t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeSportFußballNationalmannschaft Deutschland

Flicks Beinahe-Blamage gegen Liechtenstein: Das Rätsel der verlorenen fünf Tore


Beinahe-Blamage gegen Liechtenstein
Das Rätsel der verlorenen fünf Tore gegen die Nummer 189


Aktualisiert am 03.09.2021Lesedauer: 4 Min.
Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Zugepackt: Liechtensteins Torwart Büchel (r.) überzeugte gegen die DFB-Elf.Vergrößern des Bildes
Zugepackt: Liechtensteins Torwart Büchel (r.) überzeugte gegen die DFB-Elf. (Quelle: Sven Hoppe/dpa)

Die deutsche Nationalmannschaft müht sich zu einem knappen Sieg gegen Liechtenstein. Das kleine Fürstentum wehrt sich mit zunehmendem Erfolg gegen den viermaligen Weltmeister. Das war mal anders.

Größer war die Freude über eine 0:2-Niederlage vielleicht noch nie im Weltfußball. "So eine Leistung – der Mannschaft gebührt ganz großer Respekt", jauchzte Liechtensteins verständlicherweise überglücklicher Nationaltrainer Martin Stocklasa, nachdem sich seine Mannschaft gegen Deutschland mehr als achtbar geschlagen hatte. "Wir haben uns kämpferisch voll dagegen gestellt, das ist ein sensationelles Resultat, das man nicht hoch genug bewerten kann." Mehr noch: "Ich habe mit den Mitteln, die wir haben, das Optimale rausgeholt."

1,18 Millionen gegen 872 Millionen

Das kann Deutschlands neuer Bundestrainer Hansi Flick dagegen eher nicht behaupten. Immerhin muss man dem 56-Jährigen zugutehalten, nach dem knappen Erfolg nicht ins "Es gibt keine Kleinen mehr" verfallen zu sein. Nur zu zwei Toren mühte sich der bräsige viermalige Weltmeister gegen die widerborstige Nummer 189 der Welt. Nur zwei Tore gegen eine Mannschaft mit einem Gesamtmarktwert von 1,18 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die deutsche Mannschaft kostet knapp 739-mal so viel (872 Mio.). Selbst DFB-Debütant und U21-Europameister David Raum bringt es in seinem noch kurzen Profileben bereits auf fünf Millionen. Die Erwartung eines klaren, auch hohen Erfolgs einer hochdekorierten Mannschaft umsorgter Profifußballer gegen eine mit Studenten besetzte Elf von Amateurkickern ist auch 2021 nicht überzogen, nicht despektierlich, sondern angemessen.

"Ich verstehe, dass die Fans in Deutschland vielleicht ein bisschen enttäuscht sind vom Ergebnis. Aber es war ein Anfang", sagte Flick nach dem 2:0 im Interview der dpa. "Wir alle wissen, dass wir noch einen Weg zu gehen haben. Es waren aber drei Punkte, die für uns wichtig waren." Die Mannschaft müsse "liefern, wenn es zählt. Wir haben das Spiel gewonnen gegen einen Gegner, gegen den man normalerweise höher gewinnen muss. Es ist ein Prozess, den wir gemeinsam gehen."

Bisher fast sieben Tore im Schnitt

Tatsächlich haben die sportlichen Beziehungen zum Fürstentum durch das magere 2:0 aus deutscher Sicht einen neuen Tiefpunkt erreicht. 6,75 Tore erzielte die DFB-Elf in den bisherigen vier Aufeinandertreffen im Schnitt, war davon nun aber weit entfernt. Die psychologische Wirkung solcher Spiele sei nicht zu unterschätzen, bestätigte Matthias Sammer vor wenigen Wochen im Interview mit t-online. "Du sagst dir vielleicht: Wir wollen noch mal ein paar Tore erzielen, wir wollen noch mal ein Erfolgserlebnis. Das war schon immer so." Und fügte an: "1996 war unser letztes Vorbereitungsspiel gegen Liechtenstein."

Ein Vierteljahrhundert her ist es, dass die Verhältnisse durchaus klarer waren: Deutschland als damaliger Weltranglistenzweiter traf zum ersten Mal auf den 159. – das 9:1 am 4. Juni in Mannheim entwickelte sich zum heiteren, teilweise rauschenden Sommerfußball. Wenige Wochen später wurde die DFB-Elf in England Europameister, offenbar euphorisiert durch den Kantersieg gegen den sechstkleinsten Staat der Welt.

Seitdem aber ging die Leistungskurve der deutschen Mannschaft in Spielen gegen Liechtenstein steil nach unten. Ja, beängstigend ist die Abnahme an Qualität und Quantität der Tore gegen die lange zum Fußballzwerg verbrämte Elf. Die Partien im Überblick:

4. Juni 1996: Deutschland – Liechtenstein 9:1 (4:0)

Tore: Möller (4., 64.), Kuntz (18., 90.), Bierhoff (22.), Ziege (38.), Sammer (48.), Kohler (53.), Klinsmann (85.) – Pérez (69.)

7. Juni 2000: Deutschland – Liechtenstein 8:2 (2:1)

Tore: Bierhoff (1.), Scholl (31.), Bode (65.), Hasler (80./Eigentor), Kirsten (81., 86.), Jancker (84., 88.) – Stocklasa (17.), Frick (56.)

6. September 2008: Liechtenstein – Deutschland 0:6 (0:1)

Tore: Podolski (21., 48.), Rolfes (65.), Schweinsteiger (66.), Hitzlsperger (76.), Westermann (86.)

28. März 2009: Deutschland – Liechtenstein 4:0 (2:0)

Tore: Ballack (4.), Jansen (9.), Schweinsteiger (48.), Podolski (50.)

2. September 2021: Liechtenstein – Deutschland 0:2 (0:1)

Tore: Werner (41.), Sané (77.)

Geht es in diesem beängstigenden Tempo weiter, müsste in der logischen Reihenfolge beim Rückspiel am 11. November theoretisch nun ein 0:0 folgen. "Was man merkt, ist, dass die Mannschaft nicht so das Vertrauen hat, dass sie Tore erzielen kann", sagte Flick nach dem Spiel am Donnerstag. Aber: "Es ist enorme Qualität da, ohne Frage."

Machen wie Musiala

Doch wie schon in den letzten Spielen unter Joachim Löw konnte sich eben diese enorme Qualität eben nicht in enormer Qualität in der Chancenverwertung manifestieren. Dass die zuletzt öffentlich arg geschundenen Sorgenkinder Timo Werner und Leroy Sané durch ihre Tore eine Art Selbsttherapie betrieben, täuscht nicht darüber hinweg, dass trotz Übermaß an Ballbesitz nur wenige Hundertprozentige entstanden.

"Wir haben uns auch erhofft, dass wir die Angriffe besser ausspielen", bestätigte Flick. "Wir haben nach 20 Minuten teilweise ein sehr schleppendes Tempo gehabt. Wir waren oftmals auch im Strafraum, wo zehn Liechtensteiner und ein hervorragend haltender Torwart da waren." Ein 18-Jähriger wurde zum Lichtblick: "Wir müssen es so machen, wie Jamal Musiala beim ersten Tor mit einer hervorragenden Einzelleistung: selbstbewusst in ein Dribbling gehen."

Vielleicht ja schon in zweieinhalb Monaten – auch wenn dann die Freude bei den Liechtensteinern nicht mehr ganz so groß wäre.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website