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KZ Alderney: Geschichte des Konzentrationslagers auf britischem Gebiet


Himmler persönlich gab Todesbefehl
Die Geschichte des einzigen KZ auf britischem Gebiet

Von t-online, lhe

Aktualisiert am 06.11.2023Lesedauer: 3 Min.
imago images 0299983344Vergrößern des BildesDie Kanalinsel Alderney: 1940 wurde sie von den Nazis besetzt, die dort ein KZ-Außenlager bauten. (Quelle: IMAGO/imageBROKER/R. Kiedrowski/imago)
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Das KZ Alderney war das einzige Konzentrationslager auf britischem Gebiet. Heinrich Himmler selbst erteilte Todesbefehle für die Gefangenen.

Es ist fast 80 Jahre her, dass Deutschland von den Nazis befreit wurde, und noch immer kann man sich ihre Gräueltaten kaum vorstellen. Dem Bundesarchiv zufolge wurden in der Zeit von 1936 bis 1945 in ganz Europa insgesamt 24 Hauptlager und über 1.000 Außenlager errichtet.

Als die Nazis im Jahr 1940 die Kanalinseln – eine Inselgruppe im Ärmelkanal zwischen Großbritannien und Frankreich – besetzten, errichtete die SS auf der Insel Alderney ein Außenlager.

Das Lager wurde 1943 erbaut und unterstand zunächst dem KZ Sachsenhausen, später dann dem KZ Neuengamme. Das KZ Alderney wurde auch "Lager Sylt" genannt und war das einzige Konzentrationslager im Gebiet des britischen Kronbesitzes.

Gebiete des britischen Kronbesitzes

Die Gebiete des britischen Kronbesitzes sind bestimmte Territorien, die direkt unter der Souveränität der britischen Krone stehen, aber nicht Teil des Vereinigten Königreichs sind. Dazu gehören die Isle of Man in der Irischen See sowie die Kanalinseln. Außerdem gibt es einige Überseegebiete in der Karibik wie Anguilla, die Britischen Jungferninseln und die Kaimaninseln, die ebenfalls Teil des britischen Kronbesitzes sind. Diese Gebiete haben spezielle rechtliche Beziehungen zum Vereinigten Königreich, behalten jedoch eine gewisse Autonomie in ihren inneren Angelegenheiten.

Heinrich Himmler gab Todesbefehl

Nun hat die britische Zeitung "The Observer" Einsicht in bisher unveröffentlichte Dokumente erhalten, die einmal mehr die Grausamkeit der Nazis offenbaren. Der Veröffentlichung zufolge habe Heinrich Himmler die Anweisung gegeben, Gefangene und Strafarbeiter "unverzüglich" zu erschießen, sollten sie "Ärger" machen.

Bezogen war diese Anweisung wohl auf den Fall eines möglichen Aufstandes – und eine direkte Antwort auf einen Aufstand im KZ Treblinka Anfang August 1943. Das zumindest vermutet Richard Evans, emeritierter Professor für Geschichte an der University of Cambridge.

Im Mai desselben Jahres kam es zudem im Warschauer Ghetto ebenfalls zu einem Aufstand. Himmler sei für diese Art von Reaktion auf solche Vorfälle bekannt, so Evans. Der Experte für deutsche Geschichte erklärt aber auch, dass nicht geklärt sei, ob Himmler zeitnah vom Aufstand in Treblinka erfahren hat – oder ob er erst Ende August informiert wurde. Der Brief mit der Anweisung Himmlers ist auf den 19. August 1943 datiert.

Genaue Zahl der Todesopfer noch immer Spekulation

"Wenn die Ordnung nicht wiederhergestellt werden kann, sind alle Gefangenen unverzüglich zu erschießen", heißt es in dem historischen Dokument. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich dem "Observer" zufolge bis zu 1.000 Personen in Gefangenschaft auf Alderney befunden.

Neben dem Konzentrationslager gab es auf der Insel noch drei spezielle Arbeitslager mit den Namen "Helgoland", "Borkum" und "Norderney". Die rund 3.000 Inhaftierten wurden gezwungen, Verteidigungsanlagen für Hitlers Atlantikwall zu bauen oder im Steinbruch zu arbeiten. Viele Zwangsarbeiter starben aufgrund von Mangelernährung und Krankheit in Verbindung mit der schweren körperlichen Arbeit.

Wie viele KZ-Insassen insgesamt auf der Insel starben, ist nicht einwandfrei geklärt und wird derzeit noch untersucht. Offizielle Zahlen gehen von rund 400 Todesopfern aus. Der Brief von Himmler lasse dem "Observer" zufolge aber vermuten, dass die Zahl höher war als bisher angenommen.

Nazis wollten Himmlers Anordnung verheimlichen

Die Nazis hatten auch versucht, die Anweisung Himmlers zu vertuschen. Auch das geht aus den neu veröffentlichten Dokumenten hervor. Demzufolge schickte ein SS-Offizier einen Brief an Rudolf Brandt, den persönlichen Referenten Himmlers. Darin informierte er Brandt darüber, dass alle Dokumente, die in Verbindung mit der Anweisung standen, vernichtet wurden.

Dass dieser Brief die Zeit also doch noch überdauern konnte, gleicht einem Wunder. Der Historiker und "Nazi-Jäger" Ian Sayer ersteigerte das Dokument im Jahr 1983 bei einer Auktion. Nun hatte er sich dazu entschieden, es dem "Observer" zu übergeben.

"Als jemand, der über viele Jahre hinweg verschiedene Vereine, Museen, Autoren und Journalisten mit Kopien von Dokumenten und Briefen aus meinem Archiv aus dem Zweiten Weltkrieg unterstützt hat, dachte ich, ich könnte einen Beitrag leisten", zitiert die Zeitung den 78-Jährigen.

Verwendete Quellen
  • theguardian.com: "Himmler ordered mass execution of prisoners in only Nazi camp on British soil, documents reveal"
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