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Führungsfrage bei Bayern und DFB: Neue Rollen für Müller, Neuer und Kimmich?


Führungsfrage beim FC Bayern
Der neue Boss

Von Julian Buhl

Aktualisiert am 04.05.2023Lesedauer: 6 Min.
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Joshua Kimmich: Sein Einfluss beim FC Bayern wird immer größer. (Quelle: Sebastian Widmann/Getty Images)

Nicht nur in der Bayern-Klubführung, auch in der Mannschaft herrscht ein Machtvakuum. Der Einfluss von Müller und Neuer schwindet. Kommt jetzt ein neuer Kapitän?

Vom FC Bayern berichtet Julian Buhl aus München

Nach dem 2:0-Sieg gegen Hertha BSC, mit dem der FC Bayern am Sonntagnachmittag wieder die Tabellenführung übernahm, hatte Thomas Müller seine Botschaft noch kurz gehalten. "Da simma wieder. Wir holen uns das Ding. Könnt ihr schreiben", rief er da nur im Vorbeigehen den Journalisten zu und lachte, als er die Münchner Arena schnellen Schrittes verließ.

Nachdem Müller gegen Hertha zum wiederholten Mal auch unter Trainer Thomas Tuchel nur als Einwechselspieler zum Einsatz gekommen war, war die Rolle des Vizekapitäns in den vergangenen Tagen mal wieder heiß diskutiert worden. Die Kernfrage, an der sich die Fußballexperten des Landes scheiden, lautet: Wie wichtig ist Müller überhaupt noch für den FC Bayern?

Am Dienstagabend sah sich der 33-Jährige dann doch noch dazu veranlasst, sich in die seit Monaten laufende Diskussion einzuschalten und zumindest ein paar ausführlichere Worte zur nach wie vor angespannten Situation beim FC Bayern zu formulieren.

Müller fordert "Goldfisch-Mentalität"

"Goldfisch-Mentalität ist jetzt angesagt", schrieb Müller, nachdem er nach dem Hertha-Spiel noch abgetaucht war, also in seinem am Dienstagabend veröffentlichten Newsletter und erklärte, was er mit diesem ungewöhnlichen Vergleich genau meinte: "Mit einem Gedächtnis von nur 10 Sekunden ist da automatisches Nach-vorne-Blicken angesagt. Das gilt jetzt auch für uns." In der finalen Saisonphase "müssen wir die vergangenen Spiele und Erlebnisse abschütteln und uns auf das konzentrieren, was jetzt wichtig ist."

Nach dem Viertelfinalaus im DFB-Pokal und der Champions League ist das beim Rekordmeister vier Spieltage vor Schluss "nur" noch die deutsche Meisterschaft. "Wir sind es uns, unseren Fans und der DNA des Klubs schuldig, alles dafür zu tun, um der Saison mit dem Gewinn der Meisterschaft noch ein versöhnliches Ende zu geben", sagte Müller: "Ich erwarte von mir selbst, von unserem Team und dem Umfeld absoluten Glauben, Einsatz und Geschlossenheit."

Sinngemäß sei man bereits "in der 80. Minute der Bundesliga-Saison. Etwas Grundsätzliches zu korrigieren oder Wiedergutmachung zu betreiben, dafür ist es jetzt zu spät", so Müller. Nun heiße es stattdessen "beißen und jede Aktion als entscheidend zu betrachten. Diese Schärfe brauchen wir jetzt."

Matthäus: Dann verlässt Müller den FC Bayern

Aber brauchen die Bayern auch ihn dabei? Für die beiden Viertelfinalspiele der Champions League und der Partie gegen Hertha beantwortete Tuchel diese Frage mit einem klaren Nein und setzte Müller jeweils auf die Bank. "In dieser schwierigen Phase würde ich eher auf die Anführer-Qualitäten setzen", riet ihm Rekordnationalspieler Lothar Matthäus anschließend in seiner Sky-Kolumne, "deshalb würde für mich aktuell kein Weg an Müller vorbeiführen."

