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Effenberg-Kolumne: "Clemens Tönnies hat sich disqualifiziert"


Zum Schalke-Boss
"Clemens Tönnies hat sich disqualifiziert"

MeinungDie Kolumne von Stefan Effenberg bei t-online.de

Aktualisiert am 24.01.2018Lesedauer: 5 Min.
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Schalkes Aufsichtsratschef Clemens Tönnies hatte zum Goretzka-Abschied gesagt: "Wenn es für die Mannschaft besser ist, dann kann es auch sein, dass Leon Goretzka bis zum Ende der Saison auf der Tribüne sitzt." Für Effenberg eine schwer nachvollziehbare Äußerung.Vergrößern des Bildes
Schalkes Aufsichtsratschef Clemens Tönnies hatte zum Goretzka-Abschied gesagt: "Wenn es für die Mannschaft besser ist, dann kann es auch sein, dass Leon Goretzka bis zum Ende der Saison auf der Tribüne sitzt." Für Effenberg eine schwer nachvollziehbare Äußerung. (Quelle: imago-images-bilder)

Stefan Effenberg kritisiert den Aufsichtsratsboss des FC Schalke für seine Äußerungen über Goretzka scharf. Und er warnt die Bayern.

Ich habe schon in meiner letzten Kolumne die Langeweile in der Bundesliga kritisiert. Elf Punkte betrug nach der Hinrunde der Vorsprung des FC Bayern auf den Tabellenzweiten FC Schalke. Nur zwei Spieltage später sind es nun schon 16 Punkte.

Bayern würde auch mit 15 Punkten nach der Hinrunde noch Meister

Wenn der FC Bayern am Ende der Hinrunde die Punkteausbeute des HSV oder von Werder Bremen gehabt hätte, würde er trotzdem noch Deutscher Meister werden. So krass ist es mittlerweile in der Bundesliga.

Auch Mats Hummels hat es gerade gesagt: Andere Ligen sind klar besser. Und er hat recht.

Die spannende Frage ist nun: Macht es der Vorsprung leichter für die Champions League – oder komplizierter?

Meine Meinung: Er macht es deutlich schwieriger.

Ist Bayern unter Guardiola die Luft ausgegangen? Quatsch!

Unter Pep Guardiola gab es das Problem schon. In den drei Jahren unter ihm sind die Bayern immer souverän Meister geworden, aber in der Champions League im Halbfinale rausgeflogen.

Viele haben das darauf geschoben, dass ihnen die Luft oder die Power ausgegangen wäre. Das ist aber völliger Quatsch. Der entscheidende Punkt ist, dass die Spannung weg ist.

Du wirst nicht mehr richtig gefordert. Du gibst 80, 90 Prozent – und gewinnst die Spiele trotzdem. Du fängst an zu rotieren.

Wir standen früher permanent unter Hochspannung

Wenn ich das mit uns vergleiche, war es so, dass wir fast immer bis zum letzten Spieltag im Feuer und unter Druck standen. Der Höhepunkt war die Last-Minute-Meisterschaft 2001, als wir in der vierten Minute der Nachspielzeit den entscheidenden Treffer erzielt haben. Oder 2000 das Duell mit Leverkusen, als die am letzten Spieltag einen Drei-Punkte-Vorsprung mit einer Niederlage gegen Aufsteiger Unterhaching verspielt haben. Für mich ein klarer Vorteil: Wir standen permanent unter Hochspannung. Wenn du die nicht hast, wird es kompliziert – gerade gegen die Kaliber, die dann kommen. Das ist eine Kopfsache.

In dieser Saison ist es ausnahmsweise so, dass auch in England mit Manchester City und in Spanien mit dem FC Barcelona je eine Mannschaft einen großen Vorsprung hat. Vergleichen kann man das mit der Bundesliga trotzdem nicht. Es wird da ein anderer Fußball gespielt mit mehr Tempo, mehr Power. Die Topklubs werden dort trotzdem gefordert. In England beispielsweise muss der Erste auch gegen den Tabellenletzten einen extrem hohen Aufwand betreiben, weil er da verlieren kann. Das ist zwar nicht City, aber zumindest Liverpool gerade bei Swansea passiert.

Dem FC Bayern dagegen passiert eine Niederlage gegen den Letzten vielleicht noch einmal in zehn Jahren.

Das ist eine Gefahr für Jupp Heynckes, das haben die Jahre unter Guardiola gezeigt.

