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Deutschland-Achter will WM-Titel zurückerobern


"Schmerzen werden zur Sucht"
Deutschland-Achter will WM-Titel zurückerobern

t-online, Pascal Ludwig

30.08.2014Lesedauer: 6 Min.
Richard Schmidt (5. v. re.) kämpft mit dem Deutschland-Achter auf der Bosbaan in Amsterdam um WM-Gold.Vergrößern des BildesRichard Schmidt (5. v. re.) kämpft mit dem Deutschland-Achter auf der Bosbaan in Amsterdam um WM-Gold. (Quelle: dpa-bilder)
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Das Interview führte Pascal Ludwig

Die Mission des Deutschland-Achters bei der Ruder-Weltmeisterschaft in Amsterdam scheint klar: Nach dem zweiten Platz im vergangenen Jahr soll der WM-Titel wieder nach Deutschland zurück geholt und das erfolgreichste Kapitel in der Geschichte des Aushängeschilds des Deutschen Ruderverbands (DRV) weiter geschrieben werden.

2008 belegte das deutsche Flaggschiff bei den olympischen Spielen in Peking noch den achten und somit letzten Platz. Doch dann folgte eine beeindruckende Wiederauferstehung: 2009, 2010 und 2011 setzten sich die DRV-Ruderer die WM-Krone auf - 2012 hielt die Crew von Bundestrainer Ralf Holtmeyer dem öffentlichen Druck stand und errang den Olympiasieg. Erst im vergangenen Jahr ging der WM-Titel an Großbritannien verloren.

Seit 2009 an Bord des Achters und seitdem fester Bestandteil der Mannschaft ist Richard Schmidt. Der 27-Jährige saß bei allen Titeltriumphen mit im Boot. Im Interview spricht der Ruderer über die Schmerzen während eines Rennens, stetigen Erfolgshunger und die Einschnitte im Privatleben durch das Anti-Doping-Kontrollsystem.

t-online.de: Herr Schmidt, den Vorlauf am vergangenen Sonntag konnten Sie mit einer Bootslänge Vorsprung souverän gewinnen und sich für das Finale qualifizieren. Lief in dem Rennen alles wie geplant?
Richard Schmidt: "Insgesamt sind wir mit dem Vorlauf zufrieden. Wir sind am Start gut raus gekommen und hatten dann schon nach der Streckenhälfte etwas Luft. Die zweiten 1000 Meter sind noch ausbaufähig, aber insgesamt ist der Sieg im Vorlauf eine angenehme Ausgangssituation. Auch im Quervergleich zu den Zeiten in den anderen Läufen stehen wir nicht schlecht da."

Wie lautet die Zielsetzung für das Finale?
"Wir müssen jetzt weiter konzentriert bleiben, aber die Zielsetzung für das Finale ist ganz klar: Wir wollen natürlich wieder Gold gewinnen."

Rudern gilt als eine der härtesten Ausdauersportarten überhaupt. Wie stellen Sie sich den physischen Schmerzen während eines Rennens?
"Man weiß natürlich vor einem Rennen, dass es gleich richtig weh tun wird. Man weiß aber auch auf der anderen Seite, dass wir sehr viel trainieren und uns genau auf so etwas vorbereiten. Das geht bereits mit den Ergometer-Tests über den Winter los. Irgendwann gewöhnt man sich dann an das Laktat im Blut und an die Schmerzen und dann wird das über die Zeit zu einer Art Sucht. Man ist zwar im Tunnel und fühlt auch die Schmerzen, aber danach fühlt man sich einfach besser. Mit einem guten Ergebnis ist es obendrein ein tolles Gefühl, alles gegeben zu haben."

Ist es einfacher, diese Schmerzen gemeinsam mit einer Mannschaft zu ertragen?
"Es gibt Ruderer, die sagen, man könne sich in einer Mannschaft ein bisschen verstecken und schonen. Auf dem Ergometer allerdings ist man komplett auf sich alleine gestellt. Bei mir macht das jedoch keinen Unterschied. Ich versuche immer in allen Bootsklassen mein Bestes zu geben und ich glaube, dass das bei den anderen auch so ist."

Mit dem Olympiasieg 2012 und je drei Welt- und Europameistertiteln gehören Sie derzeit zu den weltweit erfolgreichsten Ruderern. Wie motivieren Sie sich von Wettkampf zu Wettkampf?
"Ich habe ja bereits ein paar Titel gesammelt, aber es ist dennoch jedes Jahr etwas anderes. Die Mannschaft wurde jedes Jahr verändert und die Wettkämpfe fanden jeweils an anderen Orten statt. Daher ist es doch irgendwie jedes Jahr etwas Neues, obwohl man natürlich eine gewisse Routine hat. Man darf nicht alles selbstverständlich sehen, sondern man muss sich immer wieder auf das Neue vorbereiten und auf das Boot konzentrieren. Das voran gegangene Jahr muss jeweils früh abgehakt werden und man darf nicht so viel nach hinten schauen, sondern auf das jeweilige Ziel fokussiert bleiben. Derzeit lautet das Hauptziel olympische Spiele in Rio. Die Weltmeisterschaften dazwischen sind Zwischenschritte. Zurückblicken bedeutet meistens auch Ausruhen und das darf man eben nicht."

