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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Haben das Dorf verloren, aber nicht das Herz" Nach Gletschersturz in Blatten: Weitere Gefahr droht
Das Bergdorf Blatten in der Schweiz ist nach einem Felssturz großenteils zerstört worden. Der Wiederaufbau dürfte Jahre dauern. Die Behörden warnen weiter.
Nach dem riesigen Gletschersturz im Schweizer Bergdorf Blatten am Mittwoch ist der Schock groß: "Wir haben praktisch das ganze Dorf verloren, aber nicht das Herz", sagte Gemeindepräsident Matthias Bellwald auf einer eilig anberaumten Pressekonferenz. "Das Unvorstellbare ist eingetroffen", sagte er. Eine Person werde vermisst.
Am Nachmittag waren Millionen Kubikmeter Geröll vom Birchgletscher abgestürzt und hatten das Dorf größtenteils unter sich begraben. Auslöser war ein relativ langsam verlaufender Bergsturz am Kleinen Nesthorn, oberhalb des Gletschers. Durch das Abbröckeln des Kleinen Nesthorns lagerten sich riesige Mengen Schutt auf dem Gletscher ab und übten Druck auf die Eismassen aus.
Nach Gletscherabbruch: Ein Mensch wird in Blatten vermisst
Raphael Mayoraz, Chef der Dienststelle für Naturgefahren, sagte, "das Worst-Case-Szenario ist geschehen." Es seien nicht nur große Teile des Gletschers, sondern auch rund drei Millionen Kubikmeter Geröll heruntergekommen. "Das ist sehr, sehr selten", betonte der Experte über die Gerölllawine in der Schweiz.
Berichte über Verletzte gab es bis Mittwochabend nicht. Das Dorf Blatten war bereits vor Tagen vorsorglich evakuiert worden. Allerdings wird eine Person vermisst. Ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt, konnten die Behörden auf der Pressekonferenz nicht beantworten.
Wie und wann es für die rund 300 Einwohner Blattens weitergeht, blieb unklar. "Das hat in den nächsten Stunden nicht oberste Priorität", hieß es auf der Pressekonferenz. Klar ist: "Das wird uns Jahre beschäftigen", wie Bundesrat Martin Pfister sagte.
Drohen jetzt Überschwemmungen im Lötschental?
Doch zunächst blicken die Behörden mit großer Sorge auf eine weitere drohende Gefahr: Durch die Geröllmassen wird der Fluss Lonza, der durch Blatten fließt, massiv aufgestaut. Laut einem Behördensprecher hat sich das Wasser bereits auf einer Länge von zwei Kilometern angestaut. Demnach drohen Überschwemmungen nach dem Gletscherabbruch im Schweizer Kanton Wallis.
Wichtig sei jetzt, Schäden in tiefer gelegenen Gemeinden zu vermeiden. Während ein Murgang, also eine Schlammlawine, unwahrscheinlich sei, könne es sehr wohl Überschwemmungen geben, sagte Raphaël Mayoraz, Chef der Dienststelle für Naturgefahren des Kantons Wallis.
Um die Lage in den Griff zu bekommen, ist die Schweizer Armee alarmiert worden. Sie ist nach den Worten des Verteidigungsministers bereits unterwegs ins Lötschental. Wie aus einer Pressemitteilung des Kantons Wallis hervorgeht, sollen die Soldaten mit Pumpen unterstützen und Geräte zur Räumung des Schutts bereitstellen. Notfallseelsorger sollen den Menschen helfen, die ihr komplettes Hab und Gut verloren haben.
Fassungslosigkeit in Blatten: "Mein Elternhaus wurde zerstört"
In dem Portal "20 Minuten" wurde eine Frau zitiert, die sich aus einem Nachbarort von Blatten auf den Weg in das Katastrophengebiet machte, um zu helfen. "Mein Elternhaus wurde zerstört, ich kann es einfach nicht fassen", sagte sie. Eine Reporterin des SRF schilderte: "Die Menschen reagieren mit Fassungslosigkeit. Sie haben heute nicht nur ihr Hab und Gut, sondern auch ihr Zuhause, ihre Heimat verloren."
Auch wenn am Mittwochabend noch viel unklar war: Das Schweizer Bergdorf Blatten soll wieder aufgebaut werden, wie der Gemeindepräsident von Blatten, Matthias Bellwald, sagte: "Wir machen das Menschenmögliche, dass Blatten eine Zukunft hat." Und weiter: "Nach einer langen Nacht wird es wieder Morgen."
- 20min.ch: "Blatten VS: Reisst der Stausee den Schutt mit? – Droht Zerstörung im Tal?"
- srf.ch: "Gletscherabbruch – Sorge vor Murgang nach Bergsturz: Armee ins Tal unterwegs"
- 20min.ch: "Liveticker: Medienkonferenz zum Bergsturz in Blatten VS"
- mit Material der Nachrichtenagentur dpa