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Aschau: Debatte um Nazi-Grabstein in Bayern – der umstrittene Stahlhelm


Wehrmachtshelm für Hitlers Botschafter
Diskussionen um Nazi-Grabstein in Bayern


Aktualisiert am 25.11.2022Lesedauer: 3 Min.
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Der Grabstein von Hermann Kriebel in Aschau in Bayern. Weil das Grab von einem Stahlhelm und auch einst einem Hakenkreuz geziert wurde, ist es umstritten.Vergrößern des Bildes
Der Grabstein von Hermann Kriebel im bayerischen Aschau. Weil das Grab von einem Stahlhelm und auch einst einem Hakenkreuz geziert wurde, ist es umstritten. (Quelle: Klaus Wiendl)

Der Grabstein mit dem Stahlhelm fällt sofort ins Auge. Hier liegt die Nazi-Größe Hermann Kriebel. Wie geht man damit um? Ein Ort diskutiert.

Viele Städte und Kommunen setzen sich inzwischen mit der NS-Belastung kritischer Denkmäler auseinander. So auch Aschau im Chiemgau: Auf dem Dorffriedhof ist die Nazi-Größe Hermann Kriebel bestattet. Ein Wehrmachtshelm ziert das stattliche Grabmal des Hitler-Getreuen.

Der aus Stein gehauene Stahlhelm ist beim Betreten des Gemeindefriedhofs unübersehbar. Gleich links an der Mauer prangt er als Erinnerung an den SA-Gruppenführer. Zwar steht auf der Grabinschrift Kriebels die Berufsbezeichnung Botschafter, doch dies dient wohl mehr der Tarnung. Denn Kriebel war kein einfacher Diplomat. Er war Botschafter von Hitlers Gnaden, agierte viele Jahre als treuer Gefolgsmann, schon 1923 in München.

Einst bei Hitler-Putsch, jetzt mit Nazi-Grabstein in Bayern

Mit Adolf Hitler und Hermann Göring marschierte Kriebel an der Spitze der Putschisten. Den Umsturzversuch der NSDAP gegen die parlamentarische Demokratie in Deutschland erlebte Kriebel als rauschhaftes Erlebnis: "Wir zogen dann weiter durch die Stadt, überall mit Jubel begrüßt, durch den Rathausbogen, über den Marienplatz. Der ganze Marienplatz war schwarz von Menschen, die alle noch vaterländische Lieder sangen."

Dass jemand wie Kriebel deshalb keine historische Figur ist, deren Grabstein eine besondere Würdigung darstellen sollte, dürfte klar sein. Und dennoch war dies jahrzehntelang so. Bis es in diesem Frühjahr auf Einladung der Gemeinde Aschau zu einem Runden Tisch kam. Thema: "Der Umgang mit dem materiellen Erbe des Nationalsozialismus auf den Gemeindegebieten".

Eingeladen war auch Sabine Schalm vom Münchner Institut für Stadtgeschichte und Erinnerungskultur. "Im Zuge dieses Austausches kam auch die historische Belastung von Denkmälern aus der Zeit des Nationalsozialismus zur Sprache, unter anderem das Grabmal Hermann Kriebels", erklärt Schalm im Gespräch mit t-online. Nach diesem Hinweis an die Gemeinde wurde zunächst das Hakenkreuz am steinernen Helm entfernt.

Gemeinde in Bayern lässt Grabstein für Nazi-Größe stehen

"Einen weiteren Handlungsbedarf sieht die Gemeinde nicht", sagt Bürgermeister Simon Frank auf Anfrage. Denn das Thema sei bereits 2019 im Gemeinderat in einer nicht öffentlichen Sitzung behandelt worden. "Das Grab", so Frank weiter, "befindet sich im Übrigen in der Hand der Familie und daher nicht im Einflussbereich der Gemeinde Aschau im Chiemgau."

Für viele dürfte das unbefriedigend sein. Denn nachdem der Hitler-Ludendorff-Putsch 1923 niedergeschlagen wurde, macht Kriebel doch noch Karriere. Mit Hitler und anderen Polit-Kriminellen landete er zunächst in der Festungshaft von Landsberg. Nach einem Jahr kamen die Umstürzler wieder frei. Kriebel ging 1929 als Militärberater nach China, dort fungierte er bis 1933. Zwischenzeitlich in die NSDAP eingetreten, machte er Karriere im Auswärtigen Amt.

Die Karriere von Hermann Kriebel im NS-Deutschland

1939 wurde er zum Leiter der Personal- und Verwaltungsabteilung ernannt. Ein Jahr zuvor erhielt er ein Reichstagsmandat. Im September 1940 wurde er von Hitler zum Oberst befördert. Zum 65. Geburtstag im Januar 1941 wurde ihm der Titel eines Botschafters verliehen. Knapp vier Wochen nach dieser Ehrung verstarb Kriebel nach kurzer Krankheit am 16. Februar. Ihm zu Ehren inszenierte Hitler vier Tage später einen pompösen Staatsakt in München.

In den Trauerzug reihten sich Hitler, Göring, Rudolf Heß sowie die SS und weitere Nazi-Größen ein. Der Sarg ruhte auf einem Katafalk vor der Feldherrnhalle. Beigesetzt wurde er danach in Aschau. Und liegt dort 80 Jahre in dem Grabmal mit Stahlhelm und Hakenkreuz.

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