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FC Barcelona: Glanz und Chaos bei den Katalanen


Skandale häufen sich
Glanz und Chaos beim FC Barcelona

Von t-online
08.02.2016Lesedauer: 5 Min.
Das magische Dreieck des FC Barcelona: Luis Suarez (li.), Neymar (Mitte) und Lionel Messi.Vergrößern des BildesDas magische Dreieck des FC Barcelona: Luis Suarez (li.), Neymar (Mitte) und Lionel Messi. (Quelle: BPI/imago-images-bilder)
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Aus Spanien berichtet Florian Haupt

Eine Woche beim FC Barcelona ist manchmal eine kleine Ewigkeit. Die Mannschaft etwa zeigte in den letzten acht Tagen ganz unterschiedliche Gesichter. Gegen den Tabellenzweiten Atlético Madrid zeigte sie ihre Nehmerqualitäten (2:1), im Pokal gegen Valencia ihre Weltklasse (7:0), beim Tabellenletzten Levante ihre Routine (2:0). Drei Spiele, drei Varianten, eine Konstante – es wird gewonnen.

Nicht zufällig stellte Barca am Sonntag mit dem 28. Spiel nacheinander ohne Niederlage einen Rekord aus der Saison 2010/11 ein. Nicht zufällig überbietet Trainer Luis Enrique nach exakt 100 Spielen noch die Bilanz des damaligen Coaches Pep Guardiola: 80 Siege, 11 Remis, neun Niederlagen (Guardiola: 71-19-10). Nicht zufällig hat Barcelona in diesen anderthalb Jahren alle seine K-.o.-Runden in Pokal und Champions League gewonnen, und nicht zufällig war es dabei kein einziges Mal knapp.

Diese Mannschaft ist monströs. Neymar und Luis Suárez, mit 20 Toren aktuell Führender in Spaniens Torschützenliste, haben gegenüber der Vorsaison noch mal ordentlich zugelegt. Messi ist weiterhin Messi, Iniesta ziemlich viel Iniesta und Sergio Busquets mehr denn je das wertvollste Scharnier des Weltfußballs.

Und dazu kommt eben diese Siegermentalität. Ob bei Real Madrid oder in Levante, ob mittags, abends oder nachts, ob müde oder frisch – Barca gibt sich keine Blöße, trotz eines infernalischen Spielerhythmus mit elf Partien allein seit Jahreswechsel.

Auf dem Feld könnte es kaum besser laufen

Und so liegt der FC Barcelona also ein gutes halbes Jahr nach dem Gewinn des Tripels in der Liga schon wieder klar vorn (drei Punkte, ein Spiel weniger). Das Pokalfinale hat er erneut erreicht: die Halbfinalrückpartie am Mittwoch in Valencia ist nach dem Schützenfest der Vorwoche nicht mehr als eine hübsche Gelegenheit zur Rotation. Auch in der Champions League allenfalls eine Handvoll Gegner in Sicht, die über 180 Minuten so etwas wie eine realistische Chance gegen dieses Team haben könnten.

Mehr können die Anhänger wirklich nicht verlangen – außer vielleicht, dass eine Woche beim FC Barcelona wirklich nur eine Fußball-Woche wäre.

Negative Schlagzeilen abseits des Platzes häufen sich

Abseits des Platzes nämlich werden Schlagzeilen in noch höherer Frequenz gemacht. Zuletzt forderte am Wochenende ein Kommuniqué des Vereins mehr Respekt für die Intimsphäre, nachdem der Vater von Neymar während der Geburtstagsparty seines Sohnes mit Reportern aneinandergeraten war. Aber das ist natürlich nur Folklore, denn es gibt weit schlimmere Probleme.

Etwa die Gerichtsprozesse um Neymar. Vorige Woche mussten er, sein Vater, Klubpräsident Josep Maria Bartomeu und dessen Vorgänger Sandro Rosell vor dem Staatsgerichtshof in Madrid aussagen. In ihrem Vertragskonstrukt wurde der Löwenanteil des Transfervolumens nicht als Ablöse an seinen Ex-Klub Santos, sondern als Handgeld direkt an die Neymars gezahlt. Das Ermittlungsverfahren in Madrid will herausfinden, ob dadurch der Investmentfonds DIS – zuvor 40-prozentiger Anteilseigner der Transferrechte des Spielers – vorsätzlich um seinen Anteil geprellt werden sollte. Bejaht es diese Frage, wird Betrugsanklage erhoben.

