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Energiekrise: Wie reagieren Deutschlands Großstädte?


Dunkelheit und kalte Duschen
So reagiert Deutschland auf die Energiekrise

  • Patrick Schiller ist t-online Regio Redakteur in Hannover.
Von Patrick Schiller

02.09.2022Lesedauer: 7 Min.
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Der fast unbeleuchtete Berliner Dom: Deutschlands Städte planen Strom zu sparen. Aber ihr Vorgehen unterscheidet sich.Vergrößern des Bildes
Der fast unbeleuchtete Berliner Dom: Deutschlands Städte planen, Strom zu sparen. Aber ihr Vorgehen unterscheidet sich teilweise erheblich. (Quelle: IMAGO/Christian Ditsch/imago images)

Für die Umsetzung der Energiesparmaßnahmen der Bundesregierung haben Deutschlands Großstädte unterschiedliche Strategien entwickelt. Welche sind das?

Sparen bei Licht und Heizung: Angesichts des drohenden Gasmangels im Winter wechseln Deutschlands Städte und Gemeinden in den Energiesparmodus. Mit den Energieeinsparverordnungen der Bundesregierung soll der Gasverbrauch laut Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ungefähr im Umfang von zwei bis zweieinhalb Prozent gesenkt werden. Doch wie gehen Deutschlands Großstädte im Einzelnen vor? t-online hat sich umgesehen.

Was plant Berlin?

Um Energie für den Winter zu sparen, will Berlin zehn Prozent des Energieverbrauchs der öffentlichen Hand sparen. Dazu hat der Senat einige kurz- und mittelfristige Maßnahmen erarbeitet, die zunächst bis zum 31. März 2023 laufen – und möglicherweise nochmals verlängert werden. So werden bekannte öffentliche Gebäude, etwa das Brandenburger Tor oder der Berliner Dom, nachts nicht mehr angestrahlt.

Zudem will der Senat auf stromsparende LED-Leuchten setzen, zum Beispiel in öffentlichen Gebäuden oder in Straßenlaternen. Raumtemperaturen in öffentlichen Gebäuden sollen – sofern sie die vorgeschriebene Mindesttemperatur nicht unterschreiten – begrenzt werden. Ausgenommen davon sind beispielsweise Schulen und Kitas.

Darüber hinaus wird das warme Wasser in zahlreichen öffentlichen Bereichen abgestellt. Manche Bereiche sind davon ausgenommen, zum Beispiel Dusch- und Waschräume von Sport- und Schwimmhallen. Die Wassertemperatur in Schwimmbädern wird auf maximal 26 Grad gesenkt.

So sparen die Hansestädte im Norden

In Hamburg hat der Senat einen Energiesparplan mit 25 Punkten festgelegt. Dieser betrifft vor allem den Betrieb von öffentlichen Gebäuden. Warmes Wasser in Teeküchen und auf den Toiletten sei bereits abgestellt worden. Auch Klimaanlagen sollen die Räumlichkeiten nicht mehr unnötig abkühlen. Ebenso sollen im Winter die Temperaturen gedrosselt werden.

Außerdem will die Stadt dafür sorgen, dass elektrische Geräte überprüft und gegebenenfalls ausgetauscht werden. Nach dem Gebrauch sollen diese Geräte ausgeschaltet und die Stecker gezogen werden. Zudem soll die Beleuchtung in Parks, Sport- und Grünanlagen verringert werden. Optisch ändert sich noch mehr für die Hamburger: Ab dem 15. September werden zahlreiche Brunnen im Stadtgebiet ausgeschaltet.

Während Bürger in Deutschland eine Gasumlage zahlen müssen, könnten einige Hamburger davon verschont bleiben. Der Senat wolle die Hamburger Energiewerke auffordern zu prüfen, ob sie davon absehen könnten, diese Umlage auf ihre Fernwärme- und Gaskunden umzulegen, sagte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne).

In Bremen werden öffentliche Gebäude nur noch nach den bundesrechtlichen Mindeststandards beheizt. Diese liegen zwischen 17 und 20 Grad. Ausgenommen davon sind soziale Einrichtungen wie Kitas, Schulen, Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser.

Die Bestrahlung von öffentlichen, touristischen Gebäuden ist in der Zeit von 0 bis 6 Uhr ausgesetzt. Diese Maßnahme gilt zunächst bis zum 1. Dezember. Warmes Wasser in Toiletten und Waschräumen gibt es nur noch in sozialen Einrichtungen.

Die Straßenbeleuchtung bleibt an – aus Gründen der Kriminalitätsprävention und Verkehrssicherheit. Wo möglich, werden Straßenlaternen aber auf 50 Prozent gedimmt. Laut Senat wolle man außerdem schnellstmöglich auf flächendeckende LED-Lampen bei den Straßenlaternen umrüsten. Damit lassen sich annähernd fünf Millionen Kilowattstunden Strom jährlich einsparen, so der Senat.

