t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeSportBundesligaFC Bayern München

Kroatien-Keeper Dominik Livakovic: Löst er Bayerns Neuer-Problem?


Torhüter-Held der WM
Löst er Bayerns Neuer-Problem?

  • Dominik Sliskovic
Von Dominik Sliskovic

13.12.2022Lesedauer: 5 Min.
Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
imago images 1020163718Vergrößern des Bildes
Dominik Livakovic: Kroatiens Schlussmann parierte bei der WM bereits vier Elfmeter. (Quelle: IMAGO/Cristian de Marchena)

Für Bayern-Keeper Manuel Neuer ist die Saison gelaufen. Ein potenzieller Nachfolger spielt sich bei der WM in den Fokus.

Die Redaktion der französischen Sporttageszeitung "L'Equipe" gilt als besonders kritisch. Seit 1988 vergibt das Blatt Einzelnoten für die Leistung von Fußballern bei großen Partien. Ob WM, EM, Champions League oder entscheidende Duelle in der heimischen Liga: erst 14 Mal erreichten Spieler seit der Einführung vor 34 Jahren die Bestnote 10. Die Nummer 15 in dieser illustren Runde ist am vergangenen Freitag Dominik Livakovic geworden.

Elf Bälle auf seinen Kasten wehrte Kroatiens Nummer eins im WM-Viertelfinale gegen Brasilien ab, parierte zudem sofort den ersten Schuss im entscheidenden Elfmeterschießen und trug damit maßgeblich zum dritten Halbfinaleinzug seines Landes seit 1998 bei.

"Er war beeindruckend gegen Brasilien und ist im Elfmeterschießen wieder einmal über sich hinausgewachsen", urteilte die "L'Equipe" über Livakovics Abend. Dabei darf das kleine Wort "wieder" nicht unter den Tisch fallen, denn schon im Achtelfinale entschärfte der 27-Jährige drei japanische Schüsse vom Elfmeterpunkt – WM-Rekord.

Kahn zückte nach Livakovic-Parade auffällig rasch sein Handy

Diese Leistungen wecken natürlich Begehrlichkeiten bei europäischen Topklubs. Ganz nach vorne in die Reihe der Interessenten hat sich dabei der FC Bayern gedrängt, wie kroatische und deutsche Medien übereinstimmend berichten. Klubboss Oliver Kahn sah Livakovics Meisterstück gegen Brasilien live im Stadion in Katar, griff nach dessen finaler Parade in der 122. Minute, die Kroatien endgültig ins Elfmeterschießen rettete, auffällig rasch zum Mobiltelefon, wie TV-Bilder zeigten. Den Berichten zufolge sieht Kahn im Schlussmann von Dinamo Zagreb einen geeigneten Ersatz für den bis zum Saisonende mit einem Unterschenkelbruch ausfallenden Manuel Neuer – und womöglich auch darüber hinaus.

Doch ist Livakovic, der noch nie außerhalb Kroatiens gespielt hat, dieser Aufgabe bereits gewachsen? Wäre seine Verpflichtung die bessere Lösung als eine Rückholaktion des an den französischen Erstligisten ausgeliehenen Keeper-Kronprinzen Alexander Nübel? Und was sind überhaupt die größten Stärken und Schwächen des Mannes aus der Küstenstadt Zadar?

"Livi", so sein Rufname, gilt als zurückhaltender, verlegener Zeitgenosse. Der derzeitige Trubel um seine Person ist dem 1,88-m-Hünen sichtlich unangenehm, wenn nicht sogar suspekt. Das beweist etwa ein Interview nach der Brasilien-Partie, in der ein geistesabwesender Livakovic die Einstiegsfrage des euphorisierten kroatischen Reporters überhört und erst nach mehreren Wiederholungen den Faden aufgreift, um dann atemlos kichernd und sichtlich nervös an seinem Trikot herumzippelnd zu antworten.

Seine Schüchternheit stand Livakovic dabei auch schon in seiner Nationalmannschaftskarriere im Weg. Noch vor einem Jahr hatte der Torhüter seinen Stammplatz im Kasten der "Vatreni" an seine Konkurrenten Ivo Grbic und Ivica Ivusic verloren. Kroatische Medien stempelten Livakovic als mental zu schwach ab und prognostizierten einen Zweikampf zwischen Grbic und Ivusic um das WM-Trikot mit der Rückennummer eins. Doch eine wenige Minuten dauernde Ansprache von Kapitän Luka Modric änderte alles.

"Angst hat mich sicherlich nicht so weit gebracht"

"Ich würde dir das nicht sagen, wenn du mir nichts bedeuten würdest. Leider sehe ich bei dir keinen Fortschritt im Nationalteam. Vielleicht ist es der Druck. Du strahlst Unsicherheit aus, das färbt auf das Team ab", ließ Modric Livakovic im Frühjahr 2022 wissen, enthüllt in der Fifa-Dokumentation "Captains – The Chosen Few".

