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Australien: Wie kam die deutsche Touristin so weit von der Strecke ab?


Deutsche Backpackerin
Wie konnte die junge Frau so von der Strecke abkommen?


Aktualisiert am 14.07.2025 - 09:05 UhrLesedauer: 5 Min.
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Video: In diesem Auto soll Carolina Wilga unterwegs gewesen sein. (Quelle: dpa)
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Eine deutsche Backpackerin überlebt elf Tage allein im australischen Outback – und liefert damit auch in Australien Gesprächsstoff.

Carolina Wilgas tagelange Odyssee im australischen Busch hat nicht nur weltweit für Schlagzeilen, sondern auch für Debatten bei den Einheimischen gesorgt. Für die australische Öffentlichkeit und die zuständigen Behörden gleicht die Rettung der deutschen Rucksacktouristin einem Wunder.

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"Es ist pures Glück, dass sie überlebt hat", erklärte die zuständige Kriminalkommissarin Jessica Securo in einer Pressekonferenz am Samstag. Wilga habe nur "minimale Mengen an Nahrung und Wasser" in ihrem Auto gehabt. "Das Gelände ist Outback-Land mit großen Felsvorsprüngen. Obwohl es eine Reihe von Spuren gibt, kann man sich in dieser Gegend leicht verlaufen oder die Orientierung verlieren, wenn man sie nicht gut kennt."

In den sozialen Medien überwiegt die Erleichterung: Unzählige Australier drückten ihre Freude darüber aus, dass die deutsche Backpackerin elf Tage lang im Busch überleben konnte. Doch zwischen den Glückwünschen tauchen auch zahlreiche gut gemeinte Ratschläge und Warnungen auf. Wie man sich auf Reisen in den abgelegenen und oft gnadenlosen Weiten des australischen Hinterlands besser vorbereiten sollte.

Was war passiert?

Die 26-Jährige, die seit zwei Jahren durch Australien reiste und aus Castrop-Rauxel kommt, war zuletzt am 29. Juni in Beacon gesehen worden. Der Ort liegt im sogenannten westaustralischen Weizengürtel – einer dünn besiedelten, für ihren Getreideanbau bekannten Region. Seither verlor sich ihre Spur, bis am Donnerstag ihr Fahrzeug in der Wildnis der riesigen Karroun Hill Nature Reserve entdeckt wurde, rund 300 Kilometer nordöstlich von Perth.

Elf Tage lang streifte sie allein durch den Busch, nachdem ihr Auto den Behörden zufolge aufgrund einer mechanischen Panne vom Weg abgekommen und stecken geblieben war. Die erste Nacht verbrachte Wilga demnach noch in ihrem Wagen. Doch dann habe sie sich entschieden, in Richtung Westen zu laufen, in der Überzeugung, auf diese Weise schneller eine Straße und Hilfe zu erreichen.

Wilga legte insgesamt 24 Kilometer zurück – unter extremen Bedingungen. Sie musste sich mit strömendem Regen, Minusgraden in der Nacht und der glühenden Sonne tagsüber arrangieren. Um zu überleben, trank sie Regenwasser und Wasser aus Pfützen, suchte Schutz in Höhlen und orientierte sich am Stand der Sonne, wie australische Medien berichteten.

Ihre Tour nahm schließlich ein glückliches Ende: Die ausgehungerte und erschöpfte Rucksacktouristin konnte eine Autofahrerin auf sich aufmerksam machen. Tania Henley, die Wilga schließlich fand, schilderte in der Nachrichtensendung "9 News" die dramatische Situation. "Sie ist unverwüstlich", sagte Henley. Wilga sei barfuß gewesen. Man müsse schon sehr viel Entschlossenheit mitbringen, um so zu überleben. Die Australierin betonte, wie abgelegen ihr Fundort war: "Es hätte Tage dauern können, bis jemand anderes vorbeigekommen wäre."

Worauf man in solchen Situationen achten sollte

Der Premierminister von Westaustralien, Roger Cook, nutzte den Vorfall, um eine Warnung an Reisende auszusprechen. "Jeder sollte sich bewusst sein, dass dies ein Beispiel dafür ist, wie gefährlich unser Buschland und unser Outback sein können", sagte Cook vor der Presse am Sonntag. "Und jeder, der nach Westaustralien reist, sollte dies stets beachten. Wenn Sie längere Reisen in die Region Westaustralien planen, treffen Sie bitte die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen", so Cook. Bei Reisen in entlegene Gegenden ohne Handyempfang seien vor allem Notfunkgeräte wichtig.

Gordon Dedman, ein Survival-Experte, sagte im Gespräch mit dem "Guardian", die "goldene Regel" sei es, im Outback bei seinem Wagen zu bleiben. Dedman leitet Workshops und Kurse für das Überleben im australischen Busch. Das helfe nicht nur den Rettungskräften bei der Suche, sondern biete auch Schutz. Die Spiegel des Autos können ihm zufolge verwendet werden, um mithilfe der Sonne Aufmerksamkeit zu erregen. Auch ein großes X auf der Erde sei eine weitere Möglichkeit dafür.

