Mit Budget von 230 Millionen Euro: RB Leipzig greift FC Bayern an

Der DFB-Pokalsieger verliert in dieser Sommerpause gleich vier Leistungsträger, die Kassen sind aber voll. Wird nun groß reinvestiert, um den ganz großen Angriff auf die Bayern zu starten? Die Geschichte gibt Aufschlüsse.

"Ich verspreche, dass wir wieder eine klasse und mitreißende Mannschaft haben werden", kündigte Max Eberl dieser Tage in der "Leipziger Volkszeitung" an. Er weiß schließlich genau, was los ist. "Ich kann die Enttäuschung und Sorgen der Fans verstehen", sagte der Sport-Geschäftsführer von RB Leipzig dem Blatt weiter. "Kein Verein, kein Verantwortlicher und kein Trainer dieser Welt verliert gerne Spieler dieses Formats."

Denn die Sachsen müssen in diesem Sommer die Abgänge von gleich vier absoluten Leistungsträgern hinnehmen: Angreifer Dominik Szoboszlai wechselt für 70 Millionen Euro zum FC Liverpool, sein Sturmkollege Christopher Nkunku für 60 Millionen zum FC Chelsea, Mittelfeldspieler Konrad Laimer geht ablösefrei zum FC Bayern, und der mutmaßliche 100-Millionen-Transfer von Verteidiger Joško Gvardiol zu Manchester City steht Berichten zufolge vor dem Abschluss.

Vier Topstars weniger – aber eben auch: Bis zu 230 Millionen Euro für Neuverpflichtungen.

Tatsächlich stehen drei Transfers bereits fest: Christoph Baumgartner kommt für 24 Millionen von der TSG Hoffenheim, dazu Mittelfeldspieler Nicolas Seiwald (20 Mio.) und Angreifer Benjamin Sesko (24 Mio.) von Red Bull Salzburg. "Wir haben bereits richtig gute Jungs verpflichtet", äußerte sich Eberl dazu, "und werden noch weitere, extrem spannende Spieler dazu holen."

RB konnte Abgänge stets kompensieren – bisher

Denn trotz des Geldsegens ist es unwahrscheinlich, dass Leipzig plötzlich hohe Millionensummen in etablierte, "fertige" Spieler investieren wird. Schon die drei bereits feststehenden Neuzugänge deuten in die gewohnte Richtung: Baumgartner ist 23 Jahre alt, Seiwald 22, Sesko 20. Dazu kommt auch noch der ebenfalls erst 20 Jahre alte offensive Mittelfeldspieler Fabio Carvalho, den der Klub vom FC Liverpool ausgeliehen hat.

Ein Angriff auf die Bayern und Borussia Dortmund mit Hochkarätern? Nahezu ausgeschlossen – Leipzig hat schon in der Vergangenheit bewiesen, bei Transfers junger Spieler ein gutes Gespür zu haben, stets ein Transferplus zu erwirtschaften und Abgänge fast nahtlos kompensieren zu können. Ein Blick auf die vergangenen drei Spielzeiten:

• 2020/21: Torjäger Timo Werner (für 53 Mio. zu Chelsea) und Jean-Kévin Augustin (21 Mio. zu Leeds United) verlassen den Klub. Dafür wird Szoboszlai für 22 Mio. von RB Salzburg nach Leipzig geholt, auch Alexander Sörloth (20 Mio. von Crystal Palace) oder Hee-chan Hwang (für 12 Mio. ebenfalls aus Salzburg) kommen. Gesamtbilanz: +19,5 Mio. Euro
  
  Saisonende: Platz 2, 65 Punkte, 60:32 Tore – nach Platz 3 (66 Pkt. / 81:37) im Vorjahr.

• 2021/22: Dayot Upamecano (für 42,5 Mio. zu den Bayern), Ibrahima Konaté (für 40 Mio. zum FC Liverpool) und Marcel Sabitzer (für 15 Mio. zu den Bayern) verlassen den Klub, dafür kommen unter anderem André Silva (für 23 Mio. von Eintracht Frankfurt), Gvardiol (für 18,8 Mio. von Dinamo Zagreb), Angelino (für 18 Mio. von Manchester City) und Benjamin Henrichs (für 15 Mio. von der AS Monaco). Gesamtbilanz: +5,88 Mio. Euro
  
  Saisonende: Platz 4, 58 Punkte, 72:37 Tore, DFB-Pokalsieger

• 2022/23: Werner kommt für 20 Millionen vom FC Chelsea zurück, dazu wird Nationalspieler David Raum für 26 Millionen von der TSG Hoffenheim verpflichtet und Xaver Schlager für 12 Millionen vom VfL Wolfsburg. Auf der anderen Seite verlassen mit Tyler Adams (für 17 Mio. zu Leeds United), Hwang (für 16,7 Mio. zu den Wolverhampton Wanderers) oder Brian Brobbey (für 16,35 Mio. zu Ajax) Bankspieler den Klub, die insgesamt 75,82 Mio. Euro einbringen. Gesamtbilanz: +16,32 Mio. Euro
  
  Saisonende: Platz 3, 66 Punkte, 64:41 Tore, DFB-Pokalsieger

2022/23 wäre theoretisch sogar noch mehr drin gewesen für die Leipziger: "Sie werden sich schließlich daran erinnern, wie sie in den letzten Saisonwochen erst 0:1 in Bochum, dann zu Hause 0:3 gegen Mainz verloren haben – wenn sie diese sechs Punkte geholt hätten, wären sie Meister geworden", merkte Stefan Effenberg in seiner Kolumne für t-online an.

"RB Leipzig hat es auch vor meiner Zeit immer wieder geschafft, eklatante Abgänge aufzufangen. Daran arbeiten wir auch jetzt gerade mit großer Lust und Überzeugung", betonte auch Eberl, der in diesem Sommer beispielsweise die Vertragsverlängerung mit Mittelfeldspieler Dani Olmo als Erfolg verbuchen konnte.

Nun ist sein Geschick gefragt. Sein Gespür für Transfers und die richtige Kaderzusammenstellung, mit dem er über Jahre Borussia Mönchengladbach zu einem Spitzenteam der Bundesliga geformt hatte und das ihn zuletzt dem Vernehmen nach auch bei den Bayern zu einem Kandidaten für die Nachfolge des entlassenen Sportvorstands Hasan Salihamidžić werden ließ.

Er hat es schließlich versprochen.