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Fleißig, ehrgeizig und ein Kriegsverbrecher? Prozess

Von dpa
19.01.2022Lesedauer: 4 Min.
Justitia
Eine Figur der blinden Justitia. (Quelle: Sonja Wurtscheid/dpa/Symbolbild/dpa-bilder)
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Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, förmlich zusammengesunken in seinem Parka und mit vor dem Körper gefesselten Händen betritt Alaa M. den Gerichtssaal. Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt muss sich der 36 Jahre alte syrische Arzt seit diesem Mittwoch wegen Verbrechen wegen die Menschlichkeit verantworten.

Eine gute Dreiviertelstunde dauert die Verlesung der Anklageschrift, in der die Bundesanwältinnen auch auf die gewaltsame Niederschlagung der Opposition in Syrien nach dem Arabischen Frühling und ausführlich auf die Situation in den Militärgefängnissen eingehen - Gefängnissen wie jenes in Homs, in dem auch M. gefoltert haben soll.

Laut Anklage arbeitete er zwischen April 2011 und Ende 2012 als Assistenzarzt in einem Militärkrankenhaus in seiner Heimatstadt Homs. Dort sowie in einem weiteren Militärkrankenhaus in Damaskus und im Gefängnis des syrischen Militärischen Geheimdienstes in Homs soll der Angeklagte inhaftierte Zivilisten, die der Opposition gegen Machthaber Baschar al-Assad zugerechnet wurden, gefoltert haben.

Exzessive Gewalt, Folter in allen Bereichen von der Notaufnahme bis zu den unterirdischen Kellern, in denen Gefangene unter katastrophalen Bedingungen zusammengepfercht waren - M. soll Teil des Systems gewesen sein und vor Arztkollegen sogar mit seinen Taten geprahlt haben.

So habe er Kollegen erzählt, er "habe heute eine Küchenschabe mit Füßen getreten", heißt es in der Aufzählung der Anklägerin. Bei einer anderen Gelegenheit habe er damit angegeben, mit der Verbrennung von Genitalien "eine neue Foltermethode erfunden zu haben". Unter den Opfern dieser brutalen Gewalt war laut Anklage auch ein 14 bis 15 Jahre alter Junge. Der Orthopäde soll Knochenbrüche ohne Narkose behandelt und einem Gefangenen auf entzündete Wunden getreten sein.

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Der Angeklagte, mittlerweile ohne Parka, in weißem Hemd und Jackett, hört der Verlesung der Anklage mit halb geschlossenen Augen und leicht vorgeneigtem Kopf zu. Den neben ihm sitzenden Dolmetscher braucht M., der seit 2015 in Deutschland als Arzt praktiziert, nicht. Auch zur eigenen Person äußert er sich in akzentgefärbten, aber gutem Deutsch: Er komme aus einer christlichen Familie, sei verheiratet und habe zwei Kinder. Dass er auch im Ausland praktizieren wollte, sei ihm bereits früh klar gewesen. Noch während seines Studiums besuchte er nach eigenen Angaben zwei Sprachkurse in England, entschied sich dann aber 2009, lieber Deutsch zu lernen.

Diese Zielstrebigkeit wird auch in den Arbeitszeugnissen bescheinigt, die anschließend verlesen werden. Immer wieder wird der Mann als ehrgeizig und zielstrebig hervorgerufen, höflich gegenüber Vorgesetzten - einer, der seine Pflicht erfüllt. Bemerkenswert: Laut Lebenslauf und den Bescheinigungen, die auch die Grundlage für seinen Arbeitsvertrag mit einer Klinik in Nordhessen bildeten, war er von 2010 bis 2015 durchgehend im Städtischen Krankenhaus Damaskus beschäftigt. Von Militärkrankenhäusern ist darin keine Rede. In der kommenden Woche will sich M. in seiner Einlassung vor Gericht zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen äußern.

"Wir werden Punkt für Punkt und Schritt für Schritt die Wege unseres Mandanten darstellen und dann werden wir das (mit den Zeugenaussagen) vergleichen", kündigt einer der Verteidiger nach dem ersten Prozesstag an. "Was wir heute in der Anklageschrift der GBA (Bundesanwaltschaft) gehört haben, werden wir widerlegen."

"Der heutige Prozessbeginn ist ein klares Bekenntnis der deutschen Justiz zum Weltrechtsprinzip, und zum humanitären Grundgedanken des Völkerstrafrechts, betont Anna Zabeck, Oberstaatsanwältin und Anklagevertreterin in dem Verfahren, nach dem ersten Prozesstag. "Das Verfahren ist ein starkes Signal gegen die Straflosigkeit schwerster Verbrechen gegen die Menschlichkeit."

Auf Aufklärung und mehr internationale Aufmerksamkeit hofft auch die kleine Gruppe von Syrern, die aus mehreren Städten Deutschlands, aus den Niederlanden und Frankreich angereist ist. Einige haben syrische Flaggen bei sich, auf denen "Freiheit" steht. Sie halten Plakate hoch mit den Bildern von Menschen, die als verschwunden gelten. Viele haben selbst Angehörige, die oft viele Jahre inhaftiert waren - so wie der Vater und Onkel des syrischen Exilaktivisten und Journalisten Sakher Edris, der aus Paris zu dem Prozess angereist ist.

"Die Syrer haben die Hoffnung in die internationale Gemeinschaft verloren nach all den Jahren voller Massaker, der Verhaftungen, der Gewalt", sagt Edris. "Aber jetzt, nach Koblenz und nun hier in Frankfurt, das ist ein Funke Hoffnung für uns, dass Täter zur Verantwortung gezogen werden und die Straflosigkeit endet."

Und er berichtet über sein Gespräch mit der Mutter eines verschwundenen jungen Mannes, die ihre ganze Hoffnung auf die internationale Justiz setzt, auch wenn sie die Hoffnung für ihren Sohn aufgegeben habe. "Sie hofft nur, dass er inzwischen tot ist - dann kann er wenigstens nicht mehr gefoltert werden."

Erst in der vergangenen Woche war der nach Angaben der Bundesanwaltschaft weltweit erste Strafprozess um Staatsfolter in Syrien vor dem Oberlandesgericht Koblenz zu Ende gegangen. Der Syrer Anwar R. wurde wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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