Was die Versorgung betrifft, verwies Dedman auf eine Dreierregel, um in prekären Situationen Prioritäten für das Überleben zu setzen: "Drei Minuten ohne Luft, drei Stunden ohne Obdach, drei Tage ohne Wasser und drei Wochen ohne Nahrung."

Dedman verwendet zudem bei der Vorbereitung auf Notfallsituationen, wie Wilga sie erlebt hat, zwei Gedankenbrücken: STOP – stop, think, organise and plan (stoppen, nachdenken, organisieren und planen) und PLAN – protection, location, acquisition, and navigation (Schutz, Ortung, Beschaffung, Navigation). Schutz bedeutet, sich zuerst um Erste Hilfe, Kleidung, Unterkunft und Feuer zu kümmern. Ortung bedeutet, zu versuchen, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Bei dem Wort Beschaffung geht es darum, sich Wasser und Nahrung zu sichern, und bei der Navigation geht es um die Orientierung und Richtung der Reise.

Einheimische wundern sich

Zahlreiche Australier wiesen in den sozialen Netzwerken darauf hin, wie wichtig es bei Reisen in abgelegenen Gegenden sei, sich gut auszurüsten und vorzubereiten. Vor allem Rucksacktouristen sollten vor ihrer Reise besser informiert sein. Ein Satellitentelefon oder UHS-Radio sowie Karten zur Navigation sollten zur Ausrüstung gehören. Viele ländliche Gegenden in Australien haben keinen Handyempfang. Auch an ausreichende Wasservorräte müsse man denken: "Ich bin froh, dass es ihr gut geht. Wenn sie nur ausreichend Wasser in ihrem Bus gehabt hätte, hätte sie sicher eine lange Zeit dort bleiben können", kommentierte ein Australier die Medienberichte auf der Plattform Reddit.

Viele Beobachter wunderten sich zudem, wie Wilga mit ihrem Auto – einem Mitsubishi-Bus mit Vierradantrieb – so weit von der Straße abkommen und im Dickicht landen konnte. Am Montag bezog Wilga in ihrem ersten öffentlichen Statement selbst Stellung. Sie sagte: "Ich habe die Kontrolle über das Auto verloren und bin einen Hang runtergerollt. Bei dem Unfall habe ich mir den Kopf deutlich gestoßen. Infolge des Unfalls habe ich mein Auto in einem Zustand der Verwirrung stehen gelassen und habe mich verirrt."

Zuvor hatte es in sozialen Medien Spekulationen über ihren Mitsubishi-Bus gegeben: Solche Kleintransporter werden zwar als Offroad-Fahrzeuge ausgegeben, sind aber in schwierigem Outback-Terrain kaum geeignet. "Nur, weil der Wagen mit einem 4×4-Aufkleber aus der Fabrik kommt, denken die Leute, man kann damit buchstäblich überall fahren: Die, die so denken, haben keine Ahnung, was die Realitäten des wahren Offroad-Fahrens sind", kommentierte ein Australier auf "Reddit".

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"Als sie [Wilga] stecken blieb, war ihr Auto kilometerweit von der Strecke entfernt, eine sehr seltsame Situation", schrieb eine Nutzerin. "Es kann leicht passieren, dass man die Fähigkeiten des eigenen Autos überschätzt oder die Schwierigkeit eines Hindernisses unterschätzt. Ich bin deswegen schon in einige brenzlige Situationen geraten und musste stundenlang graben oder laufen", kommentierte ein anderer Nutzer aus Westaustralien. "Ich frage mich, ob sie versuchte, einem GPS zu folgen, das völlig daneben lag", schrieb ein weiterer.

Wie steht es um Wilga?

Wilga wurde nach ihrer Rettung in ein Krankenhaus in Perth ausgeflogen, wo sie sich nun erholt. Sie sei von dem Erlebnis traumatisiert und erschöpft, sei zerstochen von Mücken und hätte leichte Verletzungen und Sonnenbrand erlitten, hieß es von der Polizei. "Wie Sie sich vorstellen können, hat sie aufgrund des Traumas der vergangenen Tage viel durchgemacht", sagte Kommissarin Securo bei der Pressekonferenz. Wann genau sie aus dem Krankenhaus entlassen werden kann, ist bisher nicht bekannt.

Ihren Traum vom Reisen durch den siebten Kontinent will Wilga offenbar aber nicht so schnell aufgeben. Sie wolle ihre Australienreise nach ihrer Genesung fortsetzen, teilte Securo mit. "Caro hat mir erzählt, dass sie Australien liebt. Sie hat hier noch so viel zu tun", so die Kommissarin. Die deutsche Touristin habe noch eine Reise an der Ostküste auf ihrer "persönlichen Wunschliste".

Verwendete Quellen

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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