Die Mitte Deutschlands: Hannover und Frankfurt

Hannover hat bereits als eine der ersten Großstädte das warme Wasser in den Duschen der städtischen Frei- und Hallenbäder abgestellt – und ist mit seinem Voranschreiten damit international in die Schlagzeilen geraten. Damit plant die niedersächsische Landeshauptstadt, ihren Energieverbrauch um 15 Prozent zu drosseln, so Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne).

Um das zu erreichen, verzichtet die Stadt auf die Beleuchtung repräsentativer Gebäude – auch Werbetafeln bleiben nachts aus. Schulen und Kitas werden nur noch begrenzt beheizt. Brunnen bleiben ebenfalls aus. Öffentliche Gebäude dürfen in der Regel nur noch bis maximal 19 Grad beheizt werden.

Die Umsetzung der Maßnahmen fordert jedoch hinsichtlich der Beleuchtung vor allem aus polizeilicher Sicht viel Bedacht. "Gerade in der dunklen Jahreszeit kann das kollektive Sicherheitsgefühl darunter leiden, wenn die Beleuchtung im öffentlichen Raum wegfällt, die auch durch das Anstrahlen von Werbeflächen und öffentlichen Gebäuden gewährleistet wird", teilte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Niedersachsen mit.

In Frankfurt bleiben die Wahrzeichen der Stadt nachts dunkel. Das Rathaus, der Römer und die Paulskirche werden abends nicht mehr angestrahlt, nur die Bankentürme sorgen weiter dafür, dass die Skyline auch nachts ein Hingucker bleibt – doch bei der Commerzbank, dem größten Tower, bleiben einige Lichter aus.

Wo wird noch gespart? Beim Weihnachtsmarkt wird es keine Eisbahn geben. Apropos Eisbahn: Bei der Eissporthalle solle gleichzeitig Wasser und Energie eingespart werden, doch hier hagelt es vonseiten der Betreiber bereits Kritik. Ansonsten: Klassenräume und Schwimmbäder werden kälter, die Rasenheizungen in Stadien wird ausgeschaltet, sodass die Fußballer im Winter im Schnee spielen müssen, sofern in Zeiten von Klimakrise überhaupt noch weiße Schneeflocken vom Himmel fallen.

So spart das Ruhrgebiet

Essen schätzt sein Einsparpotenzial auf rund 60.000 Kilowattstunden pro Jahr. Die Außenbeleuchtung von öffentlichen Gebäuden, Kunstwerken im öffentlichen Raum, Denkmälern sowie an Kulturimmobilien wird im Sinne der Verkehrssicherungspflicht auf ein Minimum reduziert oder eingestellt, so die Stadt in einer Pressemitteilung.

Zudem werde die Stadt Ampeln nachts auf das mögliche Minimum reduzieren. Zusätzlich soll die Straßenbeleuchtung auf LED-Technologie umgerüstet werden. "Die Straßenbeleuchtung verbraucht etwa 14 Millionen Kilowattstunden im Jahr, eine vollständige Umrüstung auf LED-Technologie kann mittel- und langfristig erhebliche Einsparmöglichkeiten ergeben", sagt ein Sprecher der Stadt.

Bei der Schätzung der Ersparnisse in Kilowattstunden bleibt Thomas Westphal (SPD), Oberbürgermeister von Dortmund, vage: "Glücklicherweise hat die Stadt eines der modernsten Straßenbeleuchtungssysteme der Welt – das heißt, dass wir die Beleuchtung individuell steuern, abstellen und so viel Strom sparen", führte OB Westphal an. Zudem soll auch an Weihnachten die Stadt nicht dunkel bleiben.

Die Stadt Düsseldorf schaltet angesichts der Energiekrise mit 8.000 Gaslaternen einen Teil ihrer historischen Beleuchtung nachts ab. Analog zur Betriebspause der Rheinbahn sollen die 8.000 ausgewählten Laternen ab dem 15. Oktober von 1 Uhr bis 5 Uhr abgeschaltet werden, teilte die Landeshauptstadt nach einem Beschluss des Krisenstabes von Donnerstag mit. Die Polizei prüfe, ob in Teilbereichen aus Sicherheitsaspekten eine Ersatzbeleuchtung eingerichtet werden müsse.

Der Kölner Dom bleibt nachts dunkel. Die Beleuchtung repräsentativer Bauwerke in der Stadt soll um 23 Uhr, ab Herbst schon um 22 Uhr ausgeschaltet werden, wie die Stadt mitteilte. Der dunkle Dom ist nur eine von zahlreichen Energiesparmaßnahmen, die die Stadt auf den Weg gebracht hat.

