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Verkehrschaos im Inntal: Zum Brenner könnte bald nichts mehr gehen


"Unerträgliche Lage" im Inntal
Am Brenner könnte bald nichts mehr gehen


Aktualisiert am 20.07.2022Lesedauer: 3 Min.
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29 Kilometer LKW-Stau auf der A93 bei Kiefersfelden wegen Blockabfertigung: Jetzt wollen auch die Dörfer im Inntal reagieren.Vergrößern des Bildes
29 Kilometer LKW-Stau auf der A93 bei Kiefersfelden wegen Blockabfertigung: Jetzt wollen auch die Dörfer im Inntal reagieren. (Quelle: Klaus Wiendl)

Wer nach Italien will, muss zumeist hier durch: Immer wenn Österreich Lkw blockiert, ist im Inntal Mega-LKW-Stau. Und die Schleichwege sollen auch bald dicht sein.

Nur 29 Kilometer Rückstau waren es, meldet Rosenheims Polizei. Um 5 Uhr begannen die Tiroler Behörden am Montag mit der Blockabfertigung, ihrer "Dosierungsmaßnahme" für Lkw ab 7,5 Tonnen von Kufstein in Richtung Innsbruck. Das heißt: Anfangs nur 100 Laster, später immerhin 250 pro Stunde dürfen nach Österreich, ein Bruchteil derer, die tatsächlich über die Grenze wollen. Seit Jahren stauen sich deshalb die LKW hier, südlich von Rosenheim; so sehr, dass schon 29 Kilometer eine überschaubare Staulänge sind. Das belastet nicht nur die Lkw-, sondern auch die Autofahrer – und Menschen in den Dörfern an der Strecke.

Denn die Blockabfertigung führt oft zu einer "absoluten Katastrophe", erklärt Matthias Jokisch (62) im Gespräch mit t-online. Der Bürgermeister von Brannenburg verliert die Geduld, hier im Brennpunkt des Dilemmas, oft mit Staus von 10 Kilometern Länge durch seinen Ort. Denn nicht nur sein Sozialdienst zur Versorgung der Pflegebedürftigen kommt nicht mehr durch, auch die Rettungsdienste werden behindert. "Selbst die Feuerwehr hätte keine Chance", so Jokisch (CSU), einst Pfarrer der Gemeinde.

Für bayerische Gemeinden ist der Verkehr eine "absolute Katastrophe"

Mit der Blockabfertigung will die Regierung von Tirol verhindern, dass die Inntal-Autobahn nach Innsbruck, mitten durchs Hochgebirge, überlastet wird, weil Tausende Lastwagen sich über die Strecke zum Brenner schleppen. Doch auch für Urlauber ist die Route wichtig: Normalerweise ist sie der schnellste Weg aus München nach Italien. Aber wenn Lkw über Kilometer einen der Fahrstreifen blockieren, ist auch für Autos weniger Platz – oft zu wenig. Doch damit nicht genug.

Setzt Tirol eine mehrtägige Blockabfertigung mit völligen Blockaden über Stunden an, versuchen viele Fernfahrer, ab der Ausfahrt Bad Aibling oder schon früher auf der Landstraße nach Brannenburg durchzukommen. Ab dort müssen sie sich aber dennoch wieder in den Stau auf der Autobahn einreihen, da in Österreich an solchen Tagen die Landstraßen für Lkw gesperrt sind. Eine Idee auch für Bayern?

Brandbief an Söder aus dem Inntal wegen Blockabfertigung

Denn dort geht es seit Jahren nur noch im Schritttempo vorwärts, ob in Bad Feilnbach, Neubeuren, Brannenburg, Kiefersfelden oder weiteren Orten im Inntal. "Die Lage ist unerträglich", sagt Jokisch. Der Ausweichverkehr gefährde Gesundheit und Sicherheit der Bewohner. Um die Lkw-Schleichwege möglichst rasch zu unterbinden, erließ er mit seinen Bürgermeisterkollegen aus der Region und dem Landrat Otto Leder (CSU) am Freitag nach einem Krisengipfel einen dringenden Appell an die Autobahn GmbH des Bundes in Leipzig: Sonst würden sie die Straßen selbst sperren.

"Wir werden diese Woche auch einen Brandbrief an Markus Söder schreiben", kündigt Jokisch an. Bayerns Ministerpräsident hatte auf Twitter bereits Unterstützung zugesagt – und zugleich darauf verwiesen, dass Bayern die Forderungen nach Abfahrverboten nicht alleine umsetzen könne. "Diese sind", so Söder, "alleine Sache des Bundes." Doch der habe sich bislang noch nicht zu den Forderungen geäußert.

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Blockabfertigung: Bayern darf keine Schilder an der Autobahn aufstellen

"Ideal wäre es natürlich, wenn bereits auf der Autobahn auf ein Ab- und Durchfahrtverbot hingewiesen wird", fordert Landrat Lederer. "Das Problem ist", sagt Jokisch, "der Landrat kann zwar Ortsdurchfahrten sperren, er darf aber keine Schilder auf der Autobahn aufstellen." Verschärft werde die Lage auch durch Straßen in den Dörfern mit nur fünf Metern Breite. "Da kommen Lkw nicht aneinander vorbei", beklagt Jokisch. Das bayerische Verkehrs- und das Innenministerium sollen jetzt schnell entsprechende Konzepte erstellen.

"Mit kleineren Lösungen bekämpfen wir nur die Symptome, nicht aber die Ursachen", so Oberaudorfs Bürgermeister Matthias Bernhardt. In seinen Augen brauche man dringend auch intelligente Verkehrsleitsysteme schon ab München und die verstärkte Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene. Doch dies kann noch Jahrzehnte dauern. Frühestens 2040 sei mit dem Nordzulauf zum Brenner-Basistunnel zu rechnen, prognostiziert die Bahn vorsichtig.

Verkehrskollaps ab 2025 am Brenner erwartet

Und Rathauschef Jokisch sagt für 2025 das absolute Verkehrschaos voraus. "Wenn die Europabrücke hinter Innsbruck wegen der angekündigten Brückenbauarbeiten zwei Jahre nur noch einspurig befahrbar ist, dann macht dieses Nadelöhr uns die ganzen Ortschaften zu", sagt er. "Denn das Problem beginnt nicht hier bei Kufstein, sondern kurz vor Innsbruck, wenn die Lkw den Brenner hoch müssen. Dann staut sich alles zurück und das Inntal erlebt einen Verkehrskollaps."

"Nur" 29 Kilometer Stau: Wenn es auch diesen Montag nicht so dramatisch war, so kann sich dies bald ändern. In einer Woche ist wieder Blockabfertigung.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
  • Gespräch mit Matthias Jokisch und Matthias Bernhardt
  • Anfrage bei Polizei Rosenheim
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