t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeRegionalMünchen

Alfons Schuhbeck: Der Koch und die Suche nach dem geheimnisvollen Dritten


Frage könnte über Haft entscheiden
Schuhbeck und die Suche nach dem geheimnisvollen Dritten

  • Matti Hartmann
Von Matti Hartmann

Aktualisiert am 13.10.2022Lesedauer: 4 Min.
Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Alfons Schuhbeck am Mittwoch vor Gericht: Wer griff neben ihm noch in die Kasse?Vergrößern des Bildes
Alfons Schuhbeck am Mittwoch vor Gericht: Wer griff neben ihm noch in die Kasse? (Quelle: Hoermann/Simon/imago images)

Sternekoch Schuhbeck steht vor den Trümmern seines Lebens, räumt weite Teile der Vorwürfe ein. Aber es muss wohl noch mindestens einen weiteren Täter geben.

Alfons Schuhbeck hat am zweiten Prozesstag geredet und geredet. Über die Vorzüge von Kurkuma referierte der frühere Sternekoch, wortreich erzählte er, dass schon die Sklaven beim Pyramidenbau vom Pharao Knoblauch zum Schutz gegen Krankheiten bekamen.

Auch über die ihm vorgeworfenen Taten sprach er ausführlich, nach den Ausführungen steht das Gericht jedoch vor neuen Rätseln: Es geht um einen ominösen Dritten, der neben Schuhbeck Geld abgezwackt haben soll – und der, wenn es ihn denn wirklich geben sollte, dem Promikoch letztlich sogar eine Haftstrafe ersparen könnte.

Schuhbeck und das große Löschen: "Zack-zack und weg"

Dem Spitzenkoch wird vorgeworfen, mehr als 2,3 Millionen Euro an Steuern hinterzogen zu haben, mittels eines eigens in Auftrag gegebenen Computerprogramms soll er Umsätze in einem seiner Restaurants manipuliert haben. Sein wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung mitangeklagter früherer EDV-Chef hatte ihn zum Prozessstart vor dem Landgericht München I schwer belastet. Am Mittwoch räumte Schuhbeck nun ein, dessen Aussage sei "im Großen und Ganzen richtig" gewesen. "Schnell, schnell, zack-zack und weg", beschrieb Schuhbeck das große Löschen von Umsätzen am Computer.

Dazu habe er nur einen USB-Stick in seinen Rechner im Restaurant "Orlando" stecken müssen, dann sei eine Maske erschienen und er habe mit wenigen Klicks ganze Tische aus den Tagesabrechnungen löschen können. Seinen Anwälten, die am ersten Prozesstag noch gesagt hatten, möglicherweise werde Schuhbeck am Ende des Prozesses als Opfer dastehen, habe er sich erst am vergangenen Wochenende umfassend offenbart.

Prozess in München: Machte sich noch jemand die Taschen voll?

Allerdings: Auch nach dem Teilgeständnis von Schuhbeck bleiben große Lücken und viele Fragezeichen. Diese betreffen zum einen den gesamten Komplex um die "Südtiroler Stubn", das zweite Restaurant, in dem der Sternekoch Abrechnungsbetrug betrieben haben soll. Hier räumt er zwar ein, steuerrechtlich in der Verantwortung zu stehen, will dort aber mit Manipulationen nichts zu tun gehabt haben. "Ich kann die Kasse nicht mal bedienen", sagte er.

Und auch rund um den Betrug im "Orlando" ist noch längst nicht alles geklärt. Es scheint neben dem ehemaligen EDV-Chef und dem Spitzenkoch selbst noch mindestens einen weiteren Tatbeteiligten gegeben zu haben. Machte sich also eventuell noch jemand die Taschen voll?

Schuhbeck kann auf Reisen offenbar nicht betrogen haben – Geld war trotzdem weg

Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, fragt sich das auch Richterin Andrea Wagner. Denn: An manchen Tagen, an denen aus dem "Orlando"-Buchungssystem Einnahmen verschwanden, war Schuhbeck wohl gar nicht in München. Der viel beschäftigte Koch reiste zu Champions-League-Spielen des FC Bayern mit, hatte Auftritte und Engagements in Hamburg, Berlin, Singapur, Indien oder London.

Aber zum Rechnungsbetrug musste Schuhbeck offenbar vor Ort in München sein und dort den USB-Stick in seinen Rechner stecken. Eine Möglichkeit, die Löschungen per Fernabfrage vorzunehmen, habe es nicht gegeben. Und selbst wenn es sie gegeben hätte: Mit seinem begrenzten technischen Verstand hätte Schuhbeck das nie und nimmer hinbekommen, bestätigte sein ehemaliger IT-Mann laut "Süddeutscher Zeitung" vor Gericht.

Weil außerdem nach der Aussage des Betriebsprüfers klar sei, dass man die Datumsangaben in den Abrechnungen nicht manipulieren konnte, folgerte Richterin Wagner nun: "Er kann es an den Tagen, an denen er nicht da war, nicht gewesen sein."

Gefängnis oder Bewährung – auch darüber entscheidet der geheimnisvolle Dritte

Aber wer war es dann? "Gibt es den geheimnisvollen Dritten, der abends immer hergeht und genau weiß, wie man zwischen 12 und 13 Prozent der Einnahmen storniert?", fragte Richterin Wagner laut "Süddeutscher Zeitung". "Wer konnte noch an der Kasse herumfuhrwerken? Und warum hat Herr Schuhbeck nichts dagegen unternommen?"

Diesen Fragen wird sich das Gericht nun an den kommenden Prozesstagen widmen, geplant sind Termine bis zum 22. Dezember. Ihre Beantwortung ist auch für das Strafmaß von großer Bedeutung. Denn nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2012 droht ab einer Summe von einer Million Euro an hinterzogener Steuer eine Haftstrafe ohne Bewährung.

Ob Schuhbeck am Ende das Gericht als freier Mann verlassen kann oder ins Gefängnis muss, hängt also auch damit zusammen, wie hoch die Summe ist, die ihm nachgewiesen wird – und welcher Betrag letztlich weiteren möglichen Tätern zugerechnet wird.

Auf Schuhbecks Schreibtisch flogen Geldscheine herum

Fest steht, dass das Gericht noch viel Arbeit damit haben wird, Ordnung ins Chaos zu bringen. Eine Ordnung, die Schuhbeck in seinem Büro wohl nie hatte. Dort sollen tagelang Geldscheine von bar zahlenden Gästen in einem "Mapperl" auf dem Schreibtisch gelegen haben, ständig seien Leute ein und aus gegangen, berichtete Schuhbeck.

Auch habe es nicht nur einen USB-Stick zum Abrechnungsbetrug gegeben. Einmal habe er einen verloren, da habe ihm der IT-Mann einen nachgemacht. Am Ende soll es drei oder vier solcher Sticks gegeben haben.

"Ich habe nie alles kontrolliert – nur in der Küche", zitiert die "Süddeutsche" den Angeklagten. "Ich darf Sie bitten, mir zu glauben, dass ich mit Leib und Seele Koch und Gastronom bin, aber kein guter Kaufmann."

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website