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HomeSportFußballKolumne - Stefan Effenberg

Thomas Müller: Stefan Effenberg hält Kehrtwende bei Bayern für falsch


Bayern-Torwart sauer auf Kollegen
Neuer? Das kann ich nicht nachvollziehen

MeinungVon Stefan Effenberg

Aktualisiert am 06.07.2025 - 15:05 UhrLesedauer: 6 Min.
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Manuel Neuer: Er übte nach der Musiala-Verletzung Kritik am italienischen Keeper Donnarumma. (Quelle: IMAGO/Andrey Heuler / M.i.S./imago)
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t-online-Kolumnist Stefan Effenberg erklärt, wer der ideale Ersatz für den verletzten Bayern-Star Jamal Musiala ist – und wird wegen Thomas Müller deutlich. Bayern-Torwart Manuel Neuer weist er zurecht.

Es waren furchtbare Bilder am Samstag beim Spiel des FC Bayern gegen Paris Saint-Germain im Viertelfinale der Klub-WM. Die schwere Verletzung von Jamal Musiala ist extrem bitter und ein ganz, ganz schwerer Schlag. Er war ja gerade erst nach seinem Muskelbündelriss zurückgekommen, hatte sich wieder herangekämpft, spielte gegen PSG eine starke erste Halbzeit – und dann das. Ich fühle mit ihm und wünsche Jamal alles Gute, eine schnelle Genesung und dass er noch stärker wieder zurückkommt. Sowohl körperlich als auch mental.

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Denn man darf nicht vergessen, was es für die Psyche eines so jungen Spielers – er ist schließlich erst 22 Jahre alt – bedeutet, sich nun direkt wieder über Wochen und Monate zurückkämpfen zu müssen. Ich spreche da nicht aus eigener Erfahrung, da ich in meiner aktiven Zeit glücklicherweise von schwereren Verletzungen verschont geblieben bin. Aber natürlich habe ich über die Jahre bei einigen Teamkollegen Kreuzbandrisse, Achillessehnenrisse, Frakturen erlebt – die damals auch durchaus das Karriereende bedeuten konnten.

Auf Musiala wartet nun gezwungenermaßen die größte Herausforderung seiner Karriere – im Kopf. Er muss die Stärke, die Entschlossenheit und den Willen aufbringen, diese lange Reha-Phase durchzustehen. Er muss sich auch der Tatsache bewusst werden, dass er in seiner weiteren Laufbahn vielleicht noch zahllose Male in eine ähnliche Zweikampfsituation wie mit PSG-Torwart Gianluigi Donnarumma kommen wird – und damit umgehen muss. Das kann er, und dazu wird er vom FC Bayern alle Unterstützung bekommen, die er braucht.

Das war noch nicht mal ein Foul

Ich möchte auch gleich etwas klarstellen: Natürlich war die Aktion von Donnarumma keine Absicht, auf keinen Fall wollte er Musiala dort ernsthaft verletzen. Das war noch nicht mal ein Foul, das war gar nichts. Deshalb kann ich die Äußerungen von Bayern-Torwart Manuel Neuer, der nach der Partie seinen Pariser Kollegen für sein Einsteigen scharf kritisierte, nicht nachvollziehen.

Gerade Neuer muss es doch besser wissen. Er hat solche Szenen selbst sicher unzählige Male erlebt, ist in Gegenspieler reingerutscht oder hat seinen Körper wuchtig eingesetzt, ob innerhalb oder außerhalb des Strafraums. Siehe beispielsweise das WM-Finale 2014, in dem er mit höchstem Risiko in den Zweikampf mit Argentiniens Gonzalo Higuain ging.

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Ja, Donnarumma fliegt mit seinen geschätzt mindestens 100 Kilogramm Körpergewicht in die Situation – aber mit dem klaren Ziel, an den Ball zu kommen. Und das ist ihm letztlich auch gelungen. Leider nur ging gleichzeitig der leichtgewichtige Musiala mit Mut zum Risiko in das Duell – womöglich auch mit dem Hintergedanken, im Zweifel vielleicht einen Elfmeter herauszuholen.

Neuer wird diese Aussagen natürlich in der Wut und im Schrecken über die schwere Verletzung seines Teamkollegen getroffen haben, und das ist nur verständlich. Wenn er sich die Szene aber nochmals in Ruhe anschaut, wird auch er sehen, dass Donnarumma da wirklich kein Vorwurf zu machen ist.

Das ist verdammt schwierig

Als Musiala da an der Torauslinie lag, schaute Italiens Nationaltorwart zurück – und drehte sich beim Anblick der schweren Verletzung sofort erschreckt weg, schlug die Hände vors Gesicht. Ich nehme ihm diese Reaktion voll ab.

Es wird schließlich gerne vergessen, wie viel mentale Stärke solche Situationen auch von den restlichen Spielern auf dem Platz erfordern. Es muss schließlich weitergehen, es bleibt nicht viel Zeit, diese schlimmen Bilder zu verarbeiten. Und das ist verdammt schwierig. Fast schon aus Selbstschutz musst du da einen Schalter umlegen, der das gerade Erlebte ausblendet und dich wieder funktionieren lässt. In einem Sport, in dem du auch heute noch leider schnell als "mental zu schwach" abgestempelt werden kannst, ist das eine enorme Herausforderung. Als Profifußballer bist du dazu gezwungen, diese zu meistern. Das klingt kalt, das klingt gefühllos – eine andere Möglichkeit bleibt aber leider nicht während eines Spiels.

