t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePanoramaWissenGeschichte

Polen im Zweiten Weltkrieg: Wie Bär Wojtek zum Kriegshelden wurde


Er liebte Bier und Zigaretten
Dieser Bär stieg zum Unteroffizier auf

Von t-online, cck

22.07.2023Lesedauer: 3 Min.
Wojtek mit einem polnischen Soldaten: Der Bär wurde zum Maskottchen der 22. Artillerie-Versorgungskompanie im 2. Polnischen Korps.Vergrößern des BildesWojtek mit einem polnischen Soldaten: Der Bär wurde zum Maskottchen der 22. Artillerie-Versorgungskompanie im 2. Polnischen Korps. (Quelle: Imperial War Museum)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilen
Auf WhatsApp teilen

Es ist eine fast unglaubliche Geschichte: Im Zweiten Weltkrieg nahmen polnische Soldaten ein verwaistes Bärenjunges auf – das später zur Legende wurde.

Er kam als Waise zur polnischen Armee, stieg bis zum Unteroffizier auf: Der Braunbär Wojtek schrieb im Zweiten Weltkrieg Militärgeschichte – und gilt bis heute als Kriegsheld.

Wojteks Geschichte gleicht der eines modernen Märchens. Ein Hirte übergab ihn 1942 im Iran, damals war Wojtek noch ein Braunbärjunges, in einem Leinensack an polnische Soldaten – im Tausch für ein Schweizer Taschenmesser, Rindfleischkonserven und Schokolade. Wojtek stammte wohl aus Syrien, seine Mutter soll von Jägern erschossen worden sein.

Zunächst soll sich eine junge polnische Frau, Nichte eines Generals, um den Bären gekümmert, ihn mit Kondensmilch aus einer leeren Wodkaflasche ernährt haben, wie der Veteran Wojciech Narębski später berichtete. Über Umwege gelang Wojtek rund drei Monate später an die Soldaten der 22. Artillerie-Nachschubkompanie des II. Korps, die von ihrem Exil in der Sowjetunion in den Mittleren Osten geschickt worden waren, um gegen Nazi-Truppen zu kämpfen.

Boxen, Bier trinken, Zigaretten essen

Mit der Zeit wurde er Teil der Truppe, zog mit ihnen weiter in den Irak, nach Syrien und Ägypten. Die Soldaten brachten ihm bei, zu salutieren, zu winken und zu marschieren. Und auch Freizeitaktivitäten teilten sie mit ihm, wie boxen, Bier trinken und Zigaretten rauchen – wobei Wojtek die Zigaretten vornehmlich aß. Ein Soldat aus Wojteks Kompanie sagte später der BBC: "Er mochte eine Zigarette, er mochte eine Flasche Bier – er trank eine Flasche Bier wie jeder Mann." Seinen Heldenstatus aber erlangte Wojtek durch zwei besondere Ereignisse.

Das erste war vor allem Wojteks Leidenschaft für lange, kalte Duschen zu verdanken. Mit der Zeit lernte er, selbst das Wasser anzudrehen. Belege gibt es für diese Geschichte nicht, die Soldaten überlieferten sie später so: Wojtek soll eines Tages alleine die Dusche betreten haben. Dort hielt sich ein arabischer Spion versteckt, der wohl das Lager und das Waffenarsenal auskundschaften wollte. Aus Furcht vor dem Bären soll er sich den polnischen Soldaten ergeben haben. Wojtek erhielt als Belohnung fortan unbegrenzte Duschzeit, wie es in der Enzyklopädie Britannica heißt.

Der Bär, der Artilleriegranaten trägt

Das zweite Ereignis trug sich 1944 in Italien zu. Dorthin wurde die Kompanie verlegt, um vor allem mit Amerikanern und Briten gemeinsam die Wehrmacht zurückzudrängen. Um Wojtek mit nach Italien nehmen zu können, musste die polnische Armee einige Tricks anwenden. Tiere waren eigentlich verboten. Also wurde Wojtek zum "Private", also zu einem Soldaten, ernannt und erhielt eine Dienstnummer.

In der Schlacht um Monte Cassino, eine der längsten und verlustreichsten im Zweiten Weltkrieg, soll der Bär dann eine wichtige Rolle gespielt haben: Wie Soldaten später berichteten, soll Wojtek Artilleriegranaten und Munitionskisten von den Lastwagen zu den Truppen durch das unwegsame Gelände getragen haben. Zum Andenken zierte daraufhin ein Bär, der eine Artilleriegranate trägt, das Abzeichen der Kompanie und er wurde zum Korporal, dem untersten Rang der Unteroffiziere, befördert.

Lebensende im Zoo von Edinburgh

Nach Kriegsende wurde ein Großteil der Kompanie nach Schottland umgesiedelt – inklusive Wojtek. Es stellte sich aber die Frage, was mit Wojtek künftig passieren soll. Das Tier war nicht artgerecht aufgewachsen, hatte in seinem Leben kaum Kontakt zu anderen Bären. In der Wildnis also, fürchteten seine Kameraden, könne er nicht überleben. Sie wollten auch nicht, dass er nach Polen geschickt wird, da das neue kommunistische Regime ihn für Propaganda-Zwecke hätte nutzen können.

Schließlich nahm der Zoo in der schottischen Stadt Edinburgh ihn auf. Dort bekam er regelmäßig Besuch von seinen alten Kameraden, die ihm Bier und Zigaretten mitbrachten. So etwa Augustyn Karolewski, der bei seinen Besuchen merkte, dass Wojtek weiterhin auf Polnisch hörte. "Ich war ein- oder zweimal im Zoo von Edinburgh, als Wojtek dort war", sagte er der britischen BBC. "Sobald ich seinen Namen erwähnte, setzte er sich auf seinen Hintern und schüttelte den Kopf und wollte eine Zigarette."

Bis zu seinem Tod 1963 war Wojtek eine beliebte Attraktion im Zoo. Noch heute erinnern Statuen unter anderem in Edinburgh und in der polnischen Stadt Krakau an den Bären, der den Polen im Zweiten Weltkrieg half – nicht nur mit seinen vermutlichen Heldentaten, sondern auch als moralische Stütze.

Verwendete Quellen
  • britannica.com: "Wojtek the Bear" (englisch)
  • news.bbc.co.uk: "Honour sought for 'Soldier Bear'" (englisch)
  • tvp.info: "Pomnik legendarnego niedźwiedzia Wojtka stanął w Krakowie" (polnisch)
  • Polonia Wloska: "Biuletyn Informacyjny" (polnisch)
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website