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Ukraine-Krieg: Experte bemerkt neue Strategie der Kreml-Truppen | Video


Massive russische Luftangriffe
Experte bemerkt neue Strategie der Kreml-Truppen

Von Hannes Molnár, Arno Wölk

05.02.2024Lesedauer: 1 Min.
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Wladimir Putin setzte zuletzt verstärkt auf massive Drohnenangriffe: Militärexperte Gustav Gressel erklärt, warum. (Quelle: t-online)

Russland hat seine Luftangriffe auf die Infrastruktur der Ukraine zuletzt verstärkt. Das ist Teil einer neuen Kreml-Strategie, erklärt Militärexperte Gustav Gressel.

In fast jeder Nacht ist die Ukraine russischen Luftangriffen ausgesetzt, bei denen immer wieder dutzende Raketen und Drohnen auf Stadtzentren abgefeuert werden. Zuletzt haben massive russische Drohnenangriffe auf die ukrainische Infrastruktur nach Behördenangaben am Freitag zu Stromausfällen bei Zehntausenden Kunden geführt.

Für seine Angriffe in Frontnähe setzt Russland unter anderem auf den Einsatz iranischer Shahed-Drohnen – aus einem bestimmten Grund, weiß Militärexperte Gustav Gressel.

Im Gespräch mit t-online erklärt er, was die Kreml-Truppen mit dem Einsatz der unbemannten Kampfdrohnen erreichen wollen, wie die Ukraine darauf reagiert und was Russland daher in den letzten Wochen verändert hat.

Zur Person

Gustav Gressel ist als Senior Policy Fellow bei der politischen Denkfabrik European Council on Foreign Relations (ECFR) tätig. Er beschäftigt sich in seiner Forschung schwerpunktmäßig mit den militärischen Strukturen in Osteuropa und insbesondere mit den russischen Streitkräften.

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Einsatzkräfte kämpfen zwischen Bergen aus Schutt gegen lodernde, meterhohe Flammen. Es sind die Folgen eines erneuten, massiven russischen Luftangriffs auf die ostukrainische Stadt Charkiw Ende Januar.
Dass Russland zuletzt verstärkt auf massive Luftangriffe gegen die ukrainische Infrastruktur gesetzt hat, ist Teil einer neuen Strategie der Kreml-Truppen, wie Militärexperte Gustav Gressel im Gespräch mit t-online erklärt.
"Die Vorgehensweise der Russen hat sich dahingehend verändert, dass man Punkt 1: nicht mehr in kleinen Wellen öfter angreift, sondern seltener dafür massiert in großen Wellen. Die Rechnung ist, dass die individuelle Chance eines Flugkörpers durchzukommen, höher ist, desto mehr gleichzeitig angreifen, weil dann einfach irgendwann eine Übersättigung der Fliegerabwehrkapazität da ist."
Dabei setzt Russland unter anderem auf den Einsatz von iranischen Shahed-Drohnen. Die unbemannten Flugobjekte werden beim Start von einer Rakete unterstützt, die kurz danach abgeworfen wird. Ist die Drohne einmal in der Luft, gilt sie als „taub und blind“, kann also in ihrer Zielerfassung und Flugbahn nicht mehr beeinflusst werden.
"Die Shahed-Drohnen werden oft dazu verwendet, einfach die ukrainische Flugabwehr zu testen, das dispositiv zu testen. Schauen, wo Radaranlagen aufschalten, auf die Geräte, wo mobile Einsatzgruppen stehen, wo gewisse Systeme stehen, damit man dann die großen Angriffswellen besser planen kann."
Die von Russland eingesetzten Shahed-Drohnen haben jedoch einen entscheidenden Nachteil, der den ukrainischen Luftverteidigungskräften wiederum einen Vorteil verschafft.
"Das Problem der langsamen, propellerbetriebenen Drohnen ist erstens: Sie sind sehr laut. Damit haben die Richtschützen auch mit einfachen Flak-Kanonen auch ohne Radar-Anweisungen eine gute Vorwarnung, wo das Ding ist. Wenn Sie eine Wärmebildkamera haben, finden Sie es dann auch recht gut in der Nacht. Und das zweite ist: dadurch, dass sie eben recht langsam fliegt, hält sie sich relativ lange im Schussbereich von solchen Kanonen, Fliegerabwehrgeräten auf. Und die Flak, wenn sie in der ersten Salve nicht trifft, kann ihr Feuer in der Regel korrigieren und mehrere Salven auf sein Gerät abschießen. Und irgendwo ist dann ein Treffer dabei."
Wenn Sie schneller werden, dann ist natürlich dieser Aufenthalt in der Kill-Zone der Flieger-Abwehrkanonen kürzer."
Das haben auch die russischen Streitkräfte erkannt und reagieren mit einer Umrüstung der Drohnen. Statt auf Propellerantrieb wird bei einigen Exemplaren bereits auf einen Düsenantrieb gesetzt, der die Fluggeschwindigkeit der Drohne deutlich erhöht.
Ein weiterer Faktor: die Flughöhe. Je niedriger eine Drohne fliegt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie von der Luftverteidigung entdeckt und abgeschossen wird.
Warum Russland für seine Drohnenangriffe häufig Ziele entlang der Front wählt, erklärt der Experte.
"Wenn sie nahe der Front operieren gegen Städte wie Charkiw, Saporischschja etc.., Cherson, dann ist die Reaktionszeit der Ukrainer viel kürzer. Jagdflugzeuge kann man nicht gut einsetzen, weil die für den Abfangprozess schon in die Reichweite russischer, bodengestützter Fliegerabwehr kommen müsste. Und damit sind die Erfolgsaussichten dieser Drohnen ungleich höher."
Anders verhält es sich hingegen bei Angriffen im ukrainischen Hinterland: Hier setzt Russland nicht auf Drohnen, sondern deutlich schnellere ballistische Raketen – die mittlerweile auch aus dem Ausland stammen.
"Desto schneller eine angreifende Rakete fliegt, am besten über Mach 4, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass die ukrainische Flugabwehr sie erwischt. Vor allen Dingen, dass die ganzen improvisierten Fliegerabwehrsystem in der Ukraine sie erwischen werden. Deshalb gibt es ja auch Verkaufsverhandlungen mit dem Iran. Deshalb kauft man auch nordkoreanische ballistische Raketen, weil man einfach mit der Produktion von Iskandar nicht nachkommt und Kinschall nicht nachkommt bei dem, was man eigentlich gerne verschießen würde. Und man weiß auch, dass man sozusagen im Rest der Ukraine, dort wo keine Patriot-Systeme stehen, mit solchen Systemen ungleich höhere Erfolgsaussicht hat als mit langsam fliegenden Drohnen oder Marschflugkörpern."
Seit Kriegsbeginn beschießt Russland immer wieder zivile Ziele, die teils weit hinter der Front liegen. Für die kommenden Monate erwarten Experten eine Ausweitung der russischen Offensive – die erneut mit massiven Drohnen- und Raketenangriffen einhergehen dürfte.

Wie Russland seine Strategie angepasst hat und welch entscheidende Rolle iranische Kampfdrohnen dabei spielen, sehen Sie hier oder oben im Video.

Verwendete Quellen
  • Eigenes Interview mit Gustav Gressel
  • Videomaterial der Nachrichtenagentur Reuters
  • Videomaterial via X (vormals Twitter)
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