Engels-2 betroffen Russische Bomber: Schutz durch alte Reifen?

Bei der Verteidigung der eigenen Flugzeugflotte setzt Russland auf unkonventionelle Methoden. Die Effektivität ist allerdings fraglich.
Russland bedeckt offenbar seine strategischen Bomber mit alten Reifen, um sie vor gezielten ukrainischen Angriffen zu schützen. Das geht aus Satellitenbildern hervor, die den Stützpunkt Engels-2 in der Region Saratow zeigen, wie das Portal "The War Zone" bereits erstmals im Jahr 2023 berichtete. Diese Taktik ist noch immer im Einsatz. Das zeigen aktuelle Satellitenbilder des Luftwaffenstützpunktes Belaja, die dem "Business Insider" vorliegen.
Demnach wurden die Reifen in unterschiedlichen Mustern auf den Oberseiten mehrerer Maschinen vom Typ Tu-95MS und Tu-160 bei Engels-2 angebracht. Ziel der Maßnahme könnte sein, die visuelle oder thermale Erkennung durch präzisionsgelenkte Waffen zu erschweren – eine offenbar improvisierte Methode. Auch am Standort Belaja wurden Reifen auf Tu-16- und Tu-22M-Bombern entdeckt.
Reifen gegen moderne Zielerkennung
Der Zeitpunkt dieser ungewöhnlichen Schutzmaßnahme fiel bei der erstmaligen Installation mit der Aufrüstung ukrainischer Marschflugkörper zusammen. Kiew hatte damals bestätigt, dass der ursprünglich für Seeziele entwickelte "Neptun"-Flugkörper auch gegen Landziele eingesetzt werden könne. Die modifizierte Version nutzt zur Zielerfassung eine bildbasierte Steuerung, die auf vorab gespeicherten Infrarotbildern basiert. Diese Technik ist schwer zu stören, da sie keine aktiven Signale aussendet. Experten gehen daher davon aus, dass die Reifen auf den Flugzeugen dazu dienen könnten, deren typische Infrarotsilhouette zu verändern oder zu unterbrechen.
Die betroffenen Maschinen gehören zur strategischen Langstreckenflotte der russischen Luftwaffe. Insbesondere der Stützpunkt Engels-2 spielte von Beginn an eine zentrale Rolle, da dort die einzige permanente Basis für die rund 16 Tu-160-Bomber unterhalten wird. Auch mehrere der etwa 50 einsatzfähigen Tu-95MS sind dort stationiert. Beide Flugzeugtypen wurden wiederholt für Raketenangriffe auf die Ukraine eingesetzt. Für ihre Einsätze zeichnete Präsident Wladimir Putin die dort stationierten Truppen bereits zu Beginn des Krieges mit einem Ehrentitel aus.
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Die Verwendung alter Reifen erscheint als kurzfristig verfügbare, kostengünstige Lösung, deren Effektivität jedoch unklar bleibt. Fachleute weisen zudem auf mögliche Risiken hin: Im Ernstfall könnten brennende Reifen erheblichen Schaden anrichten – etwa durch Brände nach einem Drohnenangriff, der ohne die Reifen womöglich weniger verheerend verlaufen wäre. Auch der Aufwand im Flugbetrieb steigt, da die Reifen vor jedem Einsatz entfernt und anschließend wieder montiert werden müssen.
Auch an anderer Stelle hat Russland mit ähnlichen Täuschungstechniken experimentiert. Beim Auftreten der britisch-französischen Marschflugkörper Storm Shadow und SCALP-EG wurden Schiffe der Schwarzmeerflotte mit speziellen Infrarot-tarnenden Lackierungen versehen. Der Einsatz von Reifen auf Flugzeugen folgt offenbar einer ähnlichen Logik – nämlich moderne Waffensysteme mit passiven Mitteln zu überlisten, bevor es zu einem Verlust wertvoller Waffensysteme kommt.
- twz.com: "Russia Is Using Tires To Protect Its Bombers From Aerial Attack" (englisch)
- businessinsider.com: "Satellite images show the unusual tire tactic and fake decoy aircraft that failed to save Russia's bombers from Ukrainian drones" (englisch)
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