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In städtischen Büros soll die Raumklimatisierung auf ein "betriebsnotwendiges Minimum" reduziert werden, teilte die Stadt via Pressemitteilung mit. Wenn es kälter wird, soll nur noch auf maximal 19 Grad geheizt werden. Laut Stadt kann es einige Tage dauern, bis die Maßnahmen umgesetzt werden.

Auf welche Maßnahmen setzt der Süden?

Auch Stuttgart hat bereits einige Maßnahmen zum Energiesparen umgesetzt. Eine Einsparung in Höhe von zwei Prozent der verbrauchten Energie erwartet die Stadt Stuttgart dadurch, dass die Soll‐Temperatur in der Heizperiode um mindestens ein Grad abgesenkt wird. Das bedeutet, dass in den über 1.300 Gebäuden der Landeshauptstadt höchstens 19 Grad Celsius vorherrschen werden.

Zudem gebe es schon seit längerer Zeit kein warmes Wasser mehr zum Händewaschen in den Toiletten. Zu den Sparmaßnahmen gehört auch das Abschalten der nächtlichen Außenbeleuchtung von zahlreichen öffentlichen Gebäuden. Darunter das Alte Schloss, die Markthalle, das Stadtpalais, der Tagblattturm sowie der Fernsehturm. Gleiches gilt für Kirchenbauten wie etwa die Stiftskirche oder die Johanneskirche sowie zahlreiche Brunnen wie etwa der Galatea‐Brunnen.

Die Freibäder werden künftig nur noch mit Solarenergie beheizt, und in den Hallenbädern soll es ab der kommenden Hallenbad-Saison (ab 19. September) keine Warmbadetage mehr geben. Darüber hinaus will die Stadt verstärkt auf biogenes Gas setzen – zu 35 Prozent soll der Gasbedarf durch Biogas gedeckt werden, um die Stadt unabhängiger von Erdgaslieferungen zu machen.

München versucht, vor allem in der Nacht Energie zu sparen: bei Brunnen, Leuchten und Ampeln. So soll etwa rund die Hälfte der Ampeln abgeschaltet werden, fast alle laufen energiesparend, teilt die Stadt mit. Die meisten Brunnen sollen ebenfalls abgeschaltet werden, sobald sie nicht mehr genutzt werden.

Was besonders auffallen wird: Die Stadt soll nachts bedeutend dunkler werden. Auch auf Hauptstraßen wird die Beleuchtung ab 22 Uhr reduziert, zudem werden historische Gebäude wie das Rathaus nicht mehr angestrahlt. Und auch Schulen sind vom Sparprogramm betroffen.

"Geschlossen" hängt an den Eingangstüren der städtischen Hallenbäder in Nürnberg. Eigentlich wäre hier gerade Hochbetrieb. Doch die deutschlandweite Energiekrise ist auch in Nürnberg angekommen. Die Stadt Nürnberg schließt über die Sommermonate einen Großteil ihrer Hallenbäder.

Außerdem verzichtet sie bis auf Weiteres auf die nächtliche Beleuchtung ihrer Sehenswürdigkeiten. Die Verantwortlichen rechnen so mit einer Einsparung von knapp 60.000 Kilowattstunden Strom bis zum Jahresende. Dazu sieht sich die Stadtspitze angesichts der durch den Ukraine-Krieg bedingten Lage gezwungen. "Die Lage ist ernst", sagt Nürnbergs zuständiger Bürgermeister Christian Vogel in einer Pressemitteilung im Juli.

Und der Osten?

Leipzig stellte seine Energiesparpläne Ende Juli unter dem Motto "Jede kleine Maßnahme zählt" vor. Ein Stufenplan wurde in Kraft gesetzt, der bei Bedarf bis zur Schließung von Schwimmhallen führen kann. Sofort umgesetzt wurde die Abschaltung von Außenbeleuchtungen an Gebäuden. Die Stadt spart so "173.130 Watt pro Stunde bei 238 jetzt nicht mehr angestrahlten Gebäuden, Plätzen, Brücken und Gewässern", sagte ein Sprecher zu t-online.

Bis Jahresende können so etwa 150.000 Kilowattstunden weniger verbraucht werden. Trotzdem ist dieser Schritt eher symbolischer Natur – und geht zulasten der Zufriedenheit der Leipziger Bürger, die nun auf ein glänzend illuminiertes Völkerschlachtdenkmal verzichten müssen.

Quasi als kleines Trostpflaster für die verletzte Volksseele kündigte die Stadt gleichzeitig an, in Amtsstuben die Heizungen herunterzudrehen und dort auch konsequent das warme Wasser abzustellen. Falls Leipziger Beamte und Verwaltungsangestellte sich also die Hände waschen, müssen sie dies nun mit kaltem Wasser tun. Und im dicken Pulli.

Verwendete Quellen
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