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Darum steckt Dortmund mit Bosz in der Krise
So ĂŒberraschend souverĂ€n der Saisonstart von Borussia Dortmund unter Neu-Trainer Peter Bosz war, so schnell sind Mannschaft und Coach nun nach mehreren sieglosen Partien in die Kritik geraten. Heute Abend brauchen die Borussen im Champions-League-Heimspiel gegen APOEL Nikosia (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei t-online.de) unbedingt einen Sieg, sonst ist das Vorrundenaus so gut wie besiegelt.
An den ersten fĂŒnf Spieltagen blieb der BVB ohne Gegentor. Doch seit Roman BĂŒrki beim deutlichen 6:1-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach erstmals hinter sich greifen musste, landen die BĂ€lle nun regelmĂ€Ăig im Netz der Schwarzgelben.
Offene RÀume oder mangelnde AggressivitÀt?
Bosz musste sich nach dem enttĂ€uschenden 2:4 in Hannover am vergangenen Samstag unangenehmen Fragen stellen. Sky-Reporter Patrick Wasserziehr sprach den 53-JĂ€hrigen ganz direkt darauf an, ob denn die vielen offenen RĂ€ume fĂŒr Hannover ein Resultat seiner Taktik waren. Der NiederlĂ€nder wies diese Kritik von sich und stellte die mangelnde AggressivitĂ€t in den ZweikĂ€mpfen heraus.
Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. Die BVB-Spieler waren gerade gegen Hannover wirklich oftmals zweiter Sieger in direkten Duellen im Mittelfeld. Vielfach verloren sie entscheidende KopfballzweikÀmpfe oder kamen einen Schritt zu spÀt. Das System Bosz bietet ihnen aber auch kein Sicherheitsnetz und zwingt sie stattdessen dazu, immer wieder Risiken einzugehen.
Gefahr nach Ballverlusten im Gegenpressing
Seit Saisonbeginn versucht der BVB stets einen dominanten und gleichzeitig vertikalen BallbesitzfuĂball auf den Rasen zu zaubern. Geht der Ball in der Angriffslinie verloren, sollen insbesondere die drei Mittelfeldspieler innerhalb der 4-3-3 Grundordnung sofort aufrĂŒcken und den Gegner attackieren. Das öffnet natĂŒrlich RĂ€ume vor der Abwehrlinie und birgt Gefahren, sollte im Gegenpressing der Ball eben nicht zurĂŒckgewonnen werden.
Gegen Hannover waren diese LĂŒcken allerdings auch zu sehen, wenn die Niedersachsen selbst geordnet das Spiel eröffneten. Die Dortmunder Mittelfeldspieler standen Mann-gegen-Mann im Zentrum und achteten nicht auf die gröĂer werdenden LĂŒcken hinter ihnen. Die Abwehrlinie um Sokratis und Dan-Axel Zagadou stand wie immer hoch, teilweise einige Meter vor der Mittellinie und wurde mit langen BĂ€llen vielfach ausgehebelt.
Zu allem Ăberfluss war der BVB zuletzt weniger gefĂ€llig in der Offensive. Hannover beispielsweise wandte eine ganz simple Manndeckung an. Lediglich Sokratis, der technisch limitierte Innenverteidiger, wurde gelegentlich freigelassen, damit sein Gegenspieler Jonathas den BVB-Keeper BĂŒrki anlaufen und zum langen Schlag zwingen konnte.
In einigen Szenen kam der Ball nur sehr unkontrolliert in Richtung Dortmunder Angriffsreihe. Pierre-Emerick Aubameyang und seine NebenmĂ€nner mussten dem Ball hinterhersprinten, konnten aber selten ein flĂŒssiges Kombinationsspiel aufziehen. Wenn der BVB jedoch mit Tempo und FlachpĂ€ssen die Hannoveraner Verteidigung durchdringen konnte, herrschte direkt Gefahr.
Dass Dortmund bei eigenem Ballbesitz weniger dominant aussieht â ĂŒber ein Viertel aller PĂ€sse kamen gegen Hannover nicht beim Mitspieler an â hebt die defensiven Probleme noch stĂ€rker hervor. Trainer Bosz gerĂ€t unter Beschuss, weil er nur einen "Plan A" habe. Eine Kritik, der sich auch schon JĂŒrgen Klopp in seiner Dortmunder Zeit erwehren musste. Einen radikalen Umbruch wird es in den kommenden Wochen nicht geben. Bosz hat in seiner Karriere immer an seiner Philosophie festgehalten.
Spiel gegen Bayern richtungsweisende Partie
Inwieweit der NiederlĂ€nder aber das eigene Gegenpressing etwas entschĂ€rft und seine Mannschaft vorsichtiger verteidigen lĂ€sst, werden die nĂ€chsten Spiele zeigen. Mit Bayern MĂŒnchen wartet am kommenden Samstag ein Gegner auf den BVB, der zwangslĂ€ufig mehr Spielanteile als andere Bundesligisten haben wird. Ein intensives Verteidigen kann gegen den TabellenfĂŒhrer seine Wirkung zeigen, wie RB Leipzig zuletzt im DFB-Pokal bewies.
Aber Dortmund ist in puncto Pressing und Gegenpressing aktuell nicht auf dem Niveau der Leipziger und auch nicht auf dem Niveau, das sich der Trainer wĂŒnscht. Das ist Boszâ groĂes Dilemma.