Nun müssen sich alle beim FC Bayern auf eine lange, lange Ausfallzeit von Musiala einstellen. Gut möglich, dass er in diesem Jahr nicht mehr zum Einsatz kommt.

Müller hat auch seinen Stolz

Die Frage ist nun: Wie kompensiert der deutsche Rekordmeister diesen Verlust? Schon kurz nach Musialas Verletzung wurde eine Verlängerung mit Thomas Müller ins Spiel gebracht, der gegen Paris eigentlich sein allerletztes Spiel für die Bayern bestritten hat. Ich sage es ganz deutlich: Davon halte ich nichts. Das wäre der absolut falsche Weg, sowohl für die Bayern als auch für Müller. Als Spieler hast du schließlich auch einen gewissen Stolz – und es würde zu Müller und seinem Charakter einfach nicht passen, jetzt noch mal ein halbes Jahr oder eine ganze Saison dranzuhängen, wo er seinen eigenen Abschied bereits so ausführlich zelebriert hat.

Er selbst hat nach der Partie schon mit genau den richtigen Worten reagiert: Fragen nach einem weiteren Verbleib in München fühlten sich im Zusammenhang mit der Musiala-Verletzung "unangenehm" an, auch das Wort "geschmacklos" kam auf. Mehr ist dazu nicht zu sagen.

 
 
 
 
 
 
 

Ich erwarte von der Bayern-Führung um Max Eberl nun eine klare und unmissverständliche Reaktion: Es darf keine Übergangslösungen oder überstürzte Verlegenheitstransfers geben. Stattdessen muss jetzt endgültig klar sein, was ich bereits in meiner letzten Kolumne gefordert habe: Nick Woltemade muss schon in diesem Sommer verpflichtet werden. Er kann auf Musialas Position spielen, die Lücke füllen, die sich längerfristig aufgetan hat. Uli Hoeneß hat erst am Samstag über einen Transfer des Stuttgarters gesagt: "Ich würde es sehr begrüßen, wenn das dieses Jahr klappt – und wenn nicht, dann nächstes Jahr." Das hat sich jetzt schlagartig geändert.

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Eberl und die Verantwortlichen der Münchner wissen auch: Es gibt aktuell keinen anderen Spieler, der vom Profil her dermaßen gut zur Mannschaft passen würde, sowohl spielerisch als auch charakterlich. Es hat mir enorm imponiert, dass Woltemade nach seinem Debüt in der A-Nationalmannschaft noch die U21-EM gespielt hat. Das hätte er nach der "Beförderung" nicht mehr machen müssen, im Gegenteil hätte er sich auch bequem in den Sommerurlaub verabschieden können. Aber er wollte mit seinen U21-Teamkollegen, mit denen er über Jahre beim DFB zusammengespielt hat, diesen Titel holen. Auch wenn es am Ende ganz knapp nicht sein sollte: Das spricht für seine Einstellung, für seinen Hunger. Ich lege mich fest: Dieser Transfer muss jetzt mehr denn je klappen, unbedingt.

Das ist keine Schande

Nicht geklappt hat es für die Bayern indes – abseits des Musiala-Schocks – mit dem Weiterkommen bei der Klub-WM. Die Bayern waren beim 0:2 gegen Paris Saint-German eigentlich die komplette Spielzeit über auf Augenhöhe mit dem Champions-League-Sieger. Mehr noch: Die Niederlage war in der Summe unverdient.

Denn die Münchner hatten ihre Chancen gegen PSG, sie hätten auch gut und gerne in Führung gehen können. Aber sie haben ihrem Gegner eben auch viel angeboten – und eine Mannschaft wie Paris ist individuell dermaßen hochkarätig besetzt, dass sie solche Nachlässigkeiten früher oder später gnadenlos bestraft. Und das sind diese fünf Prozent, die den Bayern aktuell noch zur absoluten Elite fehlen.

Insgesamt hat diese Viertelfinalniederlage dem FC Bayern mit Blick auf die Champions League in der kommenden Saison aber eine positive Erkenntnis gebracht: Man ist gar nicht so weit davon entfernt, mal wieder das Finale der "Königsklasse" zu erreichen. Vincent Kompany und seine Mannschaft sind in Reichweite. Jetzt müssen sie aus dieser Partie die richtigen Schlüsse ziehen, um bei einem eventuellen erneuten Aufeinandertreffen in den kommenden Monaten in Europa den Abstand mindestens weiter zu verringern. Die Möglichkeiten dazu haben die Bayern allemal.

Bei Borussia Dortmund war das am Samstag gegen Real Madrid etwas anders. Der BVB war über weite Strecken offensiv harmlos, hat dann aber zumindest in der Schlussphase aufgedreht, gezwungenermaßen alles hineingeworfen – und das Ergebnis letztlich erträglicher gestalten können.

Das 2:3 darf aber nicht darüber hinwegtäuschen: Bei den Schwarz-Gelben reicht es im Gegensatz zu den Bayern noch nicht, Mannschaften vom Kaliber Reals 90 Minuten lang Paroli zu bieten. Da werden sie sich in Dortmund auch nichts vormachen. Letztlich war es aber eine gute Klub-WM für Trainer Niko Kovač und seine Mannschaft: Man hat es bis ins Viertelfinale geschafft und ist dann am neben PSG schwerstmöglichen Gegner gescheitert.

Ebenso die Bayern. Natürlich haben die Münchner andere Ansprüche als Dortmund. Ein Aus im Viertelfinale wird da meist eher als Enttäuschung gesehen. Gegen diesen Gegner aber, mit dieser Leistung – das ist keine Schande. Und das können sie beide aus diesen Wochen in den USA mitnehmen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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