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Massive Kritik im Abgeordnetenhaus an Straßenblockaden


Berlin
Massive Kritik im Abgeordnetenhaus an Straßenblockaden

Von dpa
10.02.2022Lesedauer: 3 Min.
AbgeordnetenhausVergrößern des BildesDie Abgeordeneten sitzen während einer Plenarsitzung im Berliner Abgeordnetenhaus. (Quelle: Wolfgang Kumm/dpa/Archivbild/dpa-bilder)
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Die anhaltenden Straßenblockaden von Aktivisten, die für mehr Klimaschutz und weniger Lebensmittelverschwendung eintreten, stoßen im Berliner Abgeordnetenhaus auf massive Kritik. Bei einer Debatte am Donnerstag wiesen Redner mehrerer Parteien darauf hin, dass es sich bei den Aktionen um Straftaten handelt, mit denen die Aktivisten sich und andere gefährdeten. Sie seien vom Recht auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit nicht gedeckt. Linke und Grüne wollten die Aktionen hingegen nicht pauschal verurteilen, ziviler Ungehorsam könne ein legitimes Mittel sein.

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) kündigte eine neue Linie der Polizei gegen die Blockaden an. "Wir müssen damit rechnen, dass es zu weiteren vergleichbaren Protesten kommen wird", sagte sie im Parlament. "Die Polizei erweitert daher deutlich ihre Taktik, um Aktionen rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern, zum Beispiel durch gezielte Gefährderansprachen." Darüber hinaus prüfe die Polizei die mögliche Übernahme von Einsatzkosten durch die Blockierer.

Demonstranten, die sich als "letzte Generation" bezeichnen, haben zuletzt in Berlin rund 30 Mal Straßen und Autobahnen blockiert - mit der Folge langer Staus. Sie nenne ihre Kampagne "Essen Retten - Leben Retten" und fordern ein Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung und eine sofortige Agrarwende, um Klimagase aus der Landwirtschaft zu mindern. Am Donnerstag wurde laut Verkehrsinformationszentrale in Charlottenburg die Autobahnausfahrt Spandauer Damm gesperrt. Eine weitere Blockade gab es demnach auf der Ausfahrt Tempelhofer Damm.

"Seit Wochen wird ganz Berlin von einer kleinen, radikalisierten und fanatischen Weltuntergangssekte in Geiselhaft genommen", sagte der Sprecher für Rechtspolitik der AfD-Fraktion, Marc Vallendar. Die Blockierer nähmen billigend in Kauf, dass Rettungswagen nicht rechtzeitig zum Einsatzort kämen. In Wahrheit handele es sich nicht um Aktivisten, sondern um Extremisten, die Straftaten begingen, um Politik und Parlament zu erpressen. "Das dürfen wir nicht zulassen."

Der CDU-Innenpolitiker Frank Balzer forderte, die Polizei müsse nicht angezeigte Blockaden unverzüglich beenden. Alle Straftaten wie gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Nötigung, Behinderung von Rettungskräften oder Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte seien zur Anzeige zu bringen. Einige Rädelsführer seien inzwischen bekannt. "Das sind Gefährder, die angesprochen werden müssen."

Der SPD-Innenpolitiker Tom Schreiber nannte die Protestform der Aktivisten "unsäglich, unerträglich und unverhältnismäßig". Er schlug im Falle begangener Straftaten beschleunigte Verfahren gegen Blockadeteilnehmer vor. "Die Strafe muss auf den Fuß folgen."

Gleichzeitig müsse die Politik den Demonstranten Dialogangebote machen. Ihre Botschaft, mehr für Klimaschutz zu tun, sei angekommen. Dieses Ziel verfolge auch die rot-grün-rote Koalition in Berlin. "Es ist sehr wichtig, ihnen deutlich zu machen, dass alle Parteien in der Sache gesprächsbereit sind", so Schreiber.

"Die Berlinerinnen und Berliner haben die Schnauze gestrichen voll", meinte der Sprecher für Innenpolitik der FDP-Fraktion, Björn Matthias Jotzo. Von den Blockaden seien bisher mehr als eine Million Bürgerinnen und Bürger betroffen gewesen. "Wir haben es mit einem vollkommen illegitimen Eingriff in das Leben, in die Freiheit Zehntausender Menschen in der Stadt zu tun." Er vermisse ein wirksames Einsatzkonzept der Polizei, so Jotzo.

Der Grünen-Innenpolitiker Vasili Franco wandte sich gegen eine pauschale Kriminalisierung der Demonstranten. "Ich persönlich halte zivilen Ungehorsam zunächst für ein legitimes Mittel." Selbstverständlich müsse Protest friedlich sein und dürfe keine Menschenleben gefährden. Aber: "Politischer Protest, sei er unkonventionell oder anstrengend, war und ist für mich selbstverständlicher Bestandteil einer gesunden Demokratie. Das muss und kann man aushalten."

Für Klimaschutz einzutreten, sei kein Verbrechen, sagte der Sprecher für Klimapolitik der Linke-Fraktion, Ferat Kocak. "Protest muss manchmal provokant sein, manchmal muss er den sogenannten Normalbetrieb stören, denn sonst bleibt er letztlich unbeachtet und wirkungslos", meinte er. Angesichts einer Situation, in der weltweit verantwortliche Politiker und Politikerinnen wider besseren Wissens zuschauten, wie der Planet mit 300 km/h in den Abgrund gefahren werde, erscheine die Blockade von Autobahnauffahrten noch als mildes Protestmittel.

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