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Berlin: Israel-Konflikt spaltet Neukölln – so explosiv ist die Lage im Kiez


Immer wieder Polizeieinsätze
Israel-Konflikt spaltet Neukölln: So brisant ist die Lage im Kiez

Von dpa
Aktualisiert am 12.10.2023Lesedauer: 4 Min.
Festnahme eines Mannes auf dem Hermannplatz.Vergrößern des BildesFestnahme eines Mannes auf dem Hermannplatz. (Quelle: Sebastian Gollnow/dpa)
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Seit dem Wochenende ist die Lage in Neukölln äußerst angespannt. Wie der Israel-Konflikt für Aufsehen in dem Kiez sorgt – und was Experten Sorgen macht.

Die Lage in Neukölln ist seit Tagen brisant: Die Berliner Polizei geht nach dem Terrorangriff der palästinensischen Organisation Hamas auf Israel von einer verschärften Sicherheitslage in Berlin aus. Aus Sorge vor antisemitischen Ausrufen, Gewaltverherrlichung oder Gewalttätigkeiten hat sie pro-palästinensische Demonstrationen verboten.

Ungeachtet dessen versammelten sich am Mittwoch Hunderte Menschen in Neukölln. Die Polizei schritt immer wieder ein, um größere Ansammlungen an einer Stelle zu verhindern. Die Stimmung war angespannt. Es sei "ordentlich Potenzial auf der Straße", sagte ein Polizeisprecher am Abend. Die Polizei habe die Situation aber bislang unter Kontrolle.

Rangeleien am Abend im Kiez

Vor allem im Bereich Hermannplatz und Sonnenallee kam es ab dem frühen Abend immer wieder zu Rangeleien. Der Polizeisprecher erklärte, es habe ein paar Freiheitsentziehungen gegeben. Zur Anzahl konnte er zunächst keine Angaben machen. Laut Veranstalter wollten rund 250 Menschen unter dem Titel "Demo in Solidarität mit Palästina" vom Richardplatz in Neukölln zum Kottbusser Tor in Kreuzberg ziehen. Die Versammlung sei "mit rassistischer Begründung" untersagt worden, schrieb die Initiative Palästina Kampagne im Internet. Das Verbot der Polizei verstoße gegen das Grundgesetz.

Das Verwaltungsgericht Berlin bestätigte jedoch am Abend im Eilverfahren das Verbot der Polizei. Die Entscheidung erfolgte weit nach dem geplanten Beginn der Versammlung. Aus Sicht der Polizei bestand die Gefahr, dass es dabei zu volksverhetzenden, antisemitischen Ausrufen sowie zu Gewaltverherrlichungen oder Gewalttätigkeiten kommt.

Streit an Schule sorgt für Aufsehen

Mit einer vergleichbaren Begründung untersagte die Polizei auch eine Demonstration vor einer Schule in Neukölln. Gleichwohl versammelten sich dort am Mittwochvormittag laut Polizei 30 bis 40 Menschen, überwiegend Schülerinnen und Schüler. Dabei seien israelfeindliche Flugblätter verteilt worden, sagte ein Polizeisprecher.

Trotz Durchsagen zum Verbot verließen nicht alle Menschen freiwillig den Platz vor dem Gymnasium in der Sonnenallee, so dass von einigen die Personalien aufgenommen wurden. Eine Elternsprecherin kritisierte das Verbot. "Wir konnten im Vorfeld erwarten, dass es möglicherweise Hamas-Sympathisanten gibt, die diese Kundgebung ausnutzen werden für ihre Zwecke", erklärte der Polizeisprecher.

Von Polizisten vor Ort seien am Mittwoch Flyer sichergestellt worden, in denen zum "Befreiungskampf" aufgerufen werde, sagte der Sprecher. Der Inhalt werde nun vom polizeilichen Staatsschutz genauer geprüft. Die Flugblätter seien von mindestens zwei Menschen verteilt worden. Nach einem Bericht des "Tagesspiegels" trugen sie den Titel "Palästina sprengt seine Ketten".

So geht es in Neukölln weiter

An der Schule war es am Montag zu einem Vorfall im Zusammenhang mit dem Israel-Konflikt gekommen. Ein Schüler war mit einer Palästina-Fahne erschienen, woraufhin es eine gewaltsame Auseinandersetzung mit einem Lehrer gab. Eltern planten daraufhin die Demonstration, die von der Polizei verboten wurde.

Für diesen Freitag rief die Hamas Muslime in der ganzen Welt zu Aktionen und Unterstützung auf. Für Donnerstag und Samstag sind weitere Demonstrationen von Palästinenser-Organisationen angekündigt: einmal von der Gemeinde der Palästinenser in Berlin mit 200 Teilnehmern und dem Titel "Solidarität mit der Zivilbevölkerung" am Potsdamer Platz. Und am Samstag vom Zentralrat der Palästinenser in Deutschland am Brandenburger Tor und dem Motto "Frieden in Nahost".

Immer wieder Straftaten

Laut Polizeipräsidentin Barbara Slowik wird noch geprüft, ob diese Demonstrationen problematisch sein könnten mit Blick auf möglichen Antisemitismus oder Unterstützung von Gewalttaten.

Seit Samstag, dem Tag des Angriffs auf Israel, zählte die Berliner Polizei bislang mehr als 30 Straftaten wie verbotene Symbole, Plakate und Hetzreden. Dazu mehr als 30 Ordnungswidrigkeiten bei Demonstrationen. Bei allem gelte: "Tendenz steigend". Auch das Verteilen von Süßigkeiten bei einer Freudenfeier von Palästinensern auf der Straße am Samstagabend in Neukölln erfülle den Anfangsverdacht für die Billigung von Straftaten.

Grundsätzlich gilt aus Sicht der Polizei, je schlimmer die Lage im Nahen Osten eskaliere, desto schwieriger werde es auch in Berlin mit einem nicht ganz kleinen Anteil an arabischstämmiger und besonders palästinensischer Bevölkerung. Bilder und Videos von Gegenschlägen der israelischen Armee und ihren Opfern finden über Internetportale und Chatgruppen in großer Menge und hoher Geschwindigkeit ihren Weg nach Berlin.

Propaganda in den Sozialen Medien

Insbesondere die Propaganda in Sozialen Medien bereite ihm große Sorge, sagte der Autor und Psychologe Ahmad Mansour der Deutschen Presse-Agentur. Er sieht große Herausforderungen für die Schulen: Lehrerinnen und Lehrer müssten in der Ausbildung und durch entsprechende Lehrpläne befähigt werden, das Thema zu behandeln. In der aktuellen Situation empfahl er Lehrenden, Dialogplattformen zu schaffen, auf denen das Thema besprochen werden könne. "Außerdem sollten sie empathisch auf die Emotionen der Schülerinnen und Schüler reagieren, aber klare Grenzen ziehen, wenn es in Antisemitismus umkippt", sagte Mansour.

Nach Einschätzung der Integrationsbeauftragten von Berlin-Neukölln, Güner Balci, haben weite Teile der arabischsprachigen Bevölkerung dort Sympathien für die Terroristen von Hamas und Hisbollah. Das wisse sie aus zahlreichen Gesprächen, sagte Balci dem "Spiegel". Nur unter Polizeischutz habe die Flagge Israels als Zeichen der Solidarität vor dem Neuköllner Rathaus gehisst werden können.

Balci forderte ebenso wie Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) ein Verbot der palästinensischen und israelfeindlichen Organisation Samidoun. "Die Gruppe ist in den sozialen Netzwerken sehr aktiv und erreicht so vor allem junge Menschen", sagte Balci.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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