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Markus Lanz I Neven Subotić: "Ich empfinde Scham, dass ich diese Figur war"


Ex-BVB-Star bei "Markus Lanz"
"Ich empfinde Scham, dass ich diese Figur war"

Von Markus Brandstetter

Aktualisiert am 08.09.2022Lesedauer: 4 Min.
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Neven Subotić (Archivbild): In der jüngsten Lanz-Sendung sprach der Ex-Fußballer über die Entwicklungsarbeit.Vergrößern des Bildes
Neven Subotić (Archivbild): In der jüngsten Lanz-Sendung sprach der Ex-Fußballer über die Entwicklungsarbeit. (Quelle: Martin Hoffmann/imago images)

Entwicklungsarbeit statt Fußball: Bei Lanz stand neben der beruflichen Kehrtwende von Neven Subotić auch eine kritische Betrachtung westlicher Entwicklungsarbeit im Zentrum.

Neven Subotić macht nicht nur in seinem an diesem Abend mehrfach zitierten Buch "Alles geben: Warum der Weg zu einer gerechteren Welt bei uns selbst anfängt", sondern auch im Gespräch eines unmissverständlich klar: Fußball steht in der Prioritätenliste des gebürtigen Serben ganz weit unten. Spiele verfolgt der 33-Jährige schon seit einigen Jahren nicht mehr, gesteht er. Damit nicht genug – seinem ehemaligen Lebenswandel steht er heute sogar weitgehend reumütig gegenüber.

"Wenn ich mein Leben jetzt mit meiner besten Zeit bei Borussia Dortmund vergleiche, empfinde ich Scham, dass ich diese Figur war", zitiert Lanz aus seinem Buch. Was der Grund für diese Scham sei, fragt ihn der Moderator. Der Sportler führt aus: "Ich habe mich selbst ins Zentrum der Welt gestellt, ich dachte, alles dreht sich um mich". Sein Umfeld habe ihn in diesem Egoismus sogar noch bestärkt, ihm erklärt, dass dieser gerechtfertigt sei, solange die sportliche Erfolgsbilanz stimme.

Die Gäste:

  • Neven Subotić, Ex-Fußballprofi
  • Gordon Repinski, Journalist und stellvertretender Chefredakteur von "The Pioneer"

"Wir hatten enormen Erfolg. Das ging damit einher, dass man das auch so leben wollte. Mir hat eine Anleitung gefehlt zu dem, was wirklich wichtig ist im Leben", meint er – und berichtet von jenem Tag, an dem er sich gleich zwei Autos kaufte, weil ein Kollege das ebenfalls getan hatte.

"Heute verstehe ich, was das an Externalitäten bedeutet. Die Rohstoffe, das, was mit dem Auto später passiert – das bezahlen andere Leute", so Subotić, der weiter ausführt: "Das Problem an der Sache ist: Es ist eine sehr isolierte Betrachtung. Wir denken, irgendwie kommen Rohstoffe magisch nach Stuttgart und dort wird der Porsche zusammengebaut. Die Rohstoffe werden aber nicht magisch geliefert, sondern woanders eingekauft."

Wie viel er bei Borussia Dortmund verdient hat, legt er an diesem Abend ebenfalls offen. "Ich hatte am Anfang eine Sonderzahlung von 100.000 Euro und ein Monatsgehalt, das nicht viel weniger war als das – kurz danach wurde es sogar mehr".

Dass im Fußball Milliardensummen ausgegeben werden, sieht er mehr als kritisch. "Der Zug für den Fußball ist gesellschaftlich abgefahren. Wir hatten während der Corona-Pandemie die Möglichkeit, kurz auf die Bremse zu drücken und zu evaluieren, wie wir die Zukunft angehen sollten." Man sei aber schnell wieder in alte Verhaltensmuster gekippt.

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Heute kümmert sich Subotić hauptberuflich um die von ihm ins Leben gerufene (und nach ihm benannte) Stiftung, die – so berichtet Lanz – bis heute rund 484 Projekte in afrikanischen Ländern verwirklicht hat. Dabei versuche man, auch die Zeit nach der Fertigstellung der jeweiligen Projekte zu berücksichtigen. "Wir arbeiten mit unseren Partnern, aber auch den lokalen Wasserbehörden, um Systeme aufzubauen oder zu begleiten", erzählt er.

Gordon Repinski: "So wird es immer bürokratischer"

Der Journalist Gordon Repinski hat auch einiges über dieses Thema zu berichten – schließlich war er viele Jahre selbst in der Entwicklungshilfe tätig und kennt deren Probleme. Die benennt er an diesem Abend auch ausführlich: "Es fängt an mit dem Brunnen. Im nächsten Schritt überlegt man sich: Wie kann ich den Menschen vor Ort beibringen, selbst Brunnen zu bauen und sie zu erhalten? So wird das immer größer, aber auch immer bürokratischer. Das geht in ganz vielen anderen Bereichen von Gesundheit, Bildung und Landwirtschaft ganz gleich", erzählt er.

"Der Effekt ist, dass man große Bürokratien aufbaut, mit sehr etablierten und privilegierten Menschen vor Ort zusammenarbeitet und mehr und mehr aus den Augen verliert, was von den Projekten wirklich dort ankommt, wo es auch tatsächlich hinsoll – und sich immer mehr eine sich selbst erhaltende Institutionenlandschaft aufbaut".

Auch warum China in afrikanischen Ländern ein oft lieber gesehener Helfer als der Westen ist, erklärt er. "Sie machen es insofern anders, als sie sagen: Wir sind interessiert an Rohstoffen, dafür bieten wir Infrastruktur. Und wir bieten, dass wir uns politisch nicht einmischen. Das machen wir im Westen anders: Uns ist wichtig, dass wir nicht mit korrupten Ländern zusammenarbeiten, dass die Menschenrechtsstandards auf einem gewissen Niveau sind. Da ist der chinesische Ansatz der pragmatischere, einfachere, schnellere – und am Ende für viele Menschen in Afrika der effektivere. Da ist eine Infrastruktur, die man nutzen kann, da kommt viel Geld ins Land – das hilft am Ende mehr als das, was man in kleiner Dosierung in Deutscher in der europäischen Entwicklungshilfe erlebt".

Zu guter Letzt wirft Subotić noch einen wichtigen Punkt ein, der die afrikanische Rezeption westlicher Entwicklungshilfe wesentlich beeinflusst: "Die Kolonialgeschichte Deutschlands ist nicht Teil unserer Erinnerungskultur", meint er – und erklärt ebenjene Geschichte zum Elefanten im Raum. Es stelle sich die Frage: "Wie gehen wir mit diesem kolonialen Erbe um?"

Verwendete Quellen
  • zdf.de: "Markus Lanz" vom 7. September 2022
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