Mit Blick auf Tuchels Personalmanagement und die kommende Saison würde es Matthäus allerdings wundern, "wenn Müller plötzlich wieder zum Stammspieler wird". Und dann sei "wohl der Punkt erreicht, an dem er sich den Transfermarkt mindestens ganz genau anschaut, um nicht zu sagen: geht." Geht die Müller-Ära also zu Ende?

Auch Stefan Effenberg hält "die Personalie Thomas Müller" für eine "entscheidende" beim FC Bayern. "Mir tut es immer weh, wenn er nicht spielt", schrieb Effenberg zuletzt in seiner t-online-Kolumne. Müller gehört für ihn schließlich trotz seines fortgeschrittenen Alters "nach wie vor zu den Topoffensivkräften in Europa". Mehr noch: "Er ist mit das Gesicht des FC Bayern. Die Frage ist allerdings, wie er mit seiner Rolle zurechtkommt und was seine Rolle ist?" Wie schon unter so vielen seiner Vorgänger, ist Müller jedenfalls auch unter Tuchel längst schon wieder zum Politikum geworden.

Kimmich übernimmt Kapitänsrolle beim FC Bayern

In Abwesenheit von Manuel Neuer, der nach seiner Unterschenkelfraktur weiter an seinem Comeback arbeitet und dabei immer größere Fortschritte macht, wäre er eigentlich dessen etatmäßiger Stellvertreter als Kapitän. Aufgrund Müllers momentaner Rolle als Ergänzungsspieler sieht die Realität aber so aus, dass Joshua Kimmich als eigentlich dritter Kapitän in den wichtigen Spielen mit dieser Aufgabe betraut ist und den FC Bayern auch mit der prestigeträchtigen Armbinde aufs Feld führt.

Das war schon im Achtelfinalspiel bei Paris Saint-Germain so und wiederholte sich in beiden Duellen mit ManCity. Als Müller gegen Hertha in der 61. Minute eingewechselt wurde, überließ er Kimmich trotzdem die Kapitänsbinde. Ein weiteres Indiz dafür, dass der Staffelstab eigentlich längst an die nächste Generation übergeben wurde und wer mittlerweile der klare Anführer dieser Mannschaft ist.

So führt Kimmich die Mannschaft

Auf dem Platz, wo Kimmich mit 144 Ballkontakten mal wieder der Dreh- und Angelpunkt des Bayern-Spiels war, und nebenbei auch noch mit elf Torschussvorlagen – von denen zwei Traumpässe zu den beiden Toren führten – einen neuen Rekord aufstellte, sowieso. Aber auch neben dem Platz hat Kimmich die Leaderrolle bei Bayern längst übernommen.

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Nach t-online-Informationen hat er zu fast allen Gruppierungen der Mannschaft einen guten Draht, den er unter anderem auch zu Kingsley Coman, dem Anführer der Franzosen-Fraktion im Team, und Lucas Hernández aufgebaut hat. Mit der 95er-Generation um Leon Goretzka, Leroy Sané und seinem besten Freund Serge Gnabry ist er fußballerisch groß geworden. Speziell mit Sané und Gnabry, die zuletzt häufig im Zentrum der Kritik standen, führte Kimmich in den vergangenen Monaten immer wieder intensive, aufbauende Gespräche.

Auch an der nachrückenden jungen Generation bei Bayern um Jamal Musiala (20) und Alphonso Davies (22) ist der 28-jährige Kimmich alleine schon altersmäßig als Ansprechpartner deutlich näher dran als Neuer (37) und Müller (33). Speziell zu Musiala hat Müller allerdings ebenfalls ein sehr gutes Verhältnis – und gilt fußballerisch sogar als dessen Mentor.