Worin sehen Sie die Erfolgsserie seit 2009 begründet?
"Nach 2008 sind viele talentierte, junge Leute hoch gekommen, die auch sehr motiviert waren und das wollten sie zeigen. Dazu kam noch, dass die Olympischen Spiele in Peking 2008 aus unserer Sicht insgesamt schlecht gelaufen sind. Das hat uns alle sehr frustriert und dementsprechend waren wir in den folgenden Jahren vielleicht ein wenig motivierter, als manche andere Nationen."

Gibt es ein besonderes Erfolgsgeheimnis?
"Insgesamt haben wir nach 2008 ein größeres Pensum trainiert und haben die Trainingsinhalte, besonders das Krafttraining, leicht umgestellt. Dazu kommt, dass das Team eher gemeinsamer und fokussierter als vor 2008 auf die anstehenden Ziele hingearbeitet hat. Aber insgesamt steckt hinter dem Erfolg einfach verdammt viel Arbeit und Training. Darüber hinaus sind wir eine sehr gute Truppe. Dabei muss ständig weiter gefördert werden, so dass jüngere Talente zu uns in den A-Bereich hochkommen."

Wie sehen Ihre sportlichen Ziele für die Zukunft aus? Reizt es Sie, sich international einmal in einer anderen Bootsklasse außer dem Achter zu beweisen?
"Ich versuche in erster Linie auf nationaler Ebene maximal erfolgreich zu sein und dann muss man abwarten, für welche Bootsklassen man international nominiert wird. Der Achter liegt da derzeit bei mir im Fokus. Prinzipiell fahre ich gerne Achter und da wir so erfolgreich sind, macht es eben auch enorm Spaß."

Sehen Sie sich selbst als Profi- oder als Amateursportler?
"Ich sehe mich selbst ganz klar als Amateursportler, auch wenn wir so viel trainieren wie Profi-Sportler. Aber wenn ich an Profi-Sport denke, bringe ich das immer in Zusammenhang damit, dass man davon ohne Sorgen leben kann. Wir stehen zwar derzeit finanziell nicht schlecht da, weil wir eben viele Erfolge haben, aber Rudern bleibt ein Amateursport. Das sieht man auch ganz klar am Interesse von Sponsoren."

Wie verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?
"Ich bin bei der Sportfördergruppe der Bundeswehr angestellt und erhalte Unterstützung durch die Sporthilfe. Die Unterstützung ist dabei absolut leistungsabhängig und daher muss man auch jedes Jahr versuchen, erneut erfolgreich zu sein."

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Von Seiten der Verbände wird Rudern nahezu als dopingfreie Sportart gesehen. Dennoch kommen alle Jahre wieder Doping-Vergehen ans Licht. Wie schätzen Sie den Doping-Missbrauch im Rudersport ein?
"Ich hoffe natürlich, dass niemand von uns oder unseren Konkurrenten zu verbotenen Substanzen greift. Da müssen wir uns auf das Kontrollsystem der WADA (Anmerkung der Red.: Welt-Anti-Doping-Agentur) und der NADA (Anmerkung der Red.: Nationale Anti-Doping Agentur) verlassen und hoffen, dass alle sauber sind. Auch wenn es in erster Linie um Erfolg geht, habe ich im Rudersport den Eindruck, es herrscht eine Mentalität der sportlichen Fairness. Das hat jeder für sich verinnerlicht. Im Vergleich zum Radsport existiert bei uns eine andere Mentalität. Zum einen geht es nicht um so viel Geld, zum anderen spielt bei uns auch die Ehre ein Thema - und Ehre kann man nur über einen fairen Wettkampf erlangen. Man kann leider nie etwas garantieren, aber ich hoffe sehr, dass Doping nie ein Thema im Rudersport werden wird."

Als A-Kader-Athlet unterliegen Sie im Meldesystem der NADA strengen Auflagen. Viele Leistungssportler empfinden diese als Einschnitte in ihr Privatleben. Fällt es Ihnen schwer, diese Auflagen zu erfüllen?
"Es ist natürlich schon ein klarer Eingriff in die Privatsphäre. Wenn man Leistungssport betreibt, muss man sich damit auseinandersetzen. Prinzipiell bin ich dafür, dass es Kontrollen gibt, damit Betrüger auffliegen. Allerdings empfinde ich es als problematisch, dass man bei der NADA drei Monate im Voraus für jede Stunde angeben muss, wo man sich aufhalten wird. Diese Daten kann man zwar noch nachträglich ändern, aber dadurch haben viele Athleten schnell das Gefühl, unter Generalverdacht zu stehen."

Wünschen Sie sich eine für den Sportler freundlichere Lösung?
"Es ist schwierig, mit dem jetzigen System zu leben. Man muss sich in seinem Tagesablauf und Lebensrhythmus streng an die Angaben halten, die man bei der NADA gemacht hat. Wenn man da etwas falsch macht, ist man schnell der Dumme und riskiert einen „Missed Test“ (Anmerkung der Red.: versäumter Dopingtest). Leider ist das jetzige System die beste Alternative. Jedoch bin ich der Meinung, dass diese Regeln international konsequent durchgesetzt werden sollen. Man muss die Kontrolleure auch in Länder wie Jamaika oder Aserbaidschan rein lassen, damit dort sportartenübergreifend genau so regelmäßig kontrolliert wird, wie hier in Deutschland."

> mehr zu Ruderer Richard Schmidt können Sie unter deutschlandachter.de erfahren <

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