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München: Prozess um Zugunglück in Schäftlarn geht in die zweite Runde


Zweiter Prozesstag
Zugunglück von Schäftlarn: Waren Drogen im Spiel?


21.02.2024Lesedauer: 3 Min.
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S-BahnunfallVergrößern des Bildes
Die Unfallstelle mit zwei aufeinandergeprallten S-Bahnen in der Nähe des Bahnhofes Ebenhausen-Schäftlarn im Februar 2022 (Archivbild). (Quelle: Matthias Balk/dpa/dpa)

Nach dem tragischen S-Bahn-Unglück in Schäftlarn ist am zweiten Prozesstag immer noch unklar, was damals geschah. Womöglich könnten Drogen im Spiel gewesen sein.

Im Prozess um das tragische Zugunglück in Schäftlarn am Valentinstag 2022 blieben am zweiten Verhandlungstag weiterhin viele Fragen offen. Wie schon beim ersten Prozesstag fällt es dem Angeklagten schwer, die Tränen zurückzuhalten. Als eine der Sachverständigen ihre Analyse vorbringt, nimmt er seine Brille ab, blickt zur Decke und versucht sein heftiges Schluchzen zu unterdrücken. Er kneift sich mit Zeigefinger und Daumen an den Nasenrücken, versucht die Tränen zu stoppen. Immer wieder atmet er tief ein und aus.

Für ihn und alle weiteren Beteiligten wird es ein langer und zäher Prozesstag werden. Es gilt viele Details zu klären, bevor Richterin Nesrin Reichle ein Urteil sprechen kann.

Zum Hintergrund: Am 14. Februar 2022 hatte ein 56-jähriger Lokführer in München mehrere Halt zeigende Signale sowie Zwangsbremsungen mit seiner S-Bahn ignoriert. Dadurch kam es zur Kollision mit einer weiteren S-Bahn. Ein Fahrgast starb bei dem Unfall, 51 weitere wurden verletzt. Der 56-jährige Angeklagte muss sich deshalb wegen vorsätzlicher Gefährdung des Bahnverkehrs, fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung vor dem Amtsgericht München verantworten.

Drogenfahrt? Haarprobe soll Beweise liefern

Am Mittwoch stand nun also Prozesstag zwei auf dem Programm. An diesem galt es zu klären, ob der Zugführer zum Unfallzeitpunkt möglicherweise unter dem Einfluss von Drogen gestanden hatte. Dazu war laut Aussage einer Sachverständigen aus der Forensik bereits unmittelbar nach dem Unglück eine Haarprobe des Angeklagten auf diverse Substanzen getestet worden.

Dabei sei unter anderem das Narkosemittel Ketamin festgestellt worden. Die vorhandene Konzentration spreche für eine regelmäßige Einnahme der Substanz. Das verschreibungspflichtige Mittel könne in Form einer Lösung injiziert oder getrocknet über die Nase aufgenommen werden.

Die Analyse der Haarprobe gehe laut der Zeugin bis zu vier Monate, also bis etwa Mitte November 2021, zurück. Eine Aussage über die Konzentration beim Unfallzeitpunkt könne allerdings nicht getroffen werden.

Eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit durch Ketamin

"Der Wert ist durch eine einmalige Aufnahme nicht erklärbar", sagte die Sachverständige vor Gericht aus. Der Verteidiger sah das anders und argumentierte: "Für mich ist zweifelhaft, was Sie gerade vorgetragen haben." Er erklärte, dass sein Mandant die von der Zeugin genannten Medikamente nach dem Unfall erhalten hatte und wollte wissen, ob die Substanz auch über die Haare hätte aufgenommen werden können. "Sie halten es für unwahrscheinlich, aber Sie können es nicht ausschließen?", hakte der Verteidiger noch einmal nach. "Ausschließen kann ich nie etwas", antwortete ihm die Zeugin.

Laut der Sachverständigen befinde sich eine Person, die Ketamin missbräuchlich einnimmt, in einer Art Rauschzustand, bei dem die Konzentrationsfähigkeit eingeschränkt sei. Auf Rückfragen von Seiten der Staatsanwaltschaft und Richterin Nesrin Reichle, ob es in so einem Zustand möglich wäre, eine S-Bahn problemlos von 7.30 Uhr bis 16.30 Uhr durch München zu fahren, antwortete die Zeugin: "Nein".

Droge könnte auch von Operation nach Unfall sein

Eine weitere Sachverständige vom Institut für Rechtsmedizin zieht aus ihren Analysen andere Schlüsse und entkräftet den anfänglichen Verdacht ihrer Kollegin. Laut ihres toxikologischen Gutachtens sei im Blut des Angeklagten Ketamin nachgewiesen worden. Allerdings sei es eine Substanz, die in der Notfallmedizin verwendet werde und die dem Angeklagten nach dem Unfall verabreicht wurde.

Auch weitere Stoffe, die mithilfe der Blutanalyse festgestellt werden konnten, seien bei der Operation des Angeklagten eingesetzt worden. Die Sachverständige schloss ihren Bericht mit der Aussage ab: "Jemand, der häufig Ketamin konsumiert, wäre nicht in der Lage, eine S-Bahn einen ganzen Tag zu lenken."

Die Plädoyers der Staatsanwaltschaft sowie des Verteidigers stehen noch aus. Ein Urteil wird für den 7. März erwartet.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • Eigene Recherche
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