Kimmich engagiert sich unter anderem auch sehr, wenn es um die Integration von Neuzugängen oder Nachwuchsspielern in der Mannschaft geht. Mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic steht er im Austausch, sagt auch in Sachen Kaderqualität und -entwicklung seine Meinung.

Neuer sorgt für doppeltes Machtvakuum

Neuer ist momentan dagegen verständlicherweise eher mit sich und seinem Kampf um sein Comeback beschäftigt. Dass er – damals noch leicht humpelnd – Ende Februar trotzdem zum Mannschaftsabend im Forsthaus Wörnbrunn in Grünwald erschien, war dennoch ein wichtiges Zeichen, dass er damit an seine Teamkollegen sendete. Das gilt auch für seine Stadionrückkehr beim Heimspiel gegen PSG.

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Neuer wird bei Bayern nicht nur als sicherer Rückhalt und Ausnahmetorhüter in genau diesen wichtigen Spielen vermisst, sondern auch als Stabilisator in der Kabine, der er aufgrund seiner Erfolge und seiner Ausstrahlung weiterhin ist.

Dass sich mit seiner im Sommer erhofften Rückkehr alle Probleme der Mannschaft und des Klubs in Luft auflösen werden, ist dennoch nicht zu erwarten. Zumal er einige davon spätestens mit seinem Abrechnungs-Interview nach der Entlassung seines Torwarttrainers und Trauzeugen Toni Tapalovic sogar selbst verursacht hat.

Was derzeit für Bayern gilt, gilt in ähnlicher Form auch für die Nationalmannschaft: Auch dort herrscht in Abwesenheit von Müller, der zuletzt nicht mehr nominiert wurde und dessen DFB-Zukunft fraglich ist, und Neuer momentan ein Machtvakuum. Und auch dort ist es in erster Linie Joshua Kimmich, der es füllt.

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Effenberg: "Kimmich ist der logische Kapitän"

"Kimmich spielt eine ganz zentrale Rolle", sagt Effenberg. "Er ist eine Führungspersönlichkeit, spielbestimmend, der verlängerte Arm des Trainers auf dem Platz bei Bayern und dem DFB." Eine solche "zentrale Rolle auf dem Platz ist für mich wichtig", urteilt der ehemalige Bayern-Kapitän, "auch wenn Oliver Kahn und Neuer diese Rolle auch als Torhüter sehr gut ausgeführt haben." Effenberg weiter: "Eigentlich brauchst du einen Feldspieler, der die Persönlichkeit hat." Da nur nach der Anzahl der Länderspiele zu gehen, sei sowieso "Quatsch".

Der Generationenwechsel ist auch bei der Kapitänsfrage längst in vollem Gange – bei Bayern und der Nationalelf. Wohin diese Entwicklung zwangsläufig führt, steht für Effenberg jedenfalls bereits fest. "Kimmich ist der logische Kapitän", sagt der 54-Jährige: "Er bringt konstant gute Leistungen. Geht kritisch mit der Situation um. Genauso muss ein Kapitän sein. Er ist auf einem guten Weg." Müller und Neuer werden ihn dabei noch ein Stück begleiten, wie lange und in welcher Form genau, das werden die nächsten Monate zeigen.

Es ist nicht auszuschließen, dass Kimmich die Kapitänsbinde bei Bayern und der Nationalmannschaft bereits im Sommer dauerhaft übergeben wird. Das ist nach t-online-Informationen zwar nichts, was Kimmich selbst aktiv anstrebt. Seine großen Karriereziele definieren sich stattdessen vielmehr über Titelgewinne als Mannschaftserfolg. Eine große Ehre, zum ersten Kapitän ernannt zu werden, wäre es zweifellos dennoch für ihn. Inoffiziell füllt er diese Rolle ohnehin längst aus.

Verwendete Quellen
  • Newsletter von Thomas Müller
  • Sky-Kolumne von Lothar Matthäus vom 2. Mai
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