Bartomeu und Rosell im Fokus

Verantworten müssen sich Bartomeu und Rosell außerdem vor Gericht in Barcelona wegen des Verdachts, die Handgelder am spanischen Fiskus vorbeigeschleust zu haben. Die Staatsanwaltschaft fordert jahrelange Haftstrafen für die beiden Funktionäre und 22,2 Millionen Euro Geldstrafe für den Verein, der im Rahmen des Verfahrens bereits zusätzliche 13,5 Millionen Euro beim Finanzamt deponiert hat.

Im Clinch mit der Uefa

Vergangene Woche wurden der Verein und Rosell außerdem vom Fernseh- und Fußballunternehmer Jaume Roures wegen Industriespionage angezeigt – sie sollen in großem Stil seinen Email-Verkehr gehackt haben. Und nicht nur vor ordentlichen Gerichten gibt es Ärger. Im Clinch mit der Uefa wegen katalanischer Unabhängigkeitsfahnen der Anhängerschaft blamierte sich der Klub, weil er eine Einspruchsfrist verpasste.

Das Verhältnis zur Fifa ist nach der Strafe wegen Verstößen gegen das Transferverbot Minderjähriger weiter belastet. Selbst in der Bartomeu wohl gesonnenen "El Mundo Deportivo" schlussfolgerte daher ein Kolumnist am Montag, dass im Vergleich selbst die Führung des erfolglosen Joan Gaspart zu Jahrtausendbeginn gut abschneide. Und der sagt immerhin selbst: "Ich war ein schlechter Präsident".

Die Gehaltskosten sind am Anschlag

Bartomeu droht sogar Ungemach durch die eigenen Klubstatuten. In denen hatte die Vereinsspitze um Rosell, der er als Vizepräsident angehörte, einen neuen Passus festgeschrieben, nach dem die Nettoschulden des Vereins nur zu einem bestimmten Multiplikationsfaktor den operativen Gewinn (Ebitda) überschreiten dürfen.

Für das laufende Geschäftsjahr ist der Wert mit 2,75 vorgegeben, bis 2018 soll er sukzessive auf 2,0 sinken. Aktuell liegt das Verhältnis jedoch bei 3,2. Würde die Klubführung diese Hürde wiederholt reißen, müsste sie zurücktreten.

Barças Hauptproblem: Die Gehaltskosten sind am Anschlag. 352 Millionen Euro kostet das Personal der Fußballabteilung. Nur wenn man die Lohnausgaben für die anderen Abteilungen wie Basketball oder Handball ausklammert, sinkt der Wert gerade noch unter 70 Prozent der Einnahmen – das ist die von der Uefa in ihrem "Financial Fairplay" geduldete Obergrenze. Vor dem Hintergrund der angespannten Lage musste Luis Enrique im Januar der Wunsch nach der Verpflichtung des spanischen Nationalspielers Nolito von Celta de Vigo ausgeschlagen werden. Und auch vor diesem Hintergrund wachsen die Spekulationen um die Zukunft von Neymar.

Kann Neymars Gehaltswunsch erfüllt werden?

Beim brasilianischen Künstler und wohl künftigen Weltfußballer läuft in zwei Jahren der Vertrag aus. Die von beiden Seiten grundsätzlich angestrebte Verlängerung scheitert bislang einerseits an den vielen Gerichtsprozessen – die Neymars fühlen sich verfolgt. Andererseits wird die Ausweitung des Kontrakts mit einer Verdoppelung, womöglich sogar Vervielfachung des aktuellen Gehalts zu bezahlen sein.

Neymar strich zwar bei seinem Wechsel allein 40 Millionen Euro als eine Art "Signing Fee" ein. Sein eigentliches Gehalt liegt bisher jedoch nur im oberen Mittelfeld der Stammelf und nicht mal bei der Hälfte von Messi. Etliche Vereine würden ihm gern alle Wünsche erfüllen.

"Die Leistungen auf dem Platz übertreffen die in der Führungsetage"

Der FC Barcelona hingegen befindet sich in einem Wettlauf mit der Zeit: um sich weiter seine so überragende wie teure Mannschaft leisten zu können, muss er seine Einnahmen schnellstmöglich erhöhen. Doch für das nächste Jahr hat Barca bisher nicht mal einen Trikotsponsor, nachdem sich der bisherige – und umstrittene – Partner Katar wegen der gestiegenen Forderungen des Vereins zu zieren begonnen hat. Ob der Klub über einen Plan B verfügt, gehört zu den vielen Geheimnissen Bartomeus.

"Die Leistungen auf dem Platz übertreffen bei weitem die in der Führungsetage", kommentierte derweil, nicht zum ersten Mal, die Zeitung "Sport". In normalen Zeiten hätten die vielen offenen Flanken die Klubführung wohl längst ihre Ämter gekostet. Aber die wichtigsten Ergebnisse im Fußball sind halt immer noch die auf dem grünen Rasen. Und die stimmen wie nie zuvor.

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