Schweizer Dorf verschüttet Behörden befürchten Überflutung weiterer Orte

Ein Dorf ist vollkommen überschwemmt und der Pegel steigt stündlich: Nach dem Gletscherabbruch in der Schweiz warnen die Behörden auch weitere Orte.
Nach dem Gletscherabbruch über dem Dorf Blatten im Süden der Schweiz laufen weitere Ortschaften nach Behördenangaben Gefahr, vom aufgestauten Fluss Lonza überflutet zu werden. Es werde davon ausgegangen, dass der künstliche See, der sich hinter den herabgestürzten Eis- und Gesteinsmassen gebildet habe, am Freitag "in den frühen Morgenstunden" zum Überlaufen komme, sagte Christian Studer von der Dienststelle Naturgefahren des Kantons Wallis am Donnerstag vor Journalisten.
Am Donnerstag waren nach Angaben des Zivilschutzes bereits 16 Menschen aus Wiler und Kippel evakuiert worden, zwei von Blatten aus flussabwärts im Lötschental gelegenen Ortschaften. Es bestehe aktuell keine Notwendigkeit zur Evakuierung der Dörfer Gampel und Steg, doch die Bevölkerung der beiden Gemeinden wurde am späten Donnerstag aufgefordert, sich vorsorglich auf eine mögliche Evakuation einzustellen. Dies berichtet das Onlineportal des "Walliser Boten".
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Unterdessen wurden in Blatten selbst nach Behördenangaben die vom Gletscherabgang verschonten Häuser durch das aufgestaute Wasser der Lonza zerstört. "Das Wasser überflutet nun die Häuser, die vom Großereignis zunächst verschont geblieben sind", sagte der Gemeindepräsident der im Lötschental gelegenen Kommune Ferden.
"Worst-Case-Szenario" wäre eine Flutwelle
Ein großer Teil des Birchgletschers im Kanton Wallis war am Mittwochnachmittag abgebrochen. Rund drei Millionen Kubikmeter Gestein und Eis stürzten nach Einschätzung der Kantonalbehörden bei dem Gletscherabbruch ins Tal und auf die Häuser in Blatten. Der Ort war zuvor aber bereits evakuiert worden. Nach Behördenangaben wurde am Donnerstag weiter ein 64-jähriger Mann vermisst.
Der Walliser Staatsrat Stéphane Ganzer sprach am Donnerstag auch vom "Worst-Case-Szenario" einer Flutwelle, die bis zum Walliser Talboden schwappen und die dort gelegenen Ortschaften Gampel und Steg treffen könnte. Nach Angaben des Naturgefahrenexperten Studer ist "eher realistisch", dass sich ein erheblicher Teil der über Blatten hereingestürzten Masse infolge hoher Temperaturen verflüssige und in Richtung Tal abfließe.
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Der Bergsturz war seit mehreren Tagen erwartet worden. Seit der Nacht zum Mittwoch wurde eine deutliche Zunahme der Aktivität am Gletscher beobachtet, die sich im Laufe des Tages noch verstärkte. Blatten mit etwa 300 Einwohnern war bereits in der vergangenen Woche geräumt worden.
Klimawandel lässt Gletscher schrumpfen
Die infolge des Klimawandels steigenden Temperaturen lassen seit Jahrzehnten die Gletscher in den Alpen schrumpfen und machen sie weniger stabil. Allein in den Jahren 2022 und 2023 verloren Schweizer Gletscher zehn Prozent ihrer Masse – so viel wie zwischen 1960 und 1990.
Im August 2017 war es bereits zu einem massiven Felsbruch im Südschweizer Kanton Graubünden gekommen. 3,1 Millionen Kubikmeter Gestein stürzten vom Berg Piz Cengalo nahe der italienischen Grenze in die Tiefe, acht Wanderer wurden getötet. Hunderttausende Kubikmeter Gestein und Schlamm trafen auf die Ortschaft Bondo und verursachten dort massive Zerstörung. Da Bondo zuvor evakuiert worden war, wurde keiner der Bewohner verletzt.
- Nachrichtenagentur AFP