de.

Besondere Aufmerksamkeit der Fahnder liegt seit längerem auf Süddeutschland. Wichmann lebte von September 1975 bis April 1977 in Karlsruhe. In der Zeit wurden in der Rhein-Neckar-Region vier junge Anhalterinnen umgebracht. Die Fälle sind bis heute nicht aufgeklärt. Auch ungelöste Frauen-Morde in Norddeutschland scheinen in Frage zu kommen, so der an der erst 14-jährigen Ulrike Burmester 1969 und an Ilse Gerkens im Jahr davor. Zu einzelnen Fällen nimmt die Polizei in Lüneburg derzeit keine Stellung.

Ex-LKA-Chef macht neuen Druck bei Ermittlungen – seine Schwester war ein Opfer

Treffer beim Abgleich der alten Fälle mit der Vorgehensweise Wichmanns hätten bisher noch "keine Bezüge zu weiteren Taten" ergeben, heißt es bei der Clearingstelle. Allerdings: "Die Bewertung und der Informationsaustausch dauert gegenwärtig an". Ein anfängliche Verdacht, der Mord an der 12-jährigen Monika Frischholz aus dem bayerischen Flossenbürg 1976 und der Göhrde-Mörder könnten in Verbindung stehen, stellte sich als falsch heraus.

Die Polizeidienstellen in Lüneburg und der Oberpfalz waren deswegen bis vor kurzem in Kontakt. Wichmann hatte eines seiner Fahrzeuge, einen roten Sportwagen, bei seinem Haus vergraben. In Flossenbürg fanden die Ermittler Mitte April ebenfalls ein vergrabenes Fahrzeug, einen VW. Wie sich ergab, hatte dieser mit dem Mord an Frischholz nichts zu tun.


Nachdem die Ermittlungen in Sachen "Göhrde-Morde" über zwei Jahrzehnte kaum vorangekommen waren, hatte der ehemalige Chef des Landeskriminalamtes in Hamburg, Wolfgang Sielaff, massiven Druck gemacht und auch auf eigene Faust die Suche vorangetrieben. Bei der wahrscheinlich von Wichmann ermordeten 41-Jährigen Birgit Meier handelte es sich um Sielaffs Schwester.

Verwendete Quellen
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