Spannender als die Meisterschaft sind derzeit diverse Personalien in der Liga

Goretzka: Ich verstehe seine Entscheidung, im Sommer zum FC Bayern zu gehen, zu hundert Prozent. Ich habe ihm zu einem Wechsel ins Ausland geraten. Aber wenn man in Deutschland bleiben möchte, gibt es nur eine Möglichkeit: Bayern. Er wurde kritisiert, weil er gesagt hat, er wolle die Entwicklung bei Schalke abwarten. Wir können die Hinrunde auch gern als positive Entwicklung werten, aber es geht darum, konstant auf höchstem Niveau zu spielen. Das geht bei Schalke nicht.

Aufsichtsratschef Clemens Tönnies hat mit seinen Äußerungen noch brutal Öl ins Feuer gegossen – und das auch noch öffentlich. Man müsse darüber nachdenken, Goretzka ein halbes Jahr auf die Tribüne zu setzen. Das geht gar nicht. Dadurch gibt er einigen in der Kurve die Möglichkeit, ihrem Unmut freien Lauf zu lassen. Das ist ein No-Go. Ich hätte ihn anders eingeschätzt. Vielleicht spielt da auch eine verletzte Eitelkeit eine Rolle. Tönnies hat sich mit seiner Aussage selbst disqualifiziert.

Das Gute für Goretzka: Er kann enorm viel aus der Situation lernen und daran wachsen. Für Manuel Neuer war es auch nicht einfach. Zunächst mit seinem feststehenden Abschied auf Schalke und dann mit seinem Start beim FC Bayern. Aber hier gilt: Mit ein paar guten Spielen ist da gleich wieder Ruhe.

Aubameyang: Ich muss ehrlich sagen, dass ich ihn charakterlich positiv eingeschätzt habe. Es gab immer wieder Gerüchte über einen Abschied, aber er hat sich auf dem Platz ins Zeug gelegt und seine Tore gemacht. Dortmund hat ihm unheimlich viel zu verdanken. Er war mit der entscheidende Mann für extrem positive Jahre. Jetzt hängt offenbar sein Vater mit drin, der einen Wechsel forciert.

Natürlich geht so ein Verhalten nicht. Sich so zu verabschieden, das ist ganz schwer zu verstehen.

Er will nun nicht zu Arsenal, um in den drei, vier, fünf guten Jahren, die ihm bleiben, Titel zu holen. Wenn er zu Manchester City gehen würde, würde er die Premier League wohl auch in den nächsten Jahren gewinnen und in der Champions League eine gute Rolle spielen. Aber Arsenal? Die sind da zu weit weg.

Also kann ja nur das Geld der Grund für einen Wechsel sein. Die Stadt ist vielleicht noch das i-Tüpfelchen.

Hollerbach: Es ist wieder mal eine dramatische Situation beim HSV. Die Krise dauert ja nicht ein Jahr oder zwei – sondern jahrelang.

Wenn man das mit meinem alten Verein Borussia Mönchengladbach vergleicht: Die standen auch mal am Abgrund und haben sich dann hervorragend mit großer Fachkompetenz neu aufgestellt und spielen jetzt regelmäßig um die Qualifikation für den Europapokal. Daran sieht man: Es kann funktionieren.

Was ist jetzt die Hauptursache für die Probleme des HSV? Der Trainer? Nein, das ist zu einfach. Ich wünsche ihnen, dass Bernd Hollerbach die optimale Lösung ist. Aber die Frage ist doch: Wie haben die in den letzten Jahren den Kader zusammen gebaut? Das ist doch das große Problem beim HSV. Und dann muss man jetzt auch mal die zur Rechenschaft ziehen, die dafür verantwortlich sind: Bruchhagen und Todt. Die dürfen sich auf keinen Fall hinter einer Trainer-Entlassung verstecken.

Es ist wirklich schwer zu verstehen. Die Stadt ist geil, das Stadion ist super, die Bedingen sind hervorragend, die Fans unglaublich. Mit den Möglichkeiten, die sie haben, müsste der HSV eine Rolle spielen wie Borussia Mönchengladbach – mindestens.

Und der HSV hat mit Arp oder Waldschmidt sogar riesiges Potenzial für die Zukunft – aber er macht sich das leider Gottes mit so einer Saison wieder kaputt. Ob er absteigt oder nicht: Kaum ein Berater wird sagen: „Komm, wir unterschreiben hier für drei Jahre, dieser HSV verspricht eine tolle Zukunft.“ Stattdessen wird die ganze Last auf die Schultern der Jungen gelegt. Das ist Wahnsinn. Wie sollen sie sich da entwickeln? Und wo sind die gestandenen Spieler?

Ich würde mich nicht wundern, wenn Arp der nächste ist, der geht.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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