t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePanoramaKriminalität

Kusel: Neue Details – Nur ein Verdächtiger soll auf Polizei geschossen haben


Verdächtiger entlastet
Neue Details zu Polizistenmorden in Kusel

Von dpa, afp, lw

Aktualisiert am 01.03.2022Lesedauer: 3 Min.
Die Gedenkstätte in Kusel: Dort wurden zwei Polizisten erschossen.Vergrößern des BildesDie Gedenkstätte in Kusel: Dort wurden zwei Polizisten erschossen. (Quelle: Matthias Christ/imago-images-bilder)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilen
Auf WhatsApp teilen

Nach der Tötung von zwei Polizisten in Kusel gilt nur noch ein Mann als mordverdächtig. Der 32-jährige Florian V. wurde entlastet – dennoch bleibt er in Untersuchungshaft.

Rund vier Wochen nach den tödlichen Schüssen auf zwei Polizisten im Landkreis Kusel in Rheinland-Pfalz hat die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern den Mordvorwurf gegen einen der beiden Verdächtigen fallengelassen.

Der Haftbefehl gegen den 32-jährigen Florian V. wurde aber wegen gewerbsmäßiger Wilderei und Strafvereitelung neu gefasst, teilte die Behörde am Dienstag mit. Sie geht nach eigenen Angaben davon aus, dass der 38-jährige Haupttäter Andreas S. allein schoss.

Andreas S. soll fünf Schüsse abgegeben haben. Ihm wird neben Mord ebenfalls gewerbsmäßige Wilderei vorgeworfen. Nach Angaben der Ermittler schweigt er weiterhin zu den Tatvorwürfen. An den beiden beschlagnahmten Tatwaffen seien keine Fingerabdrücke des 32-Jährigen feststellbar gewesen. Allein der 38-Jährige habe seine Spuren darauf hinterlassen.

Keine Hinweise auf Schießpraxis

Die Ermittler hatten es nach eigener Darstellung zunächst für unmöglich gehalten, dass "bei dem dynamischen" Geschehen ein Mann allein fünf Schüsse aus zwei verschiedenen Waffen habe abgegeben können – zumal drei der Schüsse aus einem Gewehr abgefeuert wurden, das nach jedem Schuss auseinandergeklappt und neu geladen werden müsse. Und dies, während der Polizeibeamte selbst zugleich auch mindestens 14 Mal geschossen habe.

Ermittlungen zu den Lebensläufen ergaben laut Staatsanwaltschat, dass der 38-Jährige ein "sehr guter Schütze" sei und sein Jagdgewehr sehr schnell habe nachladen können. Er habe Schießerfahrung und mit Unterbrechung zwischen 2008 und 2012 seit 1999 einen Jagdschein. Dieser lief im März 2020 aus und wurde nicht verlängert. Zu diesem Zeitpunkt seien keine Waffen mehr auf seiner Waffenerlaubnis eingetragen gewesen.

Der 32-Jährige sei hingegen kein geübter Schütze gewesen. Er habe auch nie eine Erlaubnis zum Besitz von Schusswaffen oder einen Jagdschein besessen. Die beiden Tatwaffen sind den kriminaltechnischen Untersuchungen zufolge eine doppelläufige Schrotflinte und ein Jagdgewehr Winchester Bergara 308. Beide seien bei der Festnahme der beiden Männer im saarländischen Sulzbach sichergestellt worden.

Detaillierte Schilderung des Tatverlaufs

In einer Vernehmung am Tatort habe der 32-Jährige seine Angaben wiederholt, zwar bei der Jagd in der Tatnacht und am Tatort dabei gewesen zu sein, selbst aber nicht geschossen zu haben. Diese Aussagen habe er mit zahlreichen Einzelheiten über den Verlauf ergänzt. So sollen die beiden Männer ein gerade erlegtes Wildschwein abtransportiert haben, als die Polizisten anhielten.

Der 38-Jährige habe nach Aussage des jüngeren Beschuldigten in der Tatnacht von dem stehenden Auto aus mithilfe eines Nachtsichtgeräts das Wildschwein geschossen. Der 32-Jährige sei mit einer Wärmebildkamera auf das an die Straße angrenzende Feld gegangen, um das geschossene Tier zu holen. Genau zu diesem Zeitpunkt seien die Polizeistreife eingetroffen.

Der 32-Jährige sei zurück zum Kastenwagen gegangen. Der Polizeibeamte habe am Streifenwagen gefunkt, der 38-Jährige sei mit einer an die Polizeibeamtin gerichteten Bemerkung zu seinem Wagen gegangen, er wolle die verlangten Dokumente holen. Als kurz darauf die ersten Schüsse fielen, habe der 32-Jährige Deckung im Straßengraben gesucht.

Unklar, wie Tatwaffe beschafft wurde

Die 24 Jahre alte Polizeibeamtin wurde von einem Schuss aus der doppelläufigen Schrotflinte tödlich getroffen. Ihr 29 Jahre alter Kollege wurde von einem Schrotschuss verletzt. Tödlich seien drei weitere Schüsse aus dem Jagdgewehr gewesen, berichtete die Staatsanwaltschaft. Beide Polizeibeamte trugen zwar Schutzwesten. "Die Schüsse trafen jedoch so, dass die Schutzwesten nichts ausrichten konnten."

Wie der 38-Jährige in den Besitz der beiden Tatwaffen kam, ist noch nicht geklärt. Er hatte keine waffenrechtliche Erlaubnis zum Besitz von Schusswaffen mehr. Die Waffen sind auf der Besitzkarte einer anderen, berechtigten Person eingetragen. Einzelheiten dazu nannten die Ermittler nicht.

Der Kastenwagen, mit dem die beiden Beschuldigten unterwegs waren, war den Ermittlungen zufolge im Sommer 2021 für den Transport größerer Wildmengen umgebaut worden. 22 geschossenen Rehe und Hirsche hatten die Ermittler darin sichergestellt.

Verteidiger hält U-Haft für rechtswidrig

Christian Kessler, der Verteidiger des entlasteten Tatverdächtigen, sagte der "Bild": "Wie von Beginn an gesagt: Der Vorwurf des Mordes ist nicht haltbar. Das hat mein Mandant immer gesagt." Der Verteidiger halte die U-Haft für rechtswidrig. Bei Florian V. bestehe keine Fluchtgefahr.

Zudem habe der Beschuldigte bei den Ermittlungen "Aufklärungshilfe" geleistet, die aber "nicht ansatzweise realistisch" bewertet worden sei, erklärte Kessler gegenüber der dpa. "Hier wird die gesetzliche Wertung der "Kronzeugenregelung" ad absurdum geführt."

Die 24 Jahre alte Polizistin und ihr 29-jähriger Kollege waren am 31. Januar im Landkreis Kusel bei einer Verkehrskontrolle erschossen worden. Gegen zwei tatverdächtige Männer wurde einen Tag später Haftbefehl wegen gemeinschaftlichen Mordes erlassen. Laut den Ermittlern wollten sie damit eine vorangegangene Wilderei verdecken. Die Tat löste großes Entsetzen aus.

Verwendete Quellen
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website