"Warum darfst du keinen Fehler machen? Jeder macht Fehler! Ich habe das Gefühl, dass du Angst hast, Fehler zu machen. Wer macht denn keine Fehler? Nenne mir eine Person", redete Modric weiter auf den auf einem Sofa kauernden Livakovic ein. "Angst hat mich sicherlich nicht so weit gebracht", ringt sich der Schlussmann schließlich zu einer Antwort durch. "Na, siehst du! Hör zu: Du bist ein großartiger Torwart", beschloss Modric das Gespräch.

Livakovic beherzigte Modrics Worte und eroberte sich durch starke Leistungen in der Nations League, in denen er vor allem durch die zuvor fehlende ausgestrahlte Ruhe und Mut im Spielaufbau glänzte, seinen Stammplatz im Team von Nationaltrainer Zlatko Dalic zurück.

Sein Vorgänger betet für Livakovics großen Transfer

Es ist also vor allem dieses nicht vollständig gefestigte Selbstbewusstsein, das Livakovic noch zu einem absoluten Weltklassetorwart fehlt – die fußballerischen Anlagen dafür bringt er nämlich allemal mit. Seine Sprungkraft sorgt dafür, dass der bei Dinamos einstigem Stadtrivalen NK Zagreb ausgebildete Livakovic nur sehr schwer zu überwinden ist – nicht nur vom Elfmeterpunkt. Sein Mentor Danijel Subasic, der als Stammkeeper mit Kroatien 2018 Vizeweltmeister wurde, sieht in Livakovic sogar einen der am besten auf der Linie agierenden Torhüter der Welt.

Auch deshalb drängt Subasic ihn endlich zum Abschied aus der Heimat. "Ich bete zu Gott, dass er nach der Weltmeisterschaft endlich einen Wechsel vollzieht, denn von der Qualität her ist er der kroatischen Liga längst entwachsen. Er braucht einen großen Transfer, er hat das verdient, denn nur in einem neuen Klub kann er mit neuem Ziel noch weiter wachsen", erklärte der 38-Jährige, der auch erst mit 28 Jahren den Sprung aus Kroatien zum AS Monaco schaffte, der Sporttageszeitung "Sportske Novosti".

Der FC Bayern würde definitiv mit neuen Aufgaben für Livakovic aufwarten, und gerade Gespräche mit dem "Titan" Oliver Kahn könnten den Endzwanziger auch mental zu einem Bollwerk werden lassen. Mit einem übereiligen Transfer nach München noch in diesem Winter würde der Kroate jedoch auch in dieselbe Neuer-Falle stapfen wie Nübel 2020 mit seinem Wechsel aus Schalke an die Isar.

Denn Neuers Vertrag läuft noch bis Sommer 2024 und er ist als Kapitän, Champions-League-Sieger und zehnfacher Deutscher Meister eine Instanz bei den Bayern. An ein vorzeitiges Karriereende denkt Neuer gar nicht, sein (mittelfristiges) Ziel ist die Teilnahme an der Heim-EM 2024 – als Stammkeeper und Kapitän der DFB-Elf. Livakovic wiederum würde sich sicherlich nicht freiwillig bis – vorerst – Sommer 2024 auf die Bank verdrücken, um Platz für Neuer zu schaffen, und so seine eigene Nationalmannschaftskarriere riskieren.

Am Gehalt dürfte ein Bayern-Wechsel kaum scheitern

Und selbst wenn Kahn Livakovic dieses Opfer abtrotzte, stände voraussichtlich im Sommer 2023 ein vor Selbstbewusstsein strotzender Nübel wieder auf der Münchner Matte. Fraglich, wie die Bayern-Führung um Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic diesen Dreikampf um den Platz zwischen den Pfosten moderiert bekäme.

Ein Schnäppchen dürfte Livakovic für den FC Bayern so oder so nicht werden. Bei einem Angebot unter 15 Millionen Euro würden sich die Verantwortlichen von Dinamo Zagreb nicht einmal an den Verhandlungstisch setzen, vielmehr strebe man eine Ablösesumme von 18 bis 20 Millionen Euro an, heißt es in kroatischen Medien. Zumindest das Gehalt des Keepers dürfte für den Bundesliga-Krösus kein Problem werden: Schätzungen zufolge kassiert Livakovic in der kroatischen Hauptstadt etwas weniger als eine Million Euro im Jahr.

Bislang scheiterte ein Wechsel wohl eher nicht an den finanziellen Forderungen Livakovics; der OSC Lille soll ihm nach der errungenen französischen Meisterschaft 2021 1,5 Millionen Euro Jahresgehalt geboten haben – Livakovic schlug jedoch aus. Wohl auch, weil er, wenn er seine Heimat verlässt, zu einer absoluten Topadresse will, bei der er die uneingeschränkte Rückendeckung der Klubführung hinter sich weiß. Zumindest auf letzteres müsste er bei Bayern wohl vorerst verzichten.

Verwendete Quellen
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website