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Real Sociedad: Diese Ex-Dortmunder greifen mit San Sebastian nach Meistertitel


Aufbegehren gegen die Großen
Diese Ex-Dortmunder greifen nach Spaniens Meistertitel

  • Dominik Sliskovic
Von Dominik Sliskovic

Aktualisiert am 09.12.2020Lesedauer: 4 Min.
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Alexander Isak und Adnan Januzaj (v.l.): Die beiden Ex-Dortmunder schicken sich an, mit San Sebastián sensationell die spanische Meisterschaft zu gewinnen.Vergrößern des Bildes
Alexander Isak und Adnan Januzaj (v.l.): Die beiden Ex-Dortmunder schicken sich an, mit San Sebastián sensationell die spanische Meisterschaft zu gewinnen. (Quelle: Alterphotos/imago-images-bilder)

Real und Barça schwächeln, während ein baskischer Klub zum Höhenflug ansetzt – und nun als Geheimfavorit auf den Titel in Spanien gilt. Überraschend ist der Erfolg nicht – auch dank dreier ehemaliger Bundesliga-Spieler

Zehn Punkte Vorsprung sind wahrlich eine Hausnummer im Spitzenfußball. Auch sieben Punkte mehr reichen den meisten Klubs, um den Konkurrenten auch am Ende der Saison hinter sich zu lassen. Nüchtern betrachtet stehen die Chancen, dass Real Sociedad San Sebastián mit beträchtlichem Vorsprung auf den FC Barcelona und Real Madrid im Mai 2021 die dritte spanische Meisterschaft seiner 111 Jahre alten Vereinshistorie feiert, ziemlich gut.

Nach elf Spieltagen führen die Basken die Tabelle der Primera División mit 24 Punkten an, und mussten erst fünf Gegentore hinnehmen. Viele Fußballfans reiben sich verdutzt die Augen und fragen sich: Wie kam San Sebastián in diese vielversprechende Position? Die Antwort darauf ist wie so oft: durch eine ausgeklügelte, langfristige Entwicklung.

Stadionbau-Schulden ändern San Sebastiáns Kaderplanung radikal

Diese begann 2010. Damals kehrte der Traditionsklub von der Atlantikküste zurück in "La Liga", der Eliteklasse des spanischen Fußballs. Schnell wurden Pläne geschmiedet, San Sebastián auch infrastrukturell in die Spitzengruppe des Landes aufsteigen zu lassen. 2015 begannen die Umbauten am Estadio Anoeta, das dem Klub mit seinem ikonisch geschwungenen Dach seit 1990 eine Heimat ist. Das Problem: Die 2019 abgeschlossenen Bauarbeiten verschlangen 50 Millionen Euro. An Transferinvestitionen war bei "La Real" nicht zu denken. Also wandte sich der Klub, der bis 1989 nur Basken für sich auflaufen ließ, dem eigenen Nachwuchs zu – und damit einer blühenden Zukunft.

Folgerichtig installierte San Sebastián 2018 mit Imanol Alguacil einen Mann als Cheftrainer, der bereits Erfahrung mit dieser Zukunft gemacht hat. U17, U19, U23 – sie alle hatte der heute 49-Jährige zuvor betreut. Nun war es an ihm, seine vielversprechendsten Rohdiamanten unter der Wettbewerbshärte des Profifußballs zu schleifen.

Heute überstrahlt einer dieser Edelsteine die anderen 15 Eigengewächse im Profikader bei Weitem: Mikel Oyarzabal ist der unangefochtene Schlüsselspieler San Sebastiáns. Der 23-Jährige, der bei der historischen DFB-Blamage im November das abschließende 6:0 für die spanische Nationalmannschaft erzielte, strahlt auf dem Platz eine für einen Linksaußen ungewöhnliche Ruhe und Gelassenheit aus. Und mit seinen hängenden Augenlidern erinnert Oyarzabal optisch an den rauschebärtigen Andrea Pirlo im Herbst seiner Karriere. Er wirkt häufig etwas träge.

Merino und Oyarzabal dominieren das Mittelfeld von "La Real"

Doch wie beim italienischen Mittelfeldregisseur darf man sich auch beim spanischen Flügelstürmer nicht von der optischen Erscheinung blenden lassen. Oyarzabal reagiert blitzschnell auf Geschehnisse auf dem Feld, zieht ins Zentrum, um das Kurzpassspiel der Basken anzukurbeln, löst Goalgetter Willian José in der Angriffsspitze ab, setzt zum dynamischen Sturmlauf auf dem Flügel an. Gerade wegen dieser Flexibilität und seines Einsatzes hat Oyarzabals Wort großes Gewicht innerhalb der Mannschaft. So ist es auch nicht verwunderlich, dass er "La Real" seit September 2019 als Kapitän anführt.

Beim Husarenritt durch die spanische Liga werden Oyarzabal und San Sebastián maßgeblich von drei bei Borussia Dortmund gescheiterten Spielern unterstützt: Mikel Merino, Adnan Januzaj und Alexander Isak. Insbesondere die Entwicklung des Erstgenannten dürfte dem ein oder anderen BVB-Anhänger Tränen in die Augen treiben.

2016 holten die Dortmunder Merino für nur zwei Millionen Euro als vielversprechendes Talent vom CA Osasuna. Doch der Mittelfeldakteur kam nur auf acht Bundesligaeinsätze. Der BVB war nicht bereit, Geduld für den Spanier aufzubringen, lieh ihn nach nur einer Saison an Newcastle United aus. Bei den Engländern schlug sich Merino besser, wurde für sieben Millionen Euro aus Dortmund losgeeist – um nur elf Tage später für zwölf Millionen an "La Real" weiterverkauft zu werden. Die Basken hatten den Jungen aus dem gut 80 Kilometer entfernten Pamplona bereits länger beobachtet, sein Potenzial erkannt: Er sollte die Schaltzentrale der Zukunft werden.

Und genau diese Rolle füllt der heute 24-Jährige mit Finesse im Mittelfeld von "La Real" aus. Merino ist als Anspielstation stets präsent, verschiebt das Spiel aus der Horizontale in die Vertikale, füttert unter anderem die weiteren Ex-BVB-Spieler Januzaj und Isak mit Schnittstellenpässen. Seit seiner Ankunft im Anoeta im Sommer 2018 hat sich Merino zum spanischen Nationalspieler gemausert und seinen Marktwert laut "transfermarkt.de" auf 35 Millionen Euro gesteigert.

David Silva ist das entscheidende Puzzlestück des Erfolgs

Seit diesem Sommer steht Merino zudem ein Lehrmeister von Weltklasseformat zur Seite: David Silva wechselte nach zehn Jahren und vier englischen Meistertiteln von Manchester City nach San Sebastián. Merlin, der Zauberer, wie er von Fans gerufen wird, war das entscheidende, letzte Puzzlestück, welches die Basken tatsächlich zu einem Titelaspiranten werden ließ. Der 125-fache spanische Nationalspieler ist insbesondere für seine schnelle Auffassungsgabe und seine großartige Spieleröffnung unter gegnerischem Druck bekannt – Attribute, die in Alguacils "cruyffesken" Ballbesitzfußball eminent wichtig sind.

So rollen sie an der Atlantikküste langsam, aber sicher auf den ersten Titel seit 1987 zu. Damals wurde "La Real" letztmalig spanischer Pokalsieger. Silberware also, die sie sich bereits im zurückliegenden Frühling hätten sichern können. Da hätte San Sebastián eigentlich im Pokalfinale auf den baskischen Rivalen Athletic Bilbao treffen sollen – coronabedingt im zuschauerleeren Olympiastadion von Sevilla. Doch sowohl Athletic als auch Real Sociedad verzichteten. Beide Klubs verständigten sich darauf, das Pokalfinale erst auszutragen, wenn ein Fußballspiel in einem vollen Stadion wieder möglich sei. Schließlich könne man ihren Anhängern und dem ganzen Baskenland den größten Feiertag seit Jahrzehnten nicht einfach so nehmen. Aktuell plant der spanische Fußballverband RFEF, die Partie im Januar 2021 auszutragen, möglicherweise auch nur mit einer Teilzulassung von wenigen Tausend Tribünengästen.

Gut möglich also, dass "La Real" am Ende einer historischen Saison sogar ein historisches Double feiern wird. Mit einer Mannschaft, die so nur dank Bauschulden und der Ungeduld Borussia Dortmunds entstehen konnte.

Verwendete Quellen
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