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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wissen Wandfarbe tötet Superbakterien

Superbakterien werden in Krankenhäusern zu einem immer größeren Problem: Tausende Patienten sterben jedes Jahr an den Folgen von Infektionen, selbst starke Antibiotika sind wirkungslos gegen resistente Keime. Jetzt stellen Forscher ein neues Gegenmittel vor: eine Wandfarbe.
"Superkeime", "Killerbazillen", "Todesbakterien": Krankheitserreger, denen Antibiotika nichts mehr anhaben können, sorgen immer wieder für teils heftige Schlagzeilen. Zuletzt gelang dies einem aus Indien eingeschleppten Keim mit dem Resistenzgen NDM-1 - auch wenn der in Europa bisher nur ein Todesopfer gefordert hat. Der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) macht hingegen etwa ein Viertel aller resistenten Bakterienstämme in Deutschland aus.
Neben Wundinfektionen - die in deutschen Krankenhäusern jährlich rund 160.000 Patienten betreffen - lösen diese Keime oft auch Lungenentzündungen oder Blutvergiftungen aus. Immungeschwächte Menschen in Kliniken und Altersheimen sind besonders bedroht.
Wirkung auf Oberflächen hält bis zu sechs Monate
Ein US-Forscherteam ist der effektiven Bekämpfung der Bakterien in Krankenhäusern nun einen Schritt näher gekommen - mit einer Wandfarbe. Der Anstrich enthält ein Enzym, das die Zellwände der Bakterien zerstört. Dieses sogenannte Lysostaphin haben die Forscher mit mikroskopisch kleinen Kohlenstoff-Nanoröhren kombiniert, die wiederum mit gewöhnlicher Farbe gemischt werden können.
Anschließend haben die Biochemiker damit Wände und andere Oberflächen gestrichen. Mit Erfolg: Innerhalb von 20 Minuten waren sämtliche Bakterien tot, schreiben die Forscher um Jonathan Dordick vom Rensselaer Polytechnic Institute in Troy im Fachmagazin "ACS Nano". Die Wirkung hält demnach bis zu sechs Monate an - und die Oberflächen könnten sogar gereinigt werden.
Weitere Verwendungsmöglichkeiten in der Medizin
"Wir haben uns gefragt, ob es in der Natur Enzyme gibt, die wir gegen Bakterien einsetzen können", sagt Dordick. Enzyme übernehmen zahlreiche wichtige Funktionen im Stoffwechsel von Organismen und sind an den meisten biochemischen Reaktionen beteiligt. Ihre Suche führte die Forscher zu Lysostaphin, das in einer für den Menschen ungefährlichen Art der Staphylokokken vorkommt. Es gelang, das Enzym mit Nanopartikeln zu kombinieren, um es zu stabilisieren - eine wichtige Grundlage für seine weitere Verwendung.
Das Lysostaphin setzt sich auf die Zellwand von Staphylococcus aureus, schneidet diese auf und zerstört so das Bakterium. Neben seinem Einsatz als Wandfarbe sehen die Wissenschaftler weitere Verwendungsmöglichkeiten wie etwa Überzüge auf medizinischen Instrumenten und Türgriffen oder in Mundschutz-Masken. Da es sich um ein natürlich auftretendes Enzym handele, sei es sehr unwahrscheinlich, dass MRSA Resistenzen dagegen entwickle.