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Cosco-Einstieg am Hamburger Hafen: Handelsexperte sieht keine große Gefahr


Cosco-Einstieg genehmigt
"Ohne China hätten wir viel größere Probleme"

  • Gregory Dauber
InterviewVon Gregory Dauber

Aktualisiert am 11.05.2023Lesedauer: 3 Min.
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Hamburger Hafenterminal TollerortVergrößern des Bildes
Das Hamburger Hafenterminal Tollerort, an dem sich Chinesen beteiligen wollen: Die Bundesregierung hat nun ihre Zustimmung erteilt. (Quelle: Georg Wendt/dpa/dpa-bilder)

Nach rund einjähriger Prüfung darf der chinesische Staatskonzern Cosco sich am Hamburger Hafen beteiligen. Ein Experte klärt über die Folgen auf.

Der Bund hat einem Deal mit der chinesischen Reederei Cosco und der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) zugestimmt: Die Chinesen dürfen mit maximal 24,9 Prozent beim Containerterminal Tollerort einsteigen. Bis zuletzt hatte es Kritik an dem Vorhaben gegeben. Der Handelsexperte Vincent Stamer vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel erklärt, warum die Minderheitsbeteiligung des chinesischen Staatskonzerns keine unmittelbare Gefahr darstellt. Auf deutsche Verbraucher werde der Deal keinerlei Auswirkungen haben.

t-online: Herr Stamer, hat China nun eine uneinholbare Vormachtstellung in der maritimen Logistik?

Vincent Stamer: Nein, wir müssen differenzieren zwischen der Kontrolle über Infrastruktur und über Warenflüsse. China ist mit Abstand das wichtigste Land für Exporte von Containergütern. Etwa 35 Prozent der Container, die in Hamburg ankommen, kommen aus China. Im Verhältnis dazu ist die Kontrolle über die Infrastruktur nicht besonders groß, schließlich reden wir über eine Minderheitsbeteiligung von unter 25 Prozent am kleinsten von vier Terminals. Auf dem Weltmarkt ist es so: Vier der fünf größten Reedereien, denen die ganzen Schiffe gehören, sind europäisch. Im Gegensatz dazu ist Cosco relativ klein. China hat also kein Monopol an dieser Stelle.

Wie groß war die Gefahr für den Hamburger Hafen, ohne den Einstieg von Cosco an Bedeutung zu verlieren?

Die Gefahr, eine geringere Rolle im Wettbewerb zu spielen, besteht weiterhin. Denn Hamburg hat auch in den letzten Jahren etwas von seinem Marktanteil verloren. Hamburg ist kein Tiefseehafen, sodass manche Schiffe nicht voll beladen die Elbe hochfahren können. Dementsprechend ist es schon wichtig, dass sich Cosco stärker an den Standort bindet. Eine Analyse am Hafen von Piräus hat gezeigt, dass Cosco Wort hält und die Mengen, die über Cosco geliefert werden, nach dem Einstieg tatsächlich größer geworden sind.

Wie bewerten Sie es, dass der Deal von der Bundesregierung nun freigeben wurde?

Aus der volkswirtschaftlichen Perspektive ist diese Entscheidung gut für den Hamburger Standort. Die kritische Infrastruktur, damit meine ich die physische Infrastruktur wie die Kaimauern, gehört weiterhin der Stadt Hamburg. Und die wichtige IT-Infrastruktur, die soll weiterhin komplett unter der Kontrolle der HHLA, der deutschen Betreiberfirma des Hafens, liegen. Unter diesen Umständen vergrößert die Minderheitsbeteiligung unsere Abhängigkeit von China nicht. Der Hafen ist wichtig für Deutschland, gerade weil China dort umschlägt.

Vincent Stamer: Er ist Handelsexperte am IfW in Kiel.
Vincent Stamer. (Quelle: IfW Kiel)

Zur Person

Dr. Vincent Stamer schreib seine Dissertation zu Interaktionen zwischen dem Containerschiffnetzwerk und internationalem Handel. Er arbeitet als Experte für Handelspolitik und Außenwirtschaft am Institut für Weltwirtschaft (Kiel).

Wird sich der Einstieg von Cosco beim Hamburger Hafen auf die deutschen Lieferketten auswirken und am Endverbrauchermarkt zu spüren sein?

Kurzfristig wird sich an den bestehenden Lieferengpässen nichts ändern. Es kann sein, dass langfristig Transportkosten minimal abnehmen. Aber ich würde sagen, dass diese Änderungen so gering sind, dass sie beim Konsumenten kaum ankommen werden. Der Terminal Tollerort, über den wir hier sprechen, macht weniger als zwei Prozent des gesamten deutschen Außenhandels aus. Klingt ernüchternd, und das ist es auch.

War die Aufregung, die es bis hin in die deutsche Spitzenpolitik über Monate hinweg gab, und die lange Zeit, die sich die deutschen Behörden zur Prüfung des Vorhabens genommen haben, gerechtfertigt?

Eine sehr kritische Betrachtung ist wichtig. Wir leben nun mal in einer Welt, in der Geopolitik eine größere Rolle spielt als vor zwei oder drei Jahren. Es ist richtig, dass wir diese Dinge überprüfen. Es ist wichtig, dass wir darüber eine öffentliche Debatte führen. Aber genau diese Debatte ist teilweise zu aufgeregt geführt wurde. Es geht um eine Minderheitsbeteiligung an einem Terminal, der einen sehr kleinen Teil des deutschen Außenhandels ausmacht. Die Waren aus China sind schon jetzt entscheidend für den deutschen Markt. Wenn wir von heute auf morgen aufhören würden, mit China zu handeln, dann hätten wir ohne China viel größere Probleme als die Minderheitsbeteiligung in Hamburg.

Herr Stamer, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Telefonisches Interview mit Vincent Stamer am 11